Duisburg-Süd. Der Hauptausschuss Duisburger Karneval glaubt, dass Karneval unter Auflagen stattfinden kann. Die Vereine im Süden äußern massive Bedenken.

Der Hauptausschuss Duisburger Karneval glaubt, dass man Karneval unter Corona-Auflagen feiern kann, trotz der Empfehlung von Gesundheitsminister Spahn, die Session 2020/21 abzusagen. Doch die großen Vereine im Duisburger Süden äußern Bedenken.

Patricia Kerst, Geschäftsführerin vom H auptausschuss Duisburger Karneval, ist sauer auf Jens Spahn. Der Gesundheitsminister hat am Dienstag empfohlen, den diesjährigen Karneval abzusagen. „Dann müsste alles abgesagt werden. Weihnachtsmärkte, Konzerte, große Familienfeiern“, sagt Kerst. Im übrigen meint die Karnevalistin: „So eine Empfehlung von Herr Spahn hilft keinem. Es muss endlich mal jemand eine Entscheidung treffen. Und das liegt gar nicht in seinem Zuständigkeitsbereich. Also sollte er den Mund halten.“

Duisburger Karnevalistin: „Hinter der Maske läuft die Schminke runter. Das macht doch keinen Spaß“

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Kerst ist davon überzeugt, dass Karneval unter Corona-Auflagen stattfinden kann: „Wir haben gute Konzepte erarbeitet“. Sie denkt zum Beispiel an Livestreams. Im Saal feiert nur eine gewisse Anzahl von Menschen, mit dem nötigen Abstand. Das Programm wird nach draußen, in die Wohnzimmer übertragen. Kerst ist überzeugt: „Die Leute wollen feiern, sie wollen mal für zwei, drei Stunden den Alltag vergessen“.

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Marion Lorse vom Vorstand der KG Duisburger Musketiere sieht das anders: „Ich halte das für sehr gefährlich. Es ist einfach nicht berechenbar, erst recht, wenn Alkohol im Spiel ist“. Sie fragt: „Wer will denn da die Verantwortung übernehmen?“ Karneval mit Mund-Nasen-Schutz kann sie sich sowieso nicht vorstellen: „Das macht doch keinen Spaß. Sie dürfen nicht singen, Sie dürfen nicht schunkeln. Und hinter der Maske läuft die Schminke runter“.

KG Südstern: „Wir wollen nicht riskieren, dass Serm zum Hotspot 2021 wird“

Die Frage sei, ob unter diesen Bedingungen überhaupt jemand feiern möchte. Marion Lorse hofft auf eine zeitnahe Entscheidung. „Bei einer offiziellen Absage wären wir aus dem Schneider. Dann kämen wir aus den Verträgen mit den Künstlern raus.“

Bernd Baumann, Präsident der KG Südstern aus der Karnevalshochburg Serm, sagt: „Wir befürchten, dass Jens Spahn mit seiner Einschätzung recht hat“. Es sei zu gefährlich. „Wir wollen nicht riskieren, dass Serm zum Hotspot 2021 wird“, denkt Baumann an Heinsberg, wo sich zig Menschen auf einer Karnevalssitzung infiziert hatten.

Zug in Serm: „Wie sollen wir das kontrollieren am Straßenrand?“

Außerdem glaubt er, dass unter Corona-Auflagen sowieso keine rechte Stimmung aufkommen wird. „Mit einer Live-Übertragung haben Sie noch keine Stimmung im Zelt. Das ist für uns keine Option“. Und der Sermer ergänzt: „Wir haben von Anfang an gesagt: Ganz oder gar nicht. Karneval hat immer was mit Bützen und Drücken zu tun. Das ist ja alles nicht möglich.“

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Der Zug am Karnevalssonntag durch Serm, der schon in diesem Jahr wegen des Unwetters abgesagt werden musste, soll zwar bei der Stadt beantragt werden. Dass er tatsächlich stattfindet, hält Baumann für unwahrscheinlich: „Wie sollen wir das kontrollieren am Straßenrand?“ Skeptisch ist er auch, was die Veranstaltungen im Zelt betrifft. Um die Corona-Abstände einzuhalten, könnte man nur ein Viertel der Karten verkaufen: „Das wäre finanziell ein Desaster“. Mit einer zeitnahen offiziellen Absage könnte der Verein besser leben.

Hoppeditz-Erwachen an frischer Luft wäre vielleicht möglich

Beim Bordfest der KG „Alle Mann an Bord
Beim Bordfest der KG „Alle Mann an Bord" im Februar wurde noch ausgelassen gefeiert. So wird es in der kommenden Session nicht mehr sein. © FUNKE Foto Services | Andreas Hofmann

„In der momentanen Situation wäre es richtig, bis 31. Dezember abzusagen. Danach sollte man je nach Lage neu entscheiden“, meint Thomas Erlacher von der KG „Alle Mann an Bord“. Derzeit ist er dafür, die Saalveranstaltungen zu kippen. „So leid es mir für die Künstler tun würde“. Veranstaltungen an der frischen Luft, etwa das Hoppeditz-Erwachen, könnte man seiner Meinung nach mit den nötigen Corona-Bestimmung durchführen.

Ehrenpräsident Wilfried Schmitz tut es besonders leid, weil „Alle Mann an Bord“ diesmal das närrische 66. Jubiläum feiert. „Aber der Spahn hat schon recht“, sagt er. „Zumal wir ja immer im Mannesmann-Gymnasium feiern, wo am nächsten Tag wieder die Schüler sind. Das geht einfach nicht“.

Die Stadt Duisburg will sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht äußern: „Eine qualifizierte Beurteilