Duisburg. Eigentlich soll die Deko am Kreisverkehr Wedau den Eisenbahner-Stadtteil ehren. Doch jetzt gibt es Aufregung um die Skulptur. Was dahintersteckt.
Die gerade erst auf dem Kreisverkehr in Wedau (Ecke Kalkweg/Wedauer Straße) installierte Signal-Skulptur verursacht bei Horst Osten Bauchschmerzen. SPD-Ratsherr Dieter Lieske hatte die schon lange im Raum stehende Idee, an die mehr als 100-jährige Eisenbahntradition mit einem markanten Zeichen zu erinnern, in Angriff genommen und umgesetzt (wir berichteten). Dafür gab es auf der einen Seite viel Lob, von den Bahn-Insidern in Wedau aber auch – völlig unerwartet für den Bissingheimer – heftige Kritik.
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Der 84-jährige Horst Osten, Vorsitzender des Bahn-Schachklubs „Weiße Dame Wedau-Bissingheim“ macht sich zum Sprecher der Kritiker: Die installierten Signale zeigen eine Stellung an, die es so gar nicht gibt. Er meint: „In Wedau leben noch 30 bis 50 Lokführer, die drehen jedes Mal am Rad, wenn sie die Signale sehen.“ Und er setzt noch eins drauf: „So eine Signalstellung anzuzeigen, ist einfach die reinste Katastrophe. Schon die Fotomontage war falsch.“
Gemeint ist die Stellung der beiden Doppelflügel-Hauptsignale, die auf der Kreisverkehrsinsel nicht zu übersehen sind und das Zeug zu einer kleinen innerstädtischen Landmarke haben. Der auf der Insel Sylt geborene Eisenbahner, der im Alter von 15 Jahren ins Ruhrgebiet kam, um bei der Bundesbahn eine Ausbildung zu beginnen, erklärt: „Eigentlich wird mit der Signalstellung des unteren Flügels eine Warnung ausgesprochen, die Geschwindigkeit ab dieser Stelle auf 40 km/h zu drosseln.“ Das werde durch die unterschiedliche Stellung der Signalflügel allerdings konterkariert, beide Flügel hätten in dem Fall die gleiche Richtung anzeigen müssen, so Bahn-Experte Osten. Auch wenn auf absehbare Zeit kein Zug diese Stelle passieren wird, sollte seiner Meinung nach die Stellung der Signale schnellstens korrigiert werden, damit die Wedauer Lokführer ihren Seelenfrieden wiederfinden.
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Osten selbst hat eine berufliche Vita, die ihn als absoluten Bahn-Experten ausweist. Nach seiner Heirat im Jahr 1957 hat er viele Jahre im Eisenbahner-Stadtteil gewohnt, war unter anderem Bahnhofsvorsteher in Wesel, Emmerich und Bottrop. Später war er Fahrdienstleiter am Essener Hauptbahnhof und Personaldienstleiter bei der Signalmeisterei in Oberhausen. Er versteht nicht, warum man sich nicht im Vorfeld sachkundigen Rat bei den Wedauer Eisenbahnern geholt hat.
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Außerdem hätte ein Blick in das auch im Internet zur Verfügung stehende Signal-Handbuch der Bahn gereicht, um festzustellen, dass es sich bei einem Doppelflügel-Signal immer um ein Warnsignal mit streng festgelegter Flügelstellung handelt. Die richtige Stellung dieses Signal-Typs ist im Garten von Raimund Neuroth zu begutachten. Der 67-Jährige arbeitete zuletzt bei der Störungsannahme der Deutschen Bahn.
Neuroth: Fachwissen hätte mit einbezogen werden müssen
Das Signal steht seit 2008 auf seinem Grundstück. Er sieht die Sache gelassener, für ihn steht im Vordergrund, dass mit dem Signal-Projekt eine gute Idee verwirklicht wurde, „die dem Eisenbahner-Stadtteil gerecht wird und an die lange Bahn-Tradition erinnert“. Aber auch Neuroth hätte es besser gefunden, wenn man mit den ehemaligen Wedauer Bahnmitarbeitern vorher gesprochen hätte: „Hier ist so viel Fachwissen vorhanden, da hätte man sich auch noch die Zeit nehmen sollen, sich bei den Eisenbahnern zu informieren.“
Horst Osten hätte es begrüßt, wenn im Rahmen der Signal-Installation noch eine „Schachbrett“-Hinweistafel, die man bei eingleisigen, baustellenbedingten Engstellen findet, berücksichtigt worden wäre. „Das hätte auch eine Verbindung zum Bahn-Schachverein dokumentiert“, so der Vorsitzende des Schachklubs „Weiße Dame“. Ergänzend erwähnte er: „In zwei Jahren feiern wir nämlich unser 100-jähriges Jubiläum.“
Möglichkeiten, diese bahntypische Hinweistafel aufzustellen, wird es noch genug geben. Denn im Zuge des Wedauer Bauprojekts 6-Seen-Wedau sollen ja noch einige Kreisverkehre eingerichtet werden.
Kein Verständnis für die Kritik
Dieter Lieske kann die Aufregung um die aufgestellten Signale nicht verstehen. „Dem einen oder anderen mag die Stellung der Signale nicht gefallen. Aber Gefallen liegt ja bekanntlich immer im Auge des Betrachters. Es ging aber auch nicht darum, ein funktionstüchtiges Signal darzustellen, sondern mit der Installation an die Geschichte des Stadtteils zu erinnern.“
So sähen es auch viele Eisenbahner und Lokführer, mit denen sich Lieske unterhalten hat: „Die sind mit der Installation sehr zufrieden.“ Er betont, sich durch die geäußerte Kritik nicht den Spaß an der ehrenamtlichen Arbeit nehmen zu lassen und sich weiter „für die Bürger zu engagieren.“ Es gäbe leider immer einige wenige Menschen, „die nicht in der Lage sind, sich einfach mal über etwas zu freuen.“
>> EISENBAHNSIGNALE
- Eisenbahnsignale zeigen grundsätzlich an, ob und in welcher Geschwindigkeit Streckenabschnitte befahren werden dürfen. Dazu existieren verschiedene Signalarten, die sich grob in Haupt- und Vorsignale sowie Zusatzsignale gliedern lassen.
- Die Eisenbahn-Signalordnung (ESO), in der die Bedeutung der Signale geregelt ist, ist Teil des Eisenbahnrechts. Die praktische Anwendung wird im Signalbuch beschrieben.