Duisburg. Gegen ihn gibt es Vorwürfe sexualisierter Grenzverletzung: Der Duisburger Pfarrer Winkelmann ist freigestellt. So verteidigen ihn jetzt Gläubige.

Er soll Messdiener mit zweideutigen Inhalten in Briefen und Textnachrichten und Berührungen bedrängt haben: Pfarrer und Stadtdechant Roland Winkelmann ist nach „sexualisierten Grenzverletzungen“, wie sie in der Missbrauchsstudie für die katholische Kirche genannt werden, freigestellt. Am Sonntag hätte er sonst den Gottesdienst in seiner Heimatgemeinde St. Judas Thaddäus geleitet. Wie stehen die Besucher der Messe zu den Vorwürfen?

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Schnell wird klar: Kritische Stimmen sind kaum zu vernehmen. Auf ihren Pfarrer lassen die Gläubigen der Pfarrei St. Judas Thaddäus nichts kommen. Jedenfalls diejenigen, die sich am Sonntag vor der Messe der Redaktion gegenüber zu den Vorwürfen gegen Winkelmann äußern.

Gläubige in Duisburg bezweifeln Vorwürfe gegen Duisburger Pfarrer Roland Winkelmann

Viele der Besucher äußern sich skeptisch, bezweifeln die im Gutachten aufgeführten Vorwürfe. Ihren Namen wollen die Gläubigen meist nicht nennen, so auch eine ältere Gottesdienstbesucherin, die meint: „Ich glaube die Geschichte nicht so recht. Er sollte weitermachen, es wird einem heute schnell was angehängt.“

Geradezu unwirsch äußert sich ein männlicher Kirchenbesucher: „Es ist doch noch alles unklar. Solange das nicht geklärt ist, sollten sich alle zurückhalten, auch die Presse.“

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Die Buchholzerin Ida Unsöld (86) äußert sich besorgt: „Ich war schon überrascht, auch dass das Ganze erst nach so vielen Jahren ans Licht gekommen ist. Es tut mir für den Pfarrer sehr leid, dass er jetzt so negativ in der Öffentlichkeit steht.“

Eher neutral betrachten Iris und Bernard Schmidt die Angelegenheit: „Das war schon ein Schock. Pfarrer Winkelmann ist sehr beliebt, ein sehr guter Mann. Geht gut auf Kinder ein, wir waren mit ihm sehr zufrieden.“

Der eine oder andere Teilnehmer an der Sonntagsmesse will sich in seiner Beurteilung noch nicht festlegen, bleibt eher zurückhaltend. Ein junges Paar: „Wir haben uns bisher noch keine Meinung gebildet. Dazu können wir uns nicht äußern.“

Gottesdienstbesucher in Duisburg: „Wir haben auch früher mit dem Pastor ein Bier getrunken“

Ein Besucher, der auch seinen Namen nicht nennen will, äußert sich differenzierter: „Es ist schon schwierig, die Sache richtig einzuschätzen. Man kennt nicht den kompletten Sachverhalt. Strafrechtlich kann man dem Pfarrer wohl nichts vorwerfen, andererseits ist man in so einer Funktion schon in einer ganz besonderen Verantwortung.“ Er geht auf die Vorwürfe ein und ergänzt: „Wir haben auch früher mit dem Pastor ein Bier getrunken, ein Seelsorger soll ja auch nahbar sein. Wo ist da die Grenze?“

Der Duisburger Pfarrer und Stadtdechant Roland Winkelmann ist nach Vorwürfen gegen ihn bis Ende Juni 2023 freigestellt.
Der Duisburger Pfarrer und Stadtdechant Roland Winkelmann ist nach Vorwürfen gegen ihn bis Ende Juni 2023 freigestellt. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Seiner Meinung nach sollte Pfarrer Winkelmann nach dem Ende der freiwilligen Auszeit weitermachen, zumal eine strafrechtliche Relevanz nicht gegeben sei, denn: „Pfarrer Winkelmann hat in der Gemeinde eine super Arbeit geleistet.“

Missbrauchsgutachten: Das sind die Vorwürfe gegen den Duisburger Pfarrer

Winkelmann hatte, nachdem die Vorwürfe wegen sexualisierte Grenzverletzungen gegen ihn öffentlich geworden waren, selbst um eine befristete Freistellung als Pfarrer und Stadtdechant bis zum 30. Juni 2023 gebeten. Dieser Bitte kam der Essener Bischof Overbeck nach.

Es geht um Vorwürfe aus den Jahren 2013 und 2021, die die Betroffenen den verantwortlichen Stellen gemeldet haben. Dabei geht es unter anderem darum, dass Winkelmann vor zehn Jahren zwei Messdiener zu sich nach Hause eingeladen und ihnen Alkohol angeboten habe. In dem Gutachten wird zudem von Briefen des Pfarrers berichtet, die „sehr persönliche, emotionale und sexualisierte Äußerungen“ enthielten. Die Aussage eines weiteren Betroffenen, dass der „nicht immer nüchterne“ Seelsorger sich „häufig unangemessen verhalten habe“, ist ebenfalls ein Kritikpunkt.

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Vor zwei Jahren berichteten Messdiener von grenzverletzenden Berührungen und einer „bedrängenden Situation in der Sakristei“. Andere Messdiener schilderten nächtliche Nachrichten des Pfarrers, die durchaus doppeldeutig gewesen seien und mit Kuss-Smileys versehen waren.

Laut Auskunft des Bistums sind die Vorwürfe gegen Roland Winkelmann strafrechtlich nicht relevant. Auch habe das kirchenrechtliche Ermittlungsverfahren keine Hinweise auf strafrechtliche Handlungen ergeben. Die Entscheidung, wie im Fall Winkelmann zu verfahren ist, liegt zurzeit der entsprechenden Behörde (Dikasterie) der Römischen Kurie vor. Eine Antwort steht bisher aus.

>> ROLAND WINKELMANN: IN DUISBURG PFARRER UND STADTDECHANT

  • Roland Winkelmann ist gebürtiger Duisburger. Katholische Theologie hat er zunächst in Bochum, später in Trier studiert. Der Pfarrer gehörte zum letzten Jahrgang, den der Ruhrbischof Franz Hengsbach 1990 im Essener Dom zum Priester weihte.
  • Kaplan war er anschließend in Essen-Burgaltendorf und in Gladbeck-Brauck. 1997 wurde er Pfarrer in St. Michael (Wanheimerort), im Jahr 2000 übernahm er St. Dionysios in Mündelheim, seit 2009 leitet er die Süd-Großgemeinde St. Judas Thaddäus.
  • Seit Mai 2018 übt Roland Winkelmann zusätzlich das Amt des Stadtdechanten aus.