Duisburg. Die Duisburger Steinbart-Schüler haben Briefe für Bewohner des Großenbaumer Sana-Seniorenheims geschrieben – sogar in Schönschrift.
Corona zwingt Familien dazu, Abstand zu halten. Für die Bewohner von Seniorenheimen und deren Angehörigen waren die vergangenen Monate besonders entbehrungsreich. Um die Älteren vor einer Ansteckung zu schützen, durften sie anfangs kaum Besuch empfangen. Also hatten Alina Thamm, die Schülersprecherin des Steinbart-Gymnasiums, und ihr Team eine besondere Idee: Sie riefen ihre Mitschüler dazu auf, an die Bewohner des Sana-Seniorenheims in Duisburg-Großenbaum Briefe zu adressieren. 170 sind zusammen gekommen – für jeden einen.
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Darauf sind Alina, Ida, Edward und Till mächtig stolz, denn anfangs sah es nicht danach aus, als würden die Gymnasiasten noch gerne Briefe schreiben. „Das mache ich auch nur noch ganz selten“, gibt die 15-jährige Alina zu. Sie und Ida haben sich auch beteiligt und ein paar Zeilen notiert. „Ich habe berichtet, wie es mir geht, was ich in dieser Zeit mache. Es sollte etwas Fröhliches sein, denn die Senioren sollen sich ja freuen“, erklärt Ida Daube (17). Die Mädchen haben sich oft mehr ins Zeug gelegt als die Jungs. Vielleicht liegt’s ja an der schöneren Schrift. Viele haben die Briefe tatsächlich von Hand geschrieben und hübsch verziert.
Sechstklässlerin aus Duisburg berichtet von Unterricht per Video
Die Sechstklässlerin Leonie hat etwa neben „Alles wird gut“ ein Eis gemalt und lässt eine Hummel über das Blatt Papier summen. Dazu schreibt sie: „Liebe/r unbekannter Leser/in dieses Briefes, ich hoffe, es geht Ihnen gut.“ Die Zwölfjährige, so viel sei verraten, berichtet, dass sie vor allem per Videokonferenz unterrichtet wird und hofft, dass bald alles wieder normal wird. „Da ich mein Hobby nicht machen kann, turne ich viel, gehe aufs Trampolin, fahre Fahrrad und vieles mehr. Schön war es, als ich einen Flickflack geschafft habe.“
Puh, einen Flickflack – darüber können die Bewohner nur staunen. Erna Klawing, 93 Jahre alt und engagiert im Heimbeirat, würde sich wünschen, dass endlich mal wieder das beliebte Tanzcafé stattfinden könnte. „Da war ich immer.“ Und geschwoft hat sie, egal, zu welcher Musik. „Da bin ich nicht wählerisch“, sagt sie fröhlich. „Nur die Männer sind beim Tanzcafé in der Unterzahl.“ Spaß hatten sie und die anderen trotzdem immer. Seit fünf Jahren wohnt Erna Klawing in dem Haus. Sie fühlt sich wohl, aber so eine Zeit wie zu Corona hat sie auch noch nicht miterlebt.
Anfangs haben Einrichtungsleiter Rüdiger Bieck und die Mitarbeiter Tablets angeschafft, damit die Bewohner mit ihren Kindern und Enkeln Kontakt halten konnten. Ans Tippen und Wischen musste sich mancher, der noch mit Wählscheibe aufwuchs, erst gewöhnen. Später durften Angehörige unter strengen Auflagen zu Besuch kommen.
Konzerte und Briefe sorgen für Abwechslung in Pandemie-Zeiten
Die Mitarbeiter haben einiges auf die Beine gestellt, um für Abwechslung zu sorgen. Die Philharmoniker gaben ein Konzert im Hof, ein Leierkastenmann spielte Gassenhauer. Nachbarn brachten selbst bemalte Steine und Bilder. Schülerin Alina Thamm hat von dem Großenbaumer Seniorenzentrum auch deshalb erfahren, weil ihre Schwester hier auch musizierte „und das Haus sehr offen ist.“
Wer später welchen Brief erhält, ist gewissermaßen Zufall. „Wir verteilen sie auf den Wohnbereichen, und jeder bekommt einen“, erklärt Bieck, und freut sich über die nette Geste der Steinbart-Schüler.
Erna Klawing hat sich schon einen Gruß ausgeguckt. Fünftklässler Stellan hat ein Häschen gemalt und ein Gedicht dazu geschrieben: „Wer hoppelt da im grünen Gras? Mein Kind, das ist der Osterhas’. Flink versteckt er Ei um Ei, und auch für dich ist eins dabei.“ Erna Klawing lächelt. „Wir haben ja auch ein paar Bewohner, die nicht mehr so gut sehen können. Die bekommen die Grüße dann vorgelesen“, hofft sie. In der Osterwoche werden jedenfalls auch in den Wohnbereichen Ostereier gefärbt. Den Hasen-Brief will sie sich im Zimmer aufhängen: „Das ist ganz toll, dass die Schüler an uns gedacht haben.“ Und die Schüler geben den Senioren die besten Wünsche mit auf den Weg: „Bleiben Sie gesund.“
>> IMPFUNGEN ERLEICHTERN DAS LEBEN IM SENIORENHEIM
- Mittlerweile dürfen die Bewohner des Sana-Seniorenzentrums wieder Besuch empfangen. „Rund 80 Prozent der Bewohner und Mitarbeiter sind geimpft. Das erleichtert vieles“, erklärt Einrichtungsleiter Rüdiger Bieck. Viele Angehörigen seien dennoch vorsichtig, hielten Abstand und kämen nicht mit der kompletten Familie zu Besuch.