Duisburg-Wedau. Millionen Liter Wasser sind von Samstag bis Montag aus der Sechs-Seen-Platte abgepumpt worden. Sie flossen in die Regattabahn. Das ist der Grund.
Dass Wasser gerade in Dürrezeiten ein knappes, kostbares Gut ist, erlebten am Wochenende und am Montag die Anrainer des Wambachsees. Die Stadt ließ durch das Technische Hilfswerk (THW) mehrere Millionen Liter Seewasser abpumpen, um den Pegel der Regattabahn anzuheben. Den Grund verrät die Stadt nur auf Anfrage der Redaktion: Weil der Wasserspiegel der Regattabahn zu niedrig war, war die für das kommende Wochenende anstehende U23-Ruder-Europameisterschaft in Gefahr.
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Elf THW-Ortsverbände aus ganz Nordrhein-Westfalen waren zwischen Samstag und Montag mit schwerem Gerät zum Wambachsee gekommen, um Wasser in den Dickelsbach einzuleiten, der über einen Kanal die Regattabahn speist. Mehrere blaue Lkw parken am Montag entlang des Ufers Im Wambachgrund, außerdem haben die Einsatzkräfte Zelte für Verpflegung und Organisation aufgestellt. Fünf Landpumpen fördern das Seewasser durch lange Rohre in den Dickelsbach, den die THW-Leute an dessen Abzweigung aufgestaut haben, damit kein Wasser durch das ohnehin seit sechs Wochen trocken liegende Bachbett entweicht.
Wasserpumpen des THW pumpen pro Minute 35.000 Liter aus der Sechs-Seen-Platte
Fassungslos schaut Peter Poelzig auf den See hinaus. Er lebt am Marienburger Ufer und blickt nun von der gegenüberliegenden Seite auf sein Haus. Auf dem Kiesgrund vor ihm hat sich die Wasserlinie etwa drei Meter zurückgezogen. „Wir wurden über die Aktion nicht informiert, das THW hat in einer Nacht- und Nebel-Aktion seine Pumpen aufgebaut“, sagt er.„Das ist eine ökologische Katastrophe. Die Seen sind zwar alle miteinander verbunden, aber so schnell fließt das Wasser nicht nach.“ Im Einspeisungsbereich des Dickelsbachs habe er bereits einen toten Aal treiben sehen.
An einer Mauer auf dem Grundstück seines Nachbarn hat Poelzig mit dem Zollstock nachgemessen, wie weit der Algenbefall nun aus dem Wasser ragt. Er schätzt, dass der Pegel innerhalb von drei Tagen um mehr als 30 Zentimeter gefallen ist. Der Nachbar hat vorsorglich seinen als Ponton schwimmenden Steg abgebaut, da dieser abzubrechen drohte. Tatsächlich dürften in drei Tagen mehr als 50 Millionen Liter Wasser aus dem See gepumpt worden sein. Aus THW-Kreisen ist zu vernehmen, dass die eingesetzten Pumpen etwa 35 000 Liter pro Minute fördern. Die Geräte liefen am Sonntag und Montag jeweils zehn Stunden, am Samstag etwas weniger.
Grund fürs Abpumpen: Wasserpegels der Regattabahn für die U23-Ruder-EM zu niedrig
Die Stadtverwaltung hält sich auf Nachfrage äußerst bedeckt. Die Maßnahme sei mit den Forstbetrieben des Umweltamts, den Wirtschaftsbetrieben und der Unteren Wasserbehörde der Stadt abgestimmt, heißt es in einer äußerst knappen Pressemitteilung vom Freitagnachmittag. Warum die Anwohner nicht vorher informiert wurden, verrät Stadtsprecher Malte Werning nicht. Die Pump-Aktion diene der U23-Europameisterschaft im Rudern, die am kommenden Wochenende auf der Regattabahn stattfindet: Der Pegel hätte sieben Zentimeter unter der vorgeschriebenen Wettkampfhöhe des Wassers gelegen. Wie viel Wasser genau aus dem Wambachsee gepumpt wurde, um das auszugleichen, sagt Werning nicht.
Keine Angaben macht der Stadtsprecher nach Rücksprache mit den Fachbereichen zu Auswirkungen auf die Natur. Während die Duisburger Förster vor absterbenden Bäumen aufgrund der Trockenheit warnen, gibt die Stadt keine Aussage darüber ab, wie sich der Entzug des Wassers auf die Bäume am Ufer des Sees auswirkt. Selbiges gilt für die Auswirkungen auf die Tiere im und am Wasser.
Wie der Wambachsee wieder befüllt werden soll und ob ein Absinken des Pegels von mehr als 30 Zentimetern beabsichtigt war, sagt Werning ebenfalls nicht. Auch zu den Kosten für die Aktion macht er keine Angaben, verspricht aber kurzfristig Antworten.
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- Das Landesumweltamt NRW warnt, dass die seit zwei Jahren andauernde Trockenheit sich nicht „kurz- oder mittelfristig ausgleichen“ lasse. Die Dürre hat zu austrocknenden Gewässern, regional unterschiedlich stark absterbenden Waldbeständen und Ertragseinbußen für Landwirte geführt.
- Im Jahresbericht 2019 steht, dass die Niederschlagsmenge schon im 11. Jahr in Folge unterhalb des langjährigen Durchschnitts liegt. Laut Landesumweltamt ist der Trend aus klimatologischer Sicht eindeutig. Daher gebe es wenig Hoffnung, dass sich diese Situation bald ändert
- Die Böden sind zu trocken. Für die obersten Bodenschichten bis 25 Zentimeter gilt das fast überall in Nordrhein-Westfalen. Besonders ausgeprägt sind die Defizite in der Schicht bis zu 1,80 Meter – was wichtig für die Baumwurzeln ist.