Rahm.

Sie konnten sich aussuchen, welches Jahr sie als ihr Gründungsdatum ansehen: 1511 oder 1919. Bis 1919 wa­ren die Rahmer Schützen Mitglieder der Angermunder Bruderschaft von 1511. 1919 trennten sich ihre Wege. Dennoch wird in diesem Jahr das 500-Jährige gefeiert.

Und so gilt es an dieser Stelle, die halbtausendjährige Ge­schichte der Angermund-Rah­mer Bruderschaft nachzuer­zählen. 1511, damals war Heinrich VIII. König von England, Papst Julius II. auf dem Heiligen Stuhl hatte drei Töchter und galt als guter Heerführer und im Herzogtum Jülich-Berg erfolgte der Übergang von Herzog Wilhelm IV. auf Herzog Johann.

1511 ist auch gar nicht das Gründungsjahr der Bruderschaft. Vielmehr wurde sie da erstmals erwähnt. Die eigentliche Gründung soll um 1450 erfolgt sein. Damals begünstigten die geistlichen und weltlichen Herren die Entstehung von Schützenbruderschaften, verliehen ihnen sogar Besitztümer und Privilegien. Oft über­nahmen Adelige den Eh­renvorsitz. In Angermund und Rahm waren das die Grafen von Spee. Auch die Kirche nahm die Bruderschaften in ihren Dienst, ihre Pfarrer wurden zu geistlichen Ratgebern.

Die Schützen übernahmen vielfältige Aufgaben in den Dör­fern. Sie begruben die To­ten, kümmerten sich um Arme und Kranke, zogen bei Prozessionen und kirchlichen Festen mit und schufen mit ihren Umzügen und Schießwettbewerben ein Brauchtum.

Christlicher Märtyrer wurde Namengeber

Nach dem Heiligen Sebastianus, einem Heerführer des römischen Kaisers Diokletian, wurden sie meist benannt, weil der für seinen christlichen Glauben 288 gestorben war. Ihn beteten die Dorfbewohner bei Krankheiten und Seuchen an, sollten sich sein Leben zum Vorbild nehmen.

Genauere Angaben über die frühe Historie der Bruderschaft gingen bei einem Brand der Angermunder Kirche 1729 verloren. Über die Zeit danach ist mehr überliefert. So gehörten der Bruderschaft 1730 acht Morgen Ackerland (20 000 Quadratmeter), gab es 1731 genau 38 Schützenbrüder. 1840, die Bruderschaft zählte 92 Mitglieder, wurde eine Sterbekasse gegründet, die noch bis nach 1945 Sterbegeld auszahlte.

Schon Anfang des 20. Jahrhunderts stand dann fest, dass die Rahmer, die zu dieser Zeit die Mehrzahl der rund 140 Schützenbrüder stellten, eigene We­ge gehen würden, sobald Rahm zur selbstständigen Pfar­re erhoben würde. Das war erst nach Ende des Ersten Weltkriegs, 1919, der Fall. Man trennte sich freundschaftlich, ist sich bis heute verbunden.

Zunächst galt es, in Rahm eine eigene Kirche mit zu bauen. Dazu wurde 1922/23 die Kirche von Karken im heutigen Kreis Heinsberg abgetragen und das Material verkauft. Ihr Inventar konnte übernommen werden. Bis 1928 wurde dann in einer Gemeinschaftsleistung die Rahmer Kirche er­baut.

Nazis trugen Fahne fort

Ab 1933 versuchten die Na­zis, die Bruderschaft zu unterdrücken. So wurden die Schützenfahne aus der Kirche he­rausgetragen und das Vermögen be­schlagnahmt. Aber man stand fest zusammen, war nur zu stillem Wirken verurteilt. Umso mehr blühte die Bruderschaft nach 1945 auf, mit an­fangs 150 Mitgliedern.

Die Schützenfeste wurden bis 1972 im Vereinslokal „Haus Kornwebel“ gefeiert. Dann stand das Festzelt auf einem Feld am Banrather Kreuz. Kurze Zeit war man da­mit an der Angermunder Straße zu Gast, ehe 1998 das Grundstück neben dem Sportplatz Am Knappert er­worben und dort auch ein Vereinshaus gebaut werden konnte.