Duisburg. Anwohner in Wedau kritisieren 6-Seen-Wedau und seine Auswirkungen auf Wedau scharf. Es geht um Verkehr, Denkmalschutz und Nachhaltigkeit.

Es ist eines der größten Bauprojekte in NRW: Im Duisburger Süden entsteht zurzeit das Neubaugebiet 6-Seen-Wedau. 3000 Häuser und Wohnungen werden dort in den kommenden Jahren gebaut. Das Interesse an den neuen Wohnquartieren ist groß, doch nun wird Kritik an dem Projekt laut: Bewohner der Eisenbahner-Siedlung in Wedau beschweren sich in Folge der Bauarbeiten über chaotische Zustände in ihrem Viertel. Der Stadt werfen sie vor, dass diese ihre Einwände bewusst ignoriere.

Dreck und Straßensperrungen wegen 6-Seen-Wedau: „Die Nerven liegen blank“

„Wenn man sich um ein Neubaugebiet kümmert, sollte man auch an die Gebiete denken, die in der Umgebung liegen“, findet Andreas Kostorz. Er bewohnt ein Haus in der alten“Gartenstadt, der Eisenbahner-Siedlung in Wedau. Von der Stadt wünscht er sich, dass mehr Rücksicht auf die Menschen in seinem Viertel genommen wird. „Hier werden einfach von heute auf morgen Straßensperrungen veranlasst“, beschreibt Kostorz ein Problem, das zuletzt häufiger aufgetreten sei. Die Anwohner seien im Vorfeld nicht über diese Sperrungen informiert worden.

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In der Folge müssen viele Wedauer längere Umwege in Kauf nehmen, um zu ihren Häusern zu gelangen. Auch zahlreiche Parkmöglichkeiten seien durch die Sperrungen weggefallen. „Wir haben nicht mal mehr die Möglichkeit, gesicherte Zufahrt zu unseren Straßen zu haben“, moniert Andreas Kostorz. Hinzu komme die Belastung durch Dreck, der bei den Bauarbeiten entsteht. Diese Mischung hat in Wedau bereits zu Spannungen geführt: „Die Nerven liegen mittlerweile blank bei den Eigentümern und Bewohnern der Gartenstadt“, sagt Kostorz.

Anwohner von 6-Seen-Wedau: Straßen sind nicht auf so viele neue Autos ausgelegt

Hier sollen mit dem Neubaugebiet 6-Seen-Wedau bald 3000 neue Häuser und Wohnungen stehen. Das Städtebauprojekt wird von Duisburgs Verwaltung hochgelobt – doch von Anwohnern in Wedau gibt es scharfe Kritik.
Hier sollen mit dem Neubaugebiet 6-Seen-Wedau bald 3000 neue Häuser und Wohnungen stehen. Das Städtebauprojekt wird von Duisburgs Verwaltung hochgelobt – doch von Anwohnern in Wedau gibt es scharfe Kritik. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Die Verkehrslage bereitet den Anwohnern auch mit Blick auf die Zukunft Sorgen. So werde bei der Planung von 6-Seen-Wedau lediglich mit 1,5 Autos pro Haushalt gerechnet. „Das ist völlig überholt“, glaubt Anja-Maria Widdra. Sie ist Mitglied der Bürgerinitiative „Rettet die Sechs-Seen-Platte“, die sich kritisch mit dem Neubaugebiet auseinandersetzt. Widdra zufolge müsse man heute mit deutlich mehr Autos pro Haushalt planen. Dafür sieht sie die Infrastruktur in Wedau nicht gerüstet: „Wie soll das denn funktionieren für die Anwohner, die hier schon seit 30 oder 40 Jahren wohnen?“

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Ein weiterer Kritikpunkt betrifft den Aspekt der Nachhaltigkeit, den die Gebag im Zusammenhang mit 6-Seen-Wedau immer wieder hervorhebt. „Wir haben hier Häuser, die mittlerweile über 100 Jahre alt sind. Das ist echte Nachhaltigkeit!“, hält Andreas Kostorz dagegen. Die klimafreundlichen Ansätze der Neuen Gartenstadt seien zwar zu begrüßen – Kostorz und seine Mitstreiter kritisieren aber, dass manche dieser Ansätze in ihrem Viertel von der Politik verhindert würden.

Solaranlagen, E-Autos: auf 6-Seen-Wedau gefördert – in der Gartenstadt Wedau verboten

So ist es den Bewohnern der Eisenbahner-Siedlung zum Beispiel nicht erlaubt, Photovoltaikanlagen an ihren Dächern anzubringen. Grund dafür ist, dass die Häuser in der Siedlung unter Denkmalschutz stehen. Auch andere klimafreundliche Maßnahmen seien deswegen untersagt, etwa die Installation von Ladestationen für E-Autos oder einer effizienten Wärmedämmung. Dass all dies nun zum Nachhaltigkeitskonzept der Neuen Gartenstadt gehört, kann Andreas Kostorz nur schwer akzeptieren: „Das ist uns gegenüber wie eine Backpfeife. Uns verbietet man es, aber im gleichen Atemzug stellen sie uns eine Stadt hin und sagen: Die dürfen das.“

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Ihre Kritikpunkte haben die Bewohner der Eisenbahner-Siedlung bereits an die Stadt herangetragen. „Wir haben damals rund 800 Einwendungen gemacht“, erinnert sich Anja-Maria Widdra an die Planungsphase des Bauprojektes. Auch bei Wohnzimmergesprächen und Ortsterminen mit Oberbürgermeister Sören Link war ihre Bürgerinitiative dabei. Für das Anliegen der Menschen in Wedau habe sich bei der Stadt aber niemand interessiert: „Es ist immer wieder behauptet worden, dass man das den Anwohnern zumuten kann.“

>> WEDAU UND 6-SEEN: ALTE UND NEUE GARTENSTADT

  • Die Eisenbahner-Siedlung in Duisburg-Wedau wurde Anfang des 20. Jahrhunderts als „Gartenstadt“ errichtet. Damals wohnten dort hauptsächlich Angestellte der preußischen Eisenbahnen. Seit 1999 steht die Siedlung unter Denkmalschutz.
  • Die Neue Gartenstadt grenzt direkt an die Eisenbahner-Siedlung. Sie ist eines der vier Wohnquartiere im Neubaugebiet 6-Seen-Wedau. Laut Gebag soll die Neue Gartenstadt in ihrem Baustil an die bestehenden Gebäude in Wedau angelehnt sein.