Duisburg-Ungelsheim. Zwar stehen die Garagen der Anwohner Am Grünen Hang in Ungelsheim noch. Alle Mühen, sie zu erhalten, werden jedoch wohl erfolglos sein.

Schon bis Ende Mai vergangenen Jahres sollten die Anwohner Am Grünen Hang in Ungelsheim ihre Garagen räumen – die NRW-Bau GmbH will dort mehrere Wohneinheiten errichten. Die gute Nachricht für die Anwohner ist: Die Garagen stehen noch immer. Doch wie lange, das wissen sie nicht. Der Eigentümer des Grundstücks hat kein Interesse daran, mit ihnen zu verhandeln.

Ungelsheim hat schlechteste Nahverkehrsanbindung der Stadt„Mittlerweile stehen Bauzäune auf dem Grundstück und Baumaterialien blockieren einige Garagen“, sagt Karl-Heinz Groening, dem selbst drei der 27 Stellplätze gehören. Schon bis zum vergangenen Sommer sollten er und die anderen Ungelsheimer diese räumen. „Vorgewarnt hat uns niemand“, klagt Groening. Die Anwohner fanden heraus, dass es gar nicht möglich ist, einen Pachtvertrag inmitten eines Jahres zu kündigen. Sie legten Einspruch gegen die Kündigung ein und bekamen Recht.

Mitarbeiter der Baufirma versuchen, die Garagen zu öffnen

Ende Juli 2021 kam es zum Eklat: Nachbarn von Groening erwischten Mitarbeiter der NRW-Bau GmbH, Bauherrin auf dem Grundstück, dabei, wie sie sich an den Schlössern der Garagen zu schaffen machten. Sie alarmierten die Polizei. „Der Geschäftsführer Ismail Bal kam dann hinzu und behauptete, dass sie das dürften, weil die Grundstücke ja ihnen gehörten. Die Polizei hat ihm dann erklärt, dass er das nicht darf. Nach Rücksprache mit seinem Anwalt war er dann einsichtig“, schildert Groening.

Auf dem Garagenhof an der Goslarer Straße in Duisburg-Ungelsheim sollen bald vier Einfamilienhäuser gebaut werden.
Auf dem Garagenhof an der Goslarer Straße in Duisburg-Ungelsheim sollen bald vier Einfamilienhäuser gebaut werden. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Das Verfahren gegen die Verantwortlichen sei aber aufgrund mangelnden öffentlichen Interesses eingestellt worden. „Dagegen haben wir Widerspruch eingelegt, seit Anfang April aber keine Rückmeldung erhalten – dabei ist das Schreiben sicher eingegangen.“

Geschäftsführer der Baufirma spricht von Missverständnis

Holger Heming, Pressesprecher der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf, bestätigt den Erhalt des Widerspruchs. Dieser sei aber am 7. Juli abgewiesen worden. „Verfolgbares strafbares Verhalten der angezeigten Personen war nicht feststellbar“, sagt er. Ob Groenings Vorwürfe zutreffen, dürfe er aus Datenschutzgründen nicht mitteilen.

Ismail Bal, Geschäftsführer der NRW-Bau GmbH, bestreitet die Vorwürfe und verweist auf ein Missverständnis. „Die Mitarbeiter sollten einige Garagen öffnen, und zwar die, die uns gehören. Allerdings haben sie sich vertan“, sagt er. Wie Groening war er bei dem Vorfall allerdings nicht anwesend.

Anwohner: Stadt hat Bauordnung ausgehebelt

Parallel versuchten die Anwohner, über das Bauamt der Stadt herauszufinden, ob und wie ihre Garagen womöglich zu retten seien. „Da haben wir aber keine Auskunft erhalten. Erst als wir Anwälte beauftragt haben, was uns über 1000 Euro gekostet hat, erhielten wir Akteneinsicht“, so Groening. Herausgekommen sei: Die Fläche der vier geplanten Häuser soll über die des Garagengrundstücks herausgehen. „Laut NRW-Bauordnung muss jeder Neubau einen Stellplatz haben. Ausgerechnet hier wird aber eine Ausnahme gemacht. Ein Gericht hat entschieden, dass das rechtlich möglich sei, aber wie kann es sein, dass die Stadt hier die Bauordnung aushebelt?“

Dem widerspricht Gabi Priem, Sprecherin der Stadt Duisburg: „Soweit erkennbar, ist die Fläche der Neubebauung sogar mit weniger Flächenversiegelung versehen, als die der Garagenbebauung.

Auch der erforderliche Stellplatznachweis wurde erbracht, und zwar ohne auf einen Stellplatz zu verzichten.“Geschäftsführer von NRW-Bau will seine Pläne durchziehen

Duisburger wollen Garagen behalten - Chancen stehen schlechtDass die Anwohner keine Details zum Inhalt des Bauvorhabens erfuhren, hänge mit dem Datenschutz zusammen. „Sofern man Auskünfte zu einem Bauvorhaben einholen möchte, muss man ein zulässiges, berechtigtes Interesse nachweisen“, so Priem. Anfragen, bei denen das der Fall gewesen sei, seien stets kurzfristig beantwortet worden. „Ein Widerspruch gegenüber der Baugenehmigung liegt uns dagegen nicht vor.“

Bauunternehmer Bal kann die Aufregung nicht verstehen: „Wir reißen ja keinen Kindergarten ab, sondern schaffen Wohnraum“, sagt er. „Die Anwohner verhalten sich ziemlich komisch, sie sind nur aufs Geld fokussiert. Ich habe versucht, mit jedem zu reden und es freundlich erklärt.“ Er habe angeboten, bei einem Treffen der Nachbarschaft über die Pläne zu informieren, es sei aber nie eine Einladung gekommen.

Den Anwohnern droht eine Räumungsklage

Bal erwäge nun eine Räumungsklage. „In sechs Monaten habe ich die da raus – das Grundstück gehört uns, die Rechtsklage ist klar. Eventuell mache ich sogar den finanziellen Schaden geltend, den ich durch die Verzögerung erhalten habe“, droht er. Die Fronten Am Grünen Hang sind verhärtet.

>>VIER REIHENHÄUSER GEPLANT

  • Ismail Bal plant auf dem Gelände vier Reihenhäuser mit Flachdach. Mit 160 Quadratmetern Wohnfläche sollen die Häuser die Struktur einer Innenstadtvilla haben.
  • Sie sollen jeweils einen Keller, eine Garage und einen Garten haben. Zusätzlich sind sie mit elektrischen Rollläden und einer Fußbodenheizung ausgestattet. Geplant hat die Gebäude der Architekt Volker Esch aus Remagen.