Duisburg-Bissingheim. Besitzer von denkmalgeschützten Häusern beklagen, nicht energetisch sanieren zu können. So versuchte OB Sören Link, die Gemüter zu beruhigen.

Die Diskussion war längst überfällig. Entsprechend voll wurde es bei der Bürgerversammlung über zeitgemäßen Denkmalschutz im Pfarrheim der Bissingheimer Kirche St. Raphael.

Die örtliche SPD hatte eingeladen, um über den Konflikt zwischen Denkmalschutz und energetischen Sanierungen in der Energiepreiskrise mit Betroffenen und mit der Stadt Duisburg zu diskutieren. Gastgeber Stephan Baumgarten, der Vorsitzende des Ortsvereins Sechs Seen, begrüßte rund 140 Interessenten im voll besetzten Saal.

Denkmalschutz und energetische Sanierung: In Bissingheim steigt der Puls

Als Gesprächspartner war auch Oberbürgermeister Sören Link (SPD) gekommen. Er merkte sofort, dass die Anwohner geschützter Siedlungen im Duisburger Süden völlig unzufrieden mit der Unteren Denkmalbehörde sind.

Die Betroffenen äußerten totales Unverständnis, dass energetische Haussanierungen von den städtischen Denkmalschützern immer wieder abgelehnt würden, obwohl Klimaschutz zunehmend wichtiger wird und Energiepreise rasant steigen. Vielen Siedlern in Wedau und Bissingheim sind in dieser Krisenzeit die Denkmalschutz-Vorgaben aus dem Rathaus zu restriktiv.

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OB sagt: „Ich denke, dass die Landesregierung das Gesetz bald ändern wird.“

Der Oberbürgermeister zeigte Verständnis dafür und sieht ebenfalls Handlungsbedarf. Er erklärte aber auch, dass die Stadt an die Weisungen der Oberen Denkmalbehörde gebunden sei, die bei der Bezirksregierung angesiedelt ist und nach dem NRW-Denkmalschutzgesetz entscheide.

Zudem verteidigte Link den im Gesetz definierten Schutz alter Wohnquartiere: „Denken Sie nur an alte Arbeitersiedlungen in Hochheide, Neumühl oder Meiderich, die seinerzeit einfach platt gemacht wurden.“ Dennoch müsse der Denkmalschutz unter den aktuellen Bedingungen neu justiert werden: „Ich denke, dass die Landesregierung das Gesetz bald ändern wird.“

Hausbesitzer sind der Meinung, dass die Hürden in Duisburg zu hoch sind

Auf eine künftige Gesetzesänderung allein wollen die Anwesenden im Saal nicht hoffen, vielmehr äußern sie Kritik, wie die Stadt mit Anträgen für die derzeit sehr gefragten Photovoltaikanlagen oder Wärmepumpen umgeht. Die einhellige Meinung: Die Hürden seien zu hoch. „Das ist jedes Mal eine Einzelfallprüfung, die Prüfkriterien sind oft nicht nachvollziehbar, gleichliegende Fälle werden oftmals unterschiedlich bewertet“, kritisierte ein Betroffener.

Für die Hauseigentümer ist dieses Vorgehen im Duisburger Rathaus „völlig aus der Zeit gefallen“, und es passe nicht zu den klar definierten Forderungen der Regierung nach dringend notwendigen energetischen Maßnahmen. „Wir wollen ja, dass es im Klimaschutz vorangeht. Das gilt nicht nur für den Neubaubereich, sondern besonders auch für den Altbestand“, betonte der Oberbürgermeister und ergänzte: „Die Hausbesitzer in denkmalgeschützten Siedlungen dürfen nicht die Verlierer der Klimawende werden.“

Daher schlug er vor, anhand eines „Musterhauses“ mit allen Beteiligten auszuloten, welche energiesparenden Baumaßnahmen möglich sind, um den heutigen Anforderungen und gleichzeitig dem Denkmalschutz gerecht zu werden.

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Norman Hay aus Bissingheim wäre „sofort dabei“, sein Antrag auf Errichten einer Photovoltaikanlage wurde abgelehnt: „Aber ich stelle den Antrag gerne auch ein zweites Mal.“ Auch Lisa Müller und ihr Mann haben jetzt große Schwierigkeiten, ihr Haus, das sie vor zwei Jahren in Wedau gekauft haben, energetisch zu erneuern. „Wir wollten eine PV-Anlage an der Dachrückseite unseres Hauses installieren. Obwohl die von der Straße aus nicht zu sehen wäre, wurde der Antrag nicht genehmigt.“ Begründung: Das Gebäude würde verschandelt.

Ziemlich frustriert ist auch der Bissingheimer Kevin Hermbusch: „Ich wollte meine Warmwasserversorgung mit Hilfe von Solarthermie-Kollektoren lösen. Das wurde nicht genehmigt.“ Verständnis hat er dafür nicht. Ohnehin erwartet er von den städtischen Denkmalschützern mehr als nur Anträge abzulehnen: „Man bekommt immer nur gesagt, was nicht geht, Alternativen werden nicht aufgezeigt.“

Wirtschaftsdezernent Michael Rüscher, der auch für Denkmalschutz zuständig ist, traf mit Verspätung in Bissingheim ein. Nach der Messerattacke im Fitnessstudio John Reed hatte er Mühe, den von der Polizei abgesperrten Bereich zu verlassen. Jedoch kam er noch rechtzeitig, um die Kritik und die Wünsche der vom Denkmalschutz betroffenen Hauseigentümer zu registrieren.

>> Gestaltungsfibel gibt Hausbesitzern Orientierung, was erlaubt sein könnte

  • Neben der Gartenstadt-Siedlung in Wedau und der Siedlung in Bissingheim gibt es unter anderem in Duisburg mit der Siedlung Hüttenheim, der Margarethensiedlung in Hochemmerich, dem Dorf Friemersheim, der Eisenbahnsiedlung Friemersheim, der Siedlung Wehofen, der Zechensiedlung Neumühl und dem Hamborner Dichterviertel noch weitere denkmalgeschützte Wohnbereich, die die Stadt nach eigenen Angaben regelmäßig kontrolliert. Dabei würden immer wieder Verstöße gegen den Denkmalschutz festgestellt.
  • Bei geplanten Umbauten an einem denkmalgeschützten Haus oder in einem geschützten Wohnquartier bietet eine Gestaltungsfibel Orientierung, was erlaubt sein könnte, in welchem Umfang und auf welche Weise.
  • Hauseigentümer müssen sich immer mit der Unteren Denkmalbehörde absprechen und sich Umbauten genehmigen lassen.
  • Manches ist unabhängig vom Denkmalschutz nicht erlaubt. So ist in Duisburg verboten, Vorgärten zu versiegeln oder Stein- und Schottergärten anzulegen. Bestandsschutz besteht für Steingärten, die vor 2019 entstanden sind.