Duisburg-Hüttenheim. .

In der Koksofenbatterie der Hüttenwerke Krupp-Mannesmann (HKM) in Duisburg-Hüttenheim wird rund um die Uhr Koks gebacken. Die WAZ hat den Produktionsprozess von der Kohle zum Koks begleitet.

Vor dem Riesen aus Stahl ist der Mensch ein Zwerg. Koksmeister Enzo Vaccaro-Notte und Schichtvorarbeiter Franz Barg, die oben vor den Öfen ihren Kontrollgang machen, sind von unten nur zu sehen, weil sie orangefarbene Westen tragen. 105 Meter lang ist die Koksofenbatterie der Hüttenwerke Krupp-Mannesmann (HKM) mit ihren 70 Öfen, der Kohlenturm ragt 50 Meter in die Höhe. Eine gigantische Industrieanlage, in der rund um die Uhr Koks gebacken wird. Produktionsmenge im Jahr: 1,1 Mio Tonnen.

Erstaunlich für den Laien: Heiß ist es vor den Öfen nicht, obwohl drinnen Höllenhitze von bis zu 1100 Grad herrscht. Zischt oder dampft es? Nein. „Früher haben die Kokerei-Öfen richtig gequalmt, hier bei uns sieht und hört man nichts, unsere Kammern sind dicht, es gibt keine Emissionen“, sagt Dr. Heinz-Peter Eisen (Leiter Roheisenerzeugung). Druckmaschinist Dogan Zeki sitzt weit oben im Führerhaus der Drückmaschine, sie presst die fertigen Kokskuchen aus den 18 Meter langen und 7,85 Meter hohen Ofenkammern heraus. Nach der Garzeit von 22 Stunden. Dabei lodern dann doch noch ein paar Flammen . . .

400 Millionen Euro teure Erweiterung

Wie funktioniert eigentlich eine Kokerei? Warum beginnt HKM in Kürze mit der 400 Mio. Euro teuren Erweiterung der Anlage? „Koks ist für den Hochofenprozess zwingend erforderlich. Er dient der Gaserzeugung für metallurgische Prozesse, muss aber auch als Stützgerüst für die Gasdurchlässigkeit im Hochofen sorgen. Steinkohle ist dazu nicht geeignet, da bei ihrer Verbrennung zu viel Schwefel, Ruß und Rauch frei werden“, so Dr. Heinz-Bernd Beckmann, stellvertetender Kokereileiter.

Kohle ist aber der Stoff, aus dem Koks gemacht wird. „Genauer gesagt eine Mischung aus sieben verschiedenen Kohlesorten“, erklärt Dr. Leo Nelles, Leiter der Kokerei. Kohle aus Australien, Kanada und den USA wird im Kohlelager nach Sorten getrennt, dann in einem bestimmten Verhältnis gemischt und ge-mahlen. „Die Mischung wird in den Kohlenturm gebracht und von dort aus in abgewogener Menge in die Füllmaschine gegeben“, so Nelles.

Aus 56 Tonnen Kohle werden 41 Tonnen Koks

Diese Füllmaschine fährt hoch oben auf der Batterie hin und her und füllt die Kohle durch die Ofendecken in die Kammern. 56 Tonnen Kohle kommen in einen Ofen hinein – und 41 Tonnen Koks wieder heraus. Wasser und gasförmige Bestandteile entweichen.

„Die Verkokung erfolgt durch Erhitzen unter Luftabschluss“, erklärt Dr. Leo Nelles. Denn: Im Kontakt mit Sauerstoff würde die Kohle verbrennen. „Über die beheizten Kammerwände wird die Kohle langsam auf 1100 Grad gebracht“, so Dr. Heinz-Peter Eisen. „Schon bei 350 Grad spaltet sich Koksofengas ab, das gekühlt und gereinigt und in die Kohlenwertstoffanlage abgeleitet wird. Dort wird da-raus - unter Einsatz verschiedener Verfahren - auch Teer, Schwefelsäure und Benzol gewonnen“, sagt Nelles. Koksofengas werde zudem zur Erhitzung der Ofenwände eingesetzt, der Überschuss zur Verstromung im RWE-Kraftwerk genutzt. „Gas abgefackelt wird bei uns kaum noch“, so Eisen. „Weiße Seite“ nennt man den Teil der Kokerei, in der das Gas aufbereitet wird. „Auf der „schwarzen Seite“ nimmt die Koksherstellung ihren Lauf.

1050 Grad heißer Koks

Nach Backzeitende drückt die Drückmaschine mit einem großen Stempel den 1050 Grad heißen, glühenden Koks aus dem Ofen, über die Überleitmaschine gelangt er in den Löschwagen. Alle 13 Minuten wird so eine Kammer geleert. Weil die Überleitmaschine mit einer Haube abgedeckt ist, ist das kein glühendes Schauspiel. „Mit der Haube werden heiße Stäube und Abgase abgesaugt“, erläutert Nelles.

Danach allerdings gibt’s was zu sehen: „Die Löschmaschine fährt mit dem glühenden Koks unter den Löschturm, dort werden ca. 70 Kubikmeter Wasser von oben und von untern auf den Koks gegeben. Das Löschen dauert rund eine Minute“, sagt Nelles. CSQ-Nasslöschverfahren nenne man die umweltschonende Methode. Große Dampfschwaden entstehen dabei, sie werden über einen 40 Meter hohen, mit Staubabscheidern versehenen, Schlot abgeführt.

Danach dampft der Koks aus und wird zu einer Klassieranlage samt Sieb gefördert. Denn: Nur grobkörniger Koks ist für den Hochofen geeignet. Über eine 1,2 km lange Bandtransportanlage gelangt das veredelte schwarze Gold schließlich zum Koksbunker am Hochofen. Dort beginnt eine weitere Geschichte …