Duisburg. Die neue Schulleiterin ist erst seit anderthalb Jahren im Amt. Jetzt gibt es brisante Vorwürfe gegen sie – ausgerechnet von den eigenen Lehrern.

Es brodelt an der Gesamtschule Süd. Zumindest ein Teil des Kollegiums ist unzufrieden mit Schulleiterin Dr. Sandra Kupfer, die seit anderthalb Jahren im Amt ist.

Aus der Gesamtschule erreichen die Redaktion teils brisante Vorwürfe, darunter solche zum Umgang mit Drogen und Gewalt an der Schule.

Drogen und Gewalt: Lehrende der Gesamtschule Süd kritisieren fehlende Konsequenzen

Eine anonyme Zuschrift an die Redaktion kritisiert mangelnde Konsequenzen für Schüler, die wegen Gewalt oder Drogen auffallen. „Beim Konsum von Drogen in den Toiletten wird weggeschaut, obwohl sich bereits Schüler darüber beschweren.“

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Ein weiterer Vorwurf: Früher habe es eine „Nulltoleranzstrategie bei körperlicher Gewalt“ gegeben, „heute passiert nichts mehr“. In einem besonders drastischen Fall, so schildert es der anonyme Brief weiter, sei eine Lehrerin von einem Schüler bedroht worden, „die konkrete Tötungsabsicht wurde öffentlich formuliert“. Auch in diesem Fall habe es keine Konsequenz für den Schüler gegeben.

Duisburger Schulleiterin widerspricht Vorwürfen: „Müssen Drogen der Polizei melden“

Schulleiterin Sandra Kupfer, von der Redaktion mit den Vorwürfen konfrontiert, widerspricht. „Wenn wir Drogen finden, müssen wir das der Polizei melden.“ Das ist nach Angaben der Polizei Duisburg zwischen März 2022 – dem Zeitpunkt, zu dem Kupfer die Schulleitung übernahm – und September 2023 einmal vorgekommen: Im März des vergangenen Jahres soll eine Schülerin mit MDMA-Tabletten gedealt haben, landläufig als Ecstasy bekannt.

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Drogen an der Schule – „selbstverständlich hat ein solches Vorgehen Konsequenzen“, sagt Sandra Kupfer. Auch in ihrer Zeit als Direktorin habe es schon Ordnungsmaßnahmen bis hin zu Schulverweisen gegeben. „Das ist ein übliches Vorgehen in allen Schulen.“

Dr. Sandra Kupfer ist seit März 2022 Schulleiterin der Gesamtschule Süd in Duisburg-Großenbaum.
Dr. Sandra Kupfer ist seit März 2022 Schulleiterin der Gesamtschule Süd in Duisburg-Großenbaum. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Die Darstellung der Todesdrohung gegenüber einer Lehrerin kontert sie so: Ohne Zusammenhang besitze die Darstellung keine Aussagekraft, ein beispielhafter Satz wie „Ich könnte Sie umbringen“ könne als Todesdrohung verstanden werden und schnell fallen – auch ohne tatsächliche Absicht, dieser Taten folgen zu lassen.

Grundsätzlich gelte an der Gesamtschule Süd für Gewalt und Drohungen: „Wir gehen dem nach, klären den Sachverhalt: In welchem Kontext ist das passiert? Dann entscheiden wir, ob wir eine Ordnungsmaßnahme durchführen. So steht es im Schulgesetz.“ Die Schulleiterin betont: „Wir wirken so auf die Kinder ein, dass sie ihr Verhalten ändern. Das Schulgesetz ist kein Strafgesetzbuch.“

Lehrer an Duisburger Gesamtschule Süd fühlen sich zu Mehrarbeit gezwungen

Für den Zwist zwischen Schulleitung und Lehrern an der Gesamtschule Süd gibt es offenbar noch weitere Gründe. So lautet ein weiterer Vorwurf aus der Schule:

Viele Lehrer hätten das Gefühl, zu Mehrarbeit gezwungen zu sein, darunter auch Eltern. Von diesen gebe es an der Gesamtschule Süd einige; das Kollegium sei sehr jung. „Viele junge Mütter und Väter genießen sehr die Zeit mit ihrer Familie.“ Gleichzeitig herrsche Personalmangel. Die Kritik eines Mitglieds des Kollegiums: „Man kriegt das Gefühl vermittelt: Man arbeitet zu wenig.“ Die Konsequenz: Es gebe einen hohen Krankenstand, „die Kollegen sind durch.“

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Angeordnete Mehrarbeit ist eines der Themen, die laut Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) die Mitbestimmung des Lehrerrats erfordern. „Es haben sich Kollegen an den Lehrerrat gewandt deswegen“, bestätigt jemand aus der Lehrerschaft der Gesamtschule Süd. Über das Ergebnis eines Gesprächs zwischen Lehrerrat und Schulleitung seien die Lehrer der Schule nicht informiert worden – stattdessen sei der Lehrerrat komplett zurückgetreten.

Protest gegen Schulleitung? Lehrerrat an Duisburger Gesamtschule kündigt geschlossen Rücktritt an

Beziehungsweise: kündigte in einer Lehrerkonferenz seinen geschlossenen Rücktritt an. Das Ende der Wahlperiode des Lehrerrats stand Informationen aus der Schule zufolge zwar bevor. Aber: Alle fünf bisherigen Mitglieder des Lehrerrats stellen sich auch in Zukunft nicht mehr zur Wahl. „Da sind Kollegen dabei, die das seit vielen Jahren gemacht haben“, sagt ein Mitglied des Kollegiums an der Gesamtschule Süd, das aus Angst vor Konsequenzen nicht namentlich genannt werden möchte. Die Lehrkraft bewertet die Maßnahme des Lehrerrats als drastisch: „Dass das alle fünf auf einmal entscheiden, ist schon sehr ungewöhnlich.“

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Zu diesem Vorgang will sich Schulleiterin Sandra Kupfer öffentlich nicht äußern: „Das sind schulinterne Dinge, die in der Öffentlichkeit nichts verloren haben.“

Zum Thema Mehrarbeit bezieht sie hingegen Stellung. „Angeordnete Mehrarbeit gibt es bei uns nicht längerfristig.“ Mehrarbeit falle an einer Schule zwangsläufig immer wieder an; etwa, wenn spontan eine Vertretung für einen erkrankten Lehrer gefunden werden muss. „Natürlich machen wir das in Absprache mit dem Lehrerrat.“ Der Krankenstand an ihrer Schule sei „genauso hoch oder niedrig wie an anderen Schulen auch“.

Zuschriften an die Redaktion sowie ein Mitglied des Kollegiums der Gesamtschule Süd schildern indes ein Klima der Frustration an der Schule. „Es ist ein tägliches Abwägen, ob man sich versetzen lassen will oder an das Happy End glaubt“, heißt es in einem Schreiben. „So bleibt uns nur der Krankenschein. Die armen Kinder.“

>> LEHRERRAT AN SCHULEN: AUFGABEN UND RECHTE

  • Der Lehrerrat an Schulen ist in etwa vergleichbar mit dem eines Personal- oder Betriebsrats in Verwaltung und Wirtschaft, allerdings mit weniger Macht ausgestattet.
  • Er dient als Bindeglied zwischen Schulleitung und Kollegium. Angehört werden muss er beispielsweise bei der Einstellung von Festangestellten und Vertretungen.
  • Der Lehrerrat wird für vier Jahre gewählt.