Duisburg. Koloniale Straßennamen in Duisburgs Afrikaviertel werden um Hinweisschilder ergänzt. Dennoch ist plötzlich die Umbenennung einer Straße denkbar.

Es sah so aus, als wäre das Thema Rassismus auf Duisburger Straßennamen zumindest für die sogenannte Afrikasiedlung in Buchholz erledigt: Auf gemeinsamen Antrag aller Fraktionen hat die Bezirksvertretung Süd beschlossen, sämtliche 14 Straßennamen, „die einen inhaltlichen Bezug zur Kolonialzeit des Kaiserreiches haben, mit erklärenden Zusatzschildern zu versehen“. Ein Detail aus der Sitzung aber legt nahe, dass das noch nicht die finale Lösung sein könnte.

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„Während der Kolonialzeit des deutschen Kaiserreichs wurde der dortigen Bevölkerung (im heutigen Namibia, Anm. d. Red.) unermessliches Leid angetan“, sagt Bezirksbürgermeisterin Beate Lieske (SPD). „Dass unsere Duisburger Straßen im Süden unkommentiert nach den damaligen Örtlichkeiten und den damals handelnden Personen benannt sind, wollten wir nicht hinnehmen!“

„Straßennamen erhalten“: Diesen Satz streicht die Bezirksvertretung Duisburg-Süd

In der Begründung der Vorlage las sich zunächst der Satz: „Daher sollen ausdrücklich die Straßennamen erhalten bleiben, um so an das geschehene Unrecht zu erinnern.“ Dieser wurde allerdings gestrichen. Damit wird eine Möglichkeit wieder denkbar, die die Politik 2018 nach Protesten der Anwohner verworfen hatte; mehr als 150 Menschen hatten damals ein Protestschreiben gegen eine Umbenennung der Straßen unterzeichnet.

Allerdings, so die Auskunft von Bezirksbürgermeisterin Beate Lieske, plane die Duisburger Verwaltung derzeit ein gesamtstädtisches Konzept, um belastete Straßennamen zu überprüfen. Die Stadt bestätigt das. Dem habe die Bezirksvertretung nicht mit einem „kategorischen Ausschluss“ entgegentreten wollen.

Ein Straßenname in der Afrikasiedlung in Buchholz wird besonders kritisiert

Der Straßenname Waterbergpfad in Duisburg-Buchholz stört die Politiker besonders. Nach der Straße heißt ein Standort der angrenzenden Grundschule.
Der Straßenname Waterbergpfad in Duisburg-Buchholz stört die Politiker besonders. Nach der Straße heißt ein Standort der angrenzenden Grundschule. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Hinzu kommt: Ein Name in der Afrikasiedlung stößt den Politikern besonders bitter auf. Es ist der der ehemaligen Verbundschule Lüderitzallee, die inzwischen „Schulverbund GGS Lauenburger Allee“ heißt – ein Teilstandort heißt allerdings nach der angrenzenden Straße „Waterbergpfad“.

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„Das finden wir noch schlimmer“, sagt Lieske. Schließlich erinnert der Name an die Schlacht am Waterberg, sinnbildlich steht er für den Völkermord an den Herero und Nama im heutigen Namibia – 60.000 Herero starben damals, bis zu 80 Prozent des Volkes.

Waterbergstraße: Wird diese Straße in Duisburg umbenannt?

Genau deshalb soll zumindest diese eine Straße im Afrikaviertel nicht nur ein Hinweisschild, sondern auch einen anderen Namen bekommen. Möglich könnte das auch deshalb sein, weil dort laut Lieske „nur ein Haus benannt“ ist, es wären also kaum Menschen betroffen von den bürokratischen Auswirkungen einer Änderung des Straßennamens wie Adressänderungen, zum Beispiel auch im Personalausweis. Beschlossen ist die Umbenennung aber noch nicht, auch wenn Beate Lieske sagt: „Die Stadt will das, der Oberbürgermeister will das.“

Der Name Lüderitz hingegen wird im Afrikaviertel wohl auch in Zukunft stehenbleiben. Nach dem Protest der Anwohner 2018 steht für die Bezirksbürgermeisterin fest: „An die Lüderitzallee gehen wir auf keinen Fall dran.“

>> STRASSENNAMEN IN DUISBURGS AFRIKAVIERTEL: DIESE HINWEISE KOMMEN

  • Ergänzende Hinweise sollen bald auf Schildern in der Afrikasiedlung den Hintergrund der Straßennamen einordnen. Eine Auswahl:
  • Lüderitzallee: „Adolf Lüderitz (1834-1886), Bremer Kaufmann, betrog Einheimische im heutigen Namibia um ihr Land, woraus später die Kolonie Deutsch-Südwestafrika entstand.“
  • Waterbergstraße und Waterbergpfad: „Berg im heutigen Namibia, ehemals Kolonie Deutsch-Südwestafrika. Die sog. ,Schlacht am Waterberg’ (1904) steht sinnbildlich für den Völkermord an den Herero und Nama durch deutsche Truppen.“
  • Swakopmunder Straße und Swakopmunder Pfad: „Küstenstadt im heutigen Namibia, ehemals Kolonie Deutsch-Südwestafrika. Hier starben über 2000 afrikanische Menschen in dem von Deutschen errichteten Konzentrationslager.“