Duisburg. Eine Schule und Straßen in Duisburgs Afrikaviertel heißen nach deutschen Völkermord-Orten in Namibia. Wie es im Streit um eine Umbenennung steht.
Einen neuen Namen sollte die Grundschule Lüderitzallee bekommen, einen von der Kolonialzeit unbelasteten. Inzwischen wurde sie, auffallend leise, umbenannt. Der korrekte Name laute nun „Schulverbund Lauenburger Allee, Teilstandort Waterbergpfad“, teilt die Stadt mit. Das allerdings löst das Problem nicht: Auch der Name Waterbergpfad erinnert an die Kolonialzeit.
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„Auch dieser Straßenname ist kolonialbelastet, da er an die sogenannte Schlacht am Waterberg erinnern soll“, sagt Lea Berndorf für die Initiative Afrikasiedlung. Deshalb sei diese Änderung, „die unabhängig von unserer Initiative aus rein bürokratischen Gründen getroffen wurde, aus unserer Sicht keine Verbesserung.“
Schlacht von Waterberg: Beginn des deutschen Völkermords an den Herero in Namibia
Die Schlacht von Waterberg markiert die Entscheidungsschlacht im Krieg zwischen den deutschen Besetzern Namibias und den einheimischen Herero. Sie beginnt am 11. August 1904. Geführt wird sie von Generalleutnant Lothar von Trotha. Seine Truppen gewinnen, doch viele Herero fliehen mit Frauen und Kindern in die Wüste. Von Trotha lässt sie in den Tod treiben, die Deutschen sperren das Gebiet ab, besetzen überlebensnotwendige Wasserstellen. Tausende sterben.
Als grausamer Höhepunkt dessen, was Deutschland im Juni 2021 als Völkermord anerkannt hat, gilt heute die Schlacht von Waterberg: 60.000 Herero sind am Ende des Krieges in Namibia tot, 70 bis 80 Prozent des Volkes. Waterbergpfad, Lüderitzallee und weitere zwölf Straßennamen im sogenannte Afrikaviertel in Duisburgs Süden erinnern bis heute an die deutsche Kolonialgeschichte.
Initiative Afrikasiedlung: Kolonialverbrechen werden in Duisburg geehrt
Die Initiative Afrikasiedlung kritisiert: „Mit der Benennung von Straßen nach Orten und Akteuren des deutschen Kolonialismus werden Kolonialverbrecher und ihre Taten noch heute im Duisburger Stadtbild geehrt.“ Die Straßennamen sind zum Teil von den Nationalsozialisten vergeben worden. Bis heute „stehen sie „unkommentiert im öffentlichen Raum und tragen so dazu bei, dass kolonialrassistisches Gedankengut in den Alltag Duisburgs getragen wird.“
Die Straßennamen im Buchholzer Afrikaviertel werden seit 2018 diskutiert: Damals sollte eine neue Straße im Afrikaviertel ursprünglich den Namen Lüderitzpfad bekommen (später wurde sie Mandelas Pfad genannt). Auf der Homepage der ehemaligen Grundschule Lüderitzallee findet sich zum Hintergrund des Namens nichts. Nur ein Satz steht dort: „Im Jahr 2021 hat die Lüderitzallee eine neue Postanschrift bekommen. Daraus ist der neue Name Waterbergpfad abgeleitet worden.“
Duisburger Verwaltung: Straßennamen Waterbergpfad und Co. bleiben
Stadtsprecher Malte Werning bestätigt: „Die Umbenennung der Schule hat nichts mit der Kolonialgeschichte zu tun.“ Vielmehr ist die Schule wegen des Neubaugebiets an der Lüderitzallee nicht mehr über selbige zu erreichen, sondern über den namengebenden Waterbergpfad. Der Teilstandort soll auch weiterhin nach dieser Adresse heißen, die an die Schlacht von Waterberg erinnert: „Weder beim Schulträger noch bei der Schule selbst gibt es Bestrebungen zur Namensänderungen“, sagt Stadtsprecher Malte Werning.
2021 erkannte Deutschland seine Kolonialverbrechen in Namibia als Völkermord an. Auch das wird in Duisburg nichts an den Namen von Grundschule und Straßen im Afrikaviertel ändern. Werning teilt dazu mit: „Die Umbenennung von bestehenden Straßen wird aufgrund des damit verbundenen, erheblichen finanziellen, geschäftlichen und persönlichen Aufwands für die Anlieger meist vermieden.“
>> DIE INITIATIVE AFRIKASIEDLUNG IN DUISBURG
- Die Initiative Afrikasiedlung ist ein Bündnis aus „DU erinnern“ und „Aufstehen gegen Rassismus“ sowie Vertretern und Vertreterinnen von SPD und Grünen in der Bezirksvertretung Duisburg-Süd. Ziel der Initiative ist, die historischen Hintergründe der kolonialbelasteten Straßennamen in der Afrikasiedlung offenzulegen und zu erläutern.
- Dazu fordert sie von der Kommunalpolitik unter anderem, in der Afrikasiedlung einen interaktiven Lern- und Gedenkort einzurichten, der ein Ort des antirassistischen Lernens sein soll.