Duisburg-Süd. Wer bei der Kommunalwahl Duisburg die Grünen wählte, wählte zum Teil eine andere Partei. So bewertet die Kommunalaufsicht den heimlichen Wechsel.

Wer bei der Kommunalwahl am 13. September sein Kreuzchen bei den Grünen für Benedikt Rommeler machte, wählte tatsächlich den CDU-Kandidaten Benedikt Rommeler: Denn das jüngste Mitglied der Bezirksvertretung Süd hatte vor der Wahl, aber nach Aufstellung der Kandidatenliste die Partei gewechselt. Öffentlich bekannt war bislang allerdings nur, dass er bei den Grünen ausgetreten war – nicht, dass er sich nahezu gleichzeitig einer anderen Partei anschloss.

Die Redaktion erreichen dazu Leserbriefe, in denen ein schwerer Vorwurf erhoben wird: Wahlbetrug. Wähler fühlen sich getäuscht: Obwohl Rommeler schon vor der Wahl die Grünen verließ und sich der CDU anschloss, wird weder sein Austritt aus der Partei noch sein Eintritt in die andere Partei öffentlich. Rommeler selbst, Grüne und CDU halten diese Tatsachen über das Datum der Kommunalwahl hinaus geheim.

Benedikt Rommeler und die Grünen einigen sich: Sein Mandat wird er nicht antreten

Im Mai 2019 tritt Benedikt Rommeler bei den Grünen ein. Kurze Zeit später wird der Schüler als Mitglied des Umweltausschusses einer der bis dahin jüngsten Mandatsträger, den Duisburg je hatte. 2020 geht die Karriere des politischen Senkrechtstarters weiter: Gerade mal ein Jahr nach seinem Parteieintritt nominieren ihn die Grünen als Kandidaten für die Kommunalwahl 2020. Auf Listenplatz vier geht er ins Rennen um einen der Sitze in der Bezirksvertretung Süd. Die Liste mit den Kandidaten reichen die Grünen nach eigenen Angaben am 26. Juni beim Wahlamt ein.

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Zur Wahl wird Benedikt Rommeler allerdings nicht mehr als Kandidat der Grünen antreten: Zum 20. Juli verlässt er die Partei. Aus dem Wahlkampf nimmt die Partei ihn daher raus, Plakate und Flyer werden ohne sein Gesicht gedruckt. Die Kandidatenliste können die Grünen zu diesem Zeitpunkt nicht mehr ändern. Rommeler und seine Ex-Partei einigen sich: Sollte er für die Grünen ein Mandat bekommen, wird er es nicht antreten. Einen vierten Platz für die Grünen würde dann der Kandidat auf Listenplatz fünf bekommen.

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Nach der Wahl kommt es zum Eklat: Rommeler sagt, er habe sich von den Grünen im Hinblick auf den Mandatsverzicht unter Druck gesetzt gefühlt; die Grünen sagen, er habe den Verzicht von sich aus angeboten; in jener WhatsApp-Nachricht, mit der er auch seinen Austritt verkündete. Keine zwei Wochen nach der Wahl kündigt er an, sein Mandat doch wahrnehmen zu wollen.

Sechs Wochen vor der Kommunalwahl tritt der Ex-Grüne Rommeler bei der CDU ein

Was zu diesem Zeitpunkt nur Rommeler und die CDU wissen: Seit August, sechs Wochen vor dem 13. September, ist der Ex-Grüne Mitglied bei den Christdemokraten. Seine ehemalige Partei weiß davon nach eigenen Angaben bis heute nur inoffiziell: „Den Eintritt in die CDU hat uns Herr Rommeler nicht zur Kenntnis gebracht“, sagt Ulrike Tadema, Sprecherin der Duisburger Grünen. „Über Umwege ist uns der Beitritt nach der Kommunalwahl am 13. September bekannt geworden.“

„Ich bin nicht Mitglied der Fraktion“, betont Benedikt Rommeler zwar. Aber Mitglied der CDU. Die so auch nach dem Austritt von Manfred Helten zweitstärkste Kraft in der Bezirksvertretung Süd ist: mit vier Sitzen, nach der SPD mit fünf Sitzen. Die Grünen kommen auf drei – bei der Kommunalwahl gewonnen hatten sie vier.

>> SO BEWERTET DIE KOMMUNALAUFSICHT DEN FALL

  • 6199 Menschen im Duisburger Süden haben bei der Kommunalwahl ihr Kreuz bei den Grünen gemacht. Ein Viertel dieser Stimmen entfiel rechnerisch auf Benedikt Rommeler – der nun aber für die CDU in der Bezirksvertretung Süd sitzt.
  • Dem Vorwurf des Wahlbetrugs widerspricht allerdings die Kommunalaufsicht bei der Bezirksregierung Düsseldorf: Ein Parteiwechsel müsse weder gegenüber dem Wahlvorstand noch gegenüber dem Wähler offengelegt werden. Auch gelte: „Die Mitgliedschaft – oder Nichtmitgliedschaft – in der Partei oder Gruppe ist weder im Rahmen der Prüfung der Wahlvorschläge durch den Wahlausschuss entscheidend noch ist sie gegenüber den Wählerinnen und Wählern auf dem Stimmzettel deutlich zu machen.“
  • Was eine Partei zum Zeitpunkt ihrer Wahlversammlung nicht weiß, könne laut Kommunalwahlgesetz NRW „nur bis zur Entscheidung über die Zulassung des Wahlvorschlags“ zu dessen Rücknahme führen. „Danach kann ein Wahlvorschlag nur noch im Falle des Versterbens oder des Verlustes der Wählbarkeit geändert werden.“ Die Einspruchsfristen seien „abgelaufen“.
  • Das Fazit der Kommunalaufsicht: „Es besteht derzeit keine Veranlassung, aufsichtlich die Gültigkeit der Wahl infrage zu stellen.“