Duisburg. Eine Jury hat entschieden: Deutschlands bester Supermarkt steht in Duisburg. Das macht die Familie hinter dem Erfolg in ihrem Edeka anders.

  • Deutschlands bester Supermarkt 2023 ist ein Edeka in Duisburg
  • Hinter dem Erfolg steckt die Familie Tonscheidt
  • Ihr Geheimnis: hausgemachte Convenience-Produkte und Fleisch-Raritäten

„Edeka“ steht draußen dran an Deutschlands bestem Supermarkt, und das ist natürlich auch drin. Kunden aber gehen hier nicht einkaufen, weil Edeka dransteht – sondern weil Tonscheidt drinsteckt. Die Betreiberfamilie macht einiges anders als ihre Konkurrenz, jüngst wurde das E-Center am Angerbogen in Huckingen zum Supermarkt des Jahres in Deutschland gekürt. Das steckt hinter dem Erfolg.

[Nichts verpassen, was in Duisburg passiert: Hier für den täglichen Duisburg-Newsletter anmelden.]

Stolz schwingt mit, wenn Janine Tonscheidt auf das riesige Schwarz-Weiß-Foto über dem Eingang zum Obst- und Gemüsebereich zeigt. Es zeigt eine Frau mit Pferdewagen – „meine Urgroßmutter“. Fast ein Jahrhundert, bevor die Lieferdienste Picnic und Co. erfunden wurden, brachten die Tonscheidts schon die Milch zu den Kunden nach Hause. Heute führt mit Janine Tonscheidt die vierte Generation einen Supermarkt mit mehr als 2000 Quadratmetern Verkaufsfläche, zusammen mit ihrer Mutter Andrea.

Deutschlands bester Supermarkt: Draußen steht Edeka, drinnen steckt ein Familienbetrieb

Den größten Teil des Sortiments kaufen die Betreiber bei Edeka ein. Allerdings nicht im Franchise-Prinzip: Edeka ist eine Genossenschaft, die Kaufleute zahlen keine Lizenzgebühren, sondern sind selbstständig. Mit ihrer Eigenständigkeit prägen die Tonscheidts ihren Supermarkt: Natürlich gibt es auch Tiefkühlpizza und Chips für den Netflix-Abend, aber eben auch den körnigen Senf vom kleinen Bioproduzenten, von dem Andrea Tonscheidt schwärmt: „Die lösen sich nicht so schnell im Mund auf, die kleinen Körnchen.“

Auch Duisburg steht im Regal: Die Currywurst aus dem Glas von „Iss doch Wurscht“ ebenso wie die veganen „Snackballs“ des Start-ups Snackhelden. „Wenn wir Sortimente sehen, die wir toll finden, nehmen wir sie auf“, sagt Andrea Tonscheidt. Mutig sein, ausprobieren, das ist der Geschäftsführerin wichtig. „Wir haben keine Angst vor neuen Sachen. Es gibt nichts Schlimmeres als immer nur das Gleiche.“

Duisburgs Top-Edeka: Fertiggerichte sind gesund und hausgemacht

Und so tüfteln die Mitarbeiter in der Markt-eigenen Küche neue Rezepte aus, zum Beispiel für die Convenience-Abteilung direkt neben Orangen und Erdbeeren, Gurken und Pilzen. Convenience, so nennt die Lebensmittelbranche das, was früher Fertiggericht hieß: komplette Mahlzeiten, die der Kunde zu Hause nur noch aufwärmen muss. Kein Schnippeln, kein Kochen; bequem eben. Und oft alles andere als gesund.

Die Mahlzeiten für die Convenience-Abteilung im Edeka in Huckingen (hinten rechts) stammen aus eigener Herstellung. Die Rezepte entwickeln die Mitarbeiter im Supermarkt des Jahres in Duisburg selbst.
Die Mahlzeiten für die Convenience-Abteilung im Edeka in Huckingen (hinten rechts) stammen aus eigener Herstellung. Die Rezepte entwickeln die Mitarbeiter im Supermarkt des Jahres in Duisburg selbst. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Das ist hier anders. Ein Aspekt, den auch die Jury lobte, die dem Huckinger Edeka den Titel Supermarkt des Jahres verlieh: Dass das Thema gesunde, bewusste Ernährung sich auch im Convenience-Bereich zeige. Thai-Curry, Spargelsuppe – Andrea Tonscheidt erzählt: „Das stellen wir natürlich alles selber her. Wie es bei Muttern war. Spargelsud aufkochen, die ganze Prozedur.“

[Neuigkeiten aus der Duisburger Gastro-Szene, Neueröffnungen und Restaurant-Kritiken – zur Spezialseite]

Experimentieren ist auch außerhalb der Convenience-Abteilung ausdrücklich erwünscht. In der Fischabteilung steht ein Räucherofen, „es wird warm und kalt geräuchert“, das Rezept für die Fischfrikadelle mit Zitronengras haben sich Angestellte überlegt, auch das für die Parmesan-Chips an der Käsetheke. Familie Tonscheidt probiert; was schmeckt, schafft es ins Sortiment. Bei den Marinaden für Steak und Co. haben sie schon mal überlegt, ob sie die nicht abgefüllt im Glas verkaufen sollen – aber dann müssten sie immer gleich bleiben, und wo bliebe da die Freude am Neuen?

