Duisburg-Rheinhausen. Zur Entschärfung der Lkw-Belastung hat die Politik in den letzten sechs Jahren 20 Beschlüsse gefasst, die in der Schublade gelandet sind.

Die Politik kann viel beschließen. Wenn die Verwaltung die Beschlüsse nicht umsetzt, bewegt sich nichts. Der Frust bei den Politikern sitzt tief, nicht nur bei der SPD, aber dort besonders. Marcus Mellenthin, Fraktionschef der SPD in der Bezirksvertretung, hat nachgezählt und kann die Themen und Anlässe auch klar benennen. „20 Beschlüsse wurden seit 2015 oft einstimmig von der Bezirksvertretung beschlossen, keiner ist umgesetzt worden“, kritisiert Mellenthin. Sein Sparringspartner Ferdi Seidelt von der CDU widerspricht nicht grundsätzlich, schließt sich vielmehr weitgehend an. „Vieles hat die Politik geleistet, was aber dann auch verpufft ist“, sagt er.

Dezernent Paul Bischof hatte zunächst ab-, aber dann doch zugesagt

Mit der Schuldzuweisung macht es sich Mellenthin vielleicht ein bisschen zu einfach. Er hat den Sicherheits-Dezernenten Paul Bischof ins Visier genommen. Der 55-Jährige, seit zwei Jahren im Dienst der Stadt, ist Mitglied der CDU. Aber im Verwaltungsvorstand hat Bischof die Federführung für die Lösung des ressortübergreifenden Themas übernommen. Die Bereiche Wirtschaft, Stadtentwicklung und Digitalisierung sind ebenso betroffen. So ist Bischofs Statement in der Sitzung mit den Kollegen abgestimmt. Zu vielen Punkten könnte Planungsdezernent Martin Linne mehr sagen, der wäre wohl auch gerne gekommen, musste aber aus terminlichen Gründen passen.

Wiederholt betont der Dezernent: „Ich bin gerne gekommen und komme auch gerne wieder.“ Seidelt regt eine regelmäßige Information zu dem Komplex an. So groß wird die Freude aber nicht gewesen sein. Hatte Bischof doch zunächst abgesagt und das nicht aus terminlichen Gründen, sondern weil er keine Notwendigkeit der Information sah. Die SPD hatte einen Tag vor der Sitzung schon eine Pressemitteilung versandt und die für die Genossen „wenig überraschende“ Absage heftig kritisiert.

Beschlüsse „sollten nicht in der Schublade verschwinden“

„Wer nichts macht, spricht offenbar auch nicht gerne darüber“, ätzte Mellenthin noch in der Pressemitteilung. Man habe darüber auch seinen Unmut gegenüber Oberbürgermeister Sören Link zum Ausdruck gebracht, sagte Mellenthin im Gespräch mit der Redaktion. Kurz darauf erfuhr er, dass Bischof doch in die Sitzung kommen würde und die Meldung obsolet wurde.

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Ziemlich eng wird es mitunter an der Jägerstraße. Schwerlaster nehmen die Abkürzung - die Anwohner haben das Nachsehen. Dieses Foto zeigt, dass zwischen Hauswand und den dicken Brummis kaum mehr als ein Meter Platz bleibt. Hier warten die Anwohner seit langem auf die Umsetzung eines Durchfahrverbots.
Ziemlich eng wird es mitunter an der Jägerstraße. Schwerlaster nehmen die Abkürzung - die Anwohner haben das Nachsehen. Dieses Foto zeigt, dass zwischen Hauswand und den dicken Brummis kaum mehr als ein Meter Platz bleibt. Hier warten die Anwohner seit langem auf die Umsetzung eines Durchfahrverbots. © FFS | Tanja Pickartz

Mellenthin geht auch in der Sitzung Bischof scharf an. Mehrfach habe man nachgehakt, darauf gedrungen, dass die entsprechenden Beschlüsse an den Stadtrat weitergegeben werden, was nicht erfolgte. „Beschlüsse sind aber von der Verwaltung umzusetzen, wenn sie formal nicht beanstandet und zurückgewiesen werden. Sie sollen nicht in der Schublade verschwinden“, fordert der 39-jährige Jurist. So möchte er weniger wissen, was die Verwaltung mittel- und langfristig vorhat, sondern eher, warum die Beschlüsse in den vergangenen 18 Monaten nicht umgesetzt werden konnten.

Die Politiker sind nicht die einzigen, die darauf warten, dass die Verwaltung liefert. Ende Januar wurde die Durchfahrt von Flutweg und Jägerstraße beschlossen, Oberbürgermeister Sören Link verwies bei seinem „Thekengespräch“ im Stellwerks-Hof auf diesen Beschluss - passiert ist aber nichts. Das ruft auch die Anwohner auf den Plan, die der Umsetzung ungeduldig entgegenharren.

Zehn Flächen werden zurzeit für einen Übernachtungsplatz begutachtet

Auch beim beschlossenen Aufstellen von Dixi-Toiletten auf dem Logport wartet die Politik seit vielen Monaten auf die Umsetzung. Hatte Bischof doch vor eineinhalb Jahren angekündigt: Das sollten wir zeitnah hinbekommen. An den Kosten dürfte es nicht scheitern, meint Mellenthin. 5000 Euro seien eher ein Sandkorn, kein Sandkasten. Jetzt gibt sich Bischof überrascht und notiert den Punkt gewissenhaft. „Ich dachte, die stehen schon längst.“

Bischof versichert, dass an einem Gesamtkonzept gearbeitet werde, mit kurz-, mittel- und langfristigen Elementen. Er verweist auch auf die wirtschaftliche Bedeutung der Logistik mit über 40.000 Beschäftigten für die gesamte Stadt. In dem Gesamtpaket seien viele Ansätze der Politik enthalten. Bei einigen Punkten wird er auch konkret. So spricht er von zehn Flächen, die in Augenschein genommen wurden, von denen drei bereits in der näheren Wahl sind, um dort einen Übernachtungsplatz mit sanitären Einrichtungen zu errichten, der dann möglicherweise von einem privaten Investor betrieben werden könnte. Dann ließe sich auch auf kommunaler Ebene ein Übernachtungsverbot durchsetzen.

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Auch eine Verkehrsflussanalyse, die jetzt wieder von der CDU gefordert und einstimmig beschlossen wurde, gehöre mit zum Arbeitsprogramm. Die Intensität der Kontrollen sei deutlich erhöht worden, versichert er, doch bei vier Mitarbeitern gebe es Grenzen und auch das Bundesamt für Gütertransport könne nur in sehr geringem Maße kontrollieren. Lkw-Verbotszonen nach Kölner Vorbild rechtssicher durchzusetzen, etwa in Friemersheim, sieht er zurückhaltend. Eine Optimierung der Beschilderung ist nach wie vor eine Herausforderung.

Das nächste Verkehrschaos naht bereits aus Richtung Hochfeld

Schon bald wird die Belastung durch den Schwerlastverkehr im Stadtteil noch einmal deutlich ansteigen. Das wird an der Fernwirkung einer Baustelle auf der anderen Rheinseite liegen, die Stadtteilmanager Jürgen Konkol schon mal vage ankündigt: An der Vulkanstraße in Hochfeld muss eine Starkstromleitung erneuert werden. Das ist die Hauptroute zur Autobahn A40 am Marientor. Claudia Leiße von den Grünen befürchtet, dass das wieder ein riesiges Verkehrschaos wird.