Duisburg. Die Straßenschilder in der Duisburg-Buchholzer Afrikasiedlung sind nun mit Zusatzinformationen über die deutsche Kolonialzeit versehen.
Die Straßenschilder in der Buchholzer Afrikasiedlung sind nun mit Zusatzinformationen über die deutsche Kolonialzeit versehen. Die Vertreter der „Initiative Afrikasiedlung“ sind zufrieden.
Am Dienstag trafen sich alle Beteiligten, die sich seit 2018 für eine Kommentierung der an die deutsche Kolonialzeit erinnernden Straßennamen der Siedlung im südlichen Buchholz eingesetzt haben. Bezirksbürgermeisterin Beate Lieske (SPD) freut sich, nach langer Zeit nun endlich Vollzug melden zu können. Die ersten Erläuterungsschilder sind nun angebracht.
Am Treffpunkt Swakopmunder Straße/Waterbergpfad konnten die Mitglieder der beteiligten Gruppierungen – dazu gehörten auch einige Lokalpolitiker der im Bezirksparlament vertretenen Parteien –direkt zwei der neuen Schilder in Augenschein nehmen. Wie man bei der Kommentierung vorgegangen ist, wird an dem unter dem Straßenschild „Swakopmunder Straße“ zu lesenden Zusatztext deutlich. „Küstenstadt im heutigen Namibia, ehemals Deutsch-Südwestafrika. Hier starben über 2000 afrikanische Menschen in dem von Deutschen errichteten Konzentrationslager.“
Der mit der Kolonialzeit verbundene Name „Waterberg“ findet sich in den Straßenbezeichnungen „Waterbergstraße“ und „Waterbergpfad“ wieder. Auch hier gibt es eine passende Erklärung: „Berg im heutigen Namibia. Die sogenannte Schlacht am Waterberg“ (1904) steht symbolisch für den Völkermord an den Herero und Nama durch deutsche Truppen.“ Die Zusatzerläuterungen wurden von der Initiative entwickelt und von Andreas Pilger, dem Leiter des Stadtarchivs, vor der endgültigen Anfertigung der Schilder überprüft. Abgeschlossen ist für Beate Lieske die Aktion allerdings erst „wenn die Erläuterungen der Straßennamen wirklich an jeder Straßenecke zu sehen sind“.
Die im Jahr 2018 aufkeimende Namens-Diskussion gipfelte in der Forderung, die Straßen der Afrikasiedlung – allein sieben Straßennamen stammen noch aus der Zeit des Nationalsozialismus – umzubenennen. Das führte zu vehementen Protesten der Anwohner. Nach kontroversen Debatten wurde die jetzige Lösung ins Spiel gebracht, die auch von den Bezirksvertretern unterstützt wurde.
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Stefan Hillerich von der „Initiative Afrikasiedlung“ hält die Erklärungen per Zusatzschild sogar für „viel besser als eine Umbenennung der Straßen“: „So werden die Menschen darüber informiert, was an den betroffenen Orten während der Kolonialzeit passiert ist, dieser Effekt wäre sonst verloren gegangen.“
Die Wanheimerin Angelika Rohde besucht oft ihren in Buchholz lebenden Sohn und findet die Zusatzinformationen gut: „Ich begrüße das sehr, hoffentlich lesen das auch alle.“ Anna Schwarzer hat sich mit ihrem Engagement für die Initiative ebenfalls für das Erinnern an die Gräueltaten der deutschen Kolonialzeit eingesetzt: „Früher führte mein Schulweg durch die Afrikasiedlung, über die Straßennamen habe ich mir damals keine großen Gedanken gemacht. Das hat sich mit zunehmenden Alter dann geändert“, erklärt die mittlerweile 25-jährige Großenbaumerin.
Auch Anne Breer, Mitglied der Bürgerplattform „DUaktiv“ setzte sich von Beginn an für eine Aufarbeitung im Rahmen der Straßennamen-Diskussion rund um die Afrikasiedlung ein. Jetzt ist sie erleichtert: „Der Einsatz hat sich gelohnt, das ist eine gute Lösung und ich hoffe, dass viele sich darüber Gedanken machen, was damals passiert ist.“
Mit der Aufarbeitung der deutschen Kolonialgeschichte war es 1950 wohl noch nicht so weit her. Damals wurden neu angelegte Straßen in der wachsenden Siedlung noch nach Orten in Afrika benannt, die in engem Zusammenhang der Kolonialzeit standen. War das noch der Zeit in den Nachkriegsjahren geschuldet, stieß die vor einigen Jahren von der Verwaltung beabsichtigte Benennung einer Straße im Neubaugebiet an der Lüderitzallee auf Unverständnis. Die im Jahr 2018 neu angelegte Zufahrtsstraße sollte nach den Vorstellungen der Stadtverwaltung noch den Namen „Lüderitzpfad“ erhalten. Dazu Beate Lieske: „Das war total unsensibel, da kann man nur den Kopf schütteln.“
Erläuterung der Straßennamen hat nicht für alle Bewohner die gleiche Priorität
Nach dem Bremer Kaufmann Adolf Lüderitz, der die Einheimischen um ihr Land betrog und damit den Grundstein zur Kolonie „Deutsch-Westafrika“ legte – nachzulesen am Straßenschild an der Lüderitzallee –, wurde die kleine Straße nach Protesten dann doch nicht benannt. Jetzt trägt sie den unbelasteten Namen „Mandelas Pfad“ und einen Hinweis, dass Nelson Mandela Freiheitskämpfer, Politiker und der erste schwarze Präsident Südafrikas war.
Aber nicht bei allen Anwohnern haben die historischen Erläuterungen der Straßennamen die gleiche Priorität wie bei der „Initiative Afrikasiedlung“ und der örtlichen Politik. Ein Passant: „Damit beschäftige ich mich nicht. Wir haben derzeit so viele Probleme auf der Welt, den Ukraine-Krieg, den Klimawandel und die persönliche Frage, ob sie demnächst ihre Energie-Rechnung bezahlen können.“