„Dry Aged ist Standard“ – Fleisch gibt’s von der Grillfackel bis zu Wagyu und Kobe

Die Fleischtheke ist die Lieblingsabteilung von Vater Falk Tonscheidt. Kein Wunder, der Geschäftsführer ist nicht nur gelernter Einzelhandelskaufmann, sondern auch Metzgermeister. Spieße, Gulasch und Fackelspieße empfiehlt er für den Grillabend, und ansonsten: „Dry Aged ist ja fast schon Standard.“

Marc Hampel verkauft beim Supermarkt des Jahres, dem Edeka in Duisburg-Huckingen, auch Fleisch-Raritäten wie Txogitxu oder Kobe.
Marc Hampel verkauft beim Supermarkt des Jahres, dem Edeka in Duisburg-Huckingen, auch Fleisch-Raritäten wie Txogitxu oder Kobe. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Für Feinschmecker wird es von hier aus interessanter, je mehr Marc Hampel erzählt, der an diesem Tag hinter der Theke steht. „Sie können jedes Stück haben“, verspricht er. Finnisches Freygaard Choco Beef: „Die bekommen täglich 100 bis 200 Gramm Schokolade zu fressen, das Fleisch räumt seit vier Jahren alle Preise ab.“ Txogitxu, spanische Milchkuh: „Die werden bis zu 22 Jahre alt, das Fett geht fast bis in die Wagyu-Stufe.“ Das gibt’s natürlich auch, auf Vorbestellung. Und wer sich mal an original Kobe-Fleisch versuchen möchte: Auch das gibt es, mit 14 Tagen Vorlaufzeit. „Und wir können noch aufgefallener“, sagt er und grinst.

Auch interessant

Trotzdem: Auf Luxusprodukte wollen die Tonscheidts nicht reduziert werden. „Wir können Feinschmecker“, sagt Janine Tonscheidt. Aber nicht nur.

Getränke: hunderte Gin- und Biersorten – auch aus Duisburg

Das zeigt sich auch im Getränkemarkt auf der anderen Seite des Parkplatzes, den Janines Bruder Pascal Tonscheidt führt. Über 250 Biersorten sind im Sortiment, davon rund 100 Craft-Biere. Übrigens auch ein Bier aus Duisburg: das Walsumer Urfels vom gleichnamigen Brauhaus, „das hab’ ich auf einer Fahrradtour entdeckt“, erzählt Pascal Tonscheidt. Aber dann gibt es eben auch gut 150 Gin-Sorten, wie den Duisburger Humulupu, und Edelspirituosen, ausgestellt in beleuchteten Glasvitrinen.

[Duisburg-Newsletter gratis abonnieren + Seiten für Duisburg: Blaulicht-Artikel + MSV + Stadtteile: Nord I Süd I West + Themenseiten: Wohnen & Immobilien I Gastronomie I Zoo]

Wer sich durchprobieren möchte, ohne den ganzen Einkaufswagen voller Flaschen zu packen, dem verspricht Pascal Tonscheidt die Rückkehr eines vor Corona beliebten Formats: Die Tastings, zu denen ein Teil des Getränkemarkts umgebaut wird zu einer Lounge-Ecke mit Ledersesseln und Bar, sollen noch 2023 ihr Comeback feiern.

Kunden bestimmen das Sortiment von Deutschlands Supermarkt des Jahres mit

30.000 Produkte füllen im E-Center Angerbogen die Regale. Doch Platz für Neues finden die Tonscheidts immer. Gern auch auf Kundenwunsch, wenn zum Beispiel ein Produkt, im Urlaub kennen- und liebengelernt, im heimischen Supermarkt fehlt. Das muss nicht so bleiben, sagt Janine Tonscheidt. „Einfach uns ansprechen und die Verpackung mitbringen!“

>> E-CENTER ANGERBOGEN: 150 MITARBEITER

  • Im Edeka in Duisburg-Huckingen arbeiten etwa 150 Mitarbeiter. Das entspricht 57 Vollzeitstellen.
  • Darunter befinden sich auch vier Köche, eine Diätassistentin und eine Käsesommelière.