Duisburg. Nach dem Ende der Baumschutzsatzung greifen offenbar immer mehr Privatleute zur Säge. Zahlreiche Beispiele im Duisburger Westen. Was der Experte dazu sagt
Die neue Lust am Kleinholz - im Westen kommt das private Holzhacken in Mode. In Hochemmerich beispielsweise wurden in den letzten zwei Wochen im Bereich der Margarethensiedlung gleich fünf Jahrzehnte alte Platanen umgelegt: An der Ecke Schwarzenberger Straße/Schulstraße sowie Ecke Franz-Wider-Straße kreiste die Motorsäge genauso wie an der Ecke Friedrich-Alfred-Straße/Otto-Lenze-Straße.
Einige hundert Meter weiter, an der Einfahrt zur Stahlstraße, kappten Bürger zwei weitere alte Bäume. Darauf machten uns verärgerte Leser aufmerksam. Nicht vergessen ist auch der Kahlschlag am Zubringer zur A40 in Bergheim Ende November, für den Straßen-NRW verantwortlich zeichnete. Gründe für den Kahlschlag sind nicht bekannt, Fakt ist: Nach dem Wegfall der Baumschutzsatzung ist dies ohne Genehmigung aber rechtlich möglich.
Weiteres Beispiel: Die Kronenstraße in Homberg. Hier fällten die städtischen Wirtschaftsbetriebe zwölf kleine und sowie eine große Ulme und einen Ahorn. Grund: An dem einen Baum sei die Krone abgestorben, der andere hätte bereits 30 Prozent Neigung gehabt und sei nicht mehr standsicher gewesen. Zudem habe man Wege und Plätze freischneiden müssen, sagte ein Sprecher der Wirtschaftsbetriebe
Ein „Kettensägenmassaker“
Das Problem, dass immer mehr Privatleute zur Axt, genauer zur Motorsäge greifen, scheint grundsätzlicher Natur. Dr. Randolph Kricke vom zuständigen Amt für Umwelt und Grün glaubt nicht an Einzelfälle. Wie berichtet beschloss eine „große Koalition“ von SPD und CDU im Januar, die Satzung kurzfristig und ersatzlos zu streichen. Diese Entscheidung ist den Grünwächtern im Umweltamt naturgemäß ein Dorn im Auge. Dr. Kricke, studierter Biologe und Baumexperte der Stadt, sagt es offen: „Aus fachlicher Sicht sprach nichts für das Kippen der Baumschutzsatzung. Das macht keinen Sinn. Bei dieser Entscheidung wurden wir von der Politik nicht beteiligt.“
Auch andere Städte in NRW hätten keine Satzung mehr, tatsächlich gibt es Ratingen, Detmold oder Leverkusen keine Satzung mehr. Als Folge habe es dort nicht selten ein regelrechtes „Kettensägenmassaker“ gegeben. Den Bürgern fehle bei diesem Thema oft die notwendige Fachkompetenz. Dabei brauchten, so Kricke, auch Privatbürger beim Baumfällen ein Regulativ,, eine individuelle Beratung. Diese Beratung habe das Umweltamt stets geboten, doch damit sei es nun vorbei. Früher habe man jeden Fall vor Ort individuell klären können. Obendrein sei mit Ende der Satzung die Pflicht zu Ersatzpflanzungen entfallen.
Amt bleibt bei Ersatzpflanzungen
Dagegen will das Umweltamt, das jetzt nur noch für Bäume im öffentlichen Raum, an Straße und Wegen, auf Plätzen und in Parks zuständig ist, mit gutem Beispiel vorangehen, so Kricke: „Die Stadt wird auch weiterhin Ersatzpflanzungen im öffentlichen Raum vornehmen. Wir sind in der Verantwortung für den nachhaltigen Baumbestand.“ In Duisburg sei der Baumbestand zumindest im Straßenraum vergleichsweise alt, viele Bäume wurden bereits zu Zeiten der Industrialisierung vor 160 bis 100 Jahren gepflanzt. „Daher muss man für die nächsten Generationen sukzessiv und nachhaltig alte durch neue Bäume ersetzen.“
Auf einem Wohngebiet des Bauvereins Rheinhausen rund um die Königsberger Straße in Bergheim rodeten kürzlich Arbeiter flächendeckend Bäume und Sträucher. Doch diese Rodung soll ein Bauprojekt der Genossenschaft vorbereiten. Denn auf diesem Grundstück zwischen Flutweg und Breslauer Straße will der Bauverein ab März vier Mehrfamilienhäuser mit 100 Wohnungen aus den 50er Jahren abreißen, danach mehr , aber kleinere Häuser bauen. Viele Wohnungen sind bereits leer
Volker Seemann, Vorsitzender des Bauvereins: „Wir wollen hier Häuser in aufgelockerter Bauweise bauen. Diese werden in anderer Himmelsrichtung ausgerichtet sein als die alten Häuser. Da wir dafür Platz brauchen, mussten wir einige Bäume wegnehmen.“ Einige seien stehen geblieben. Natürlich werde man „auch hier und da nachpflanzen.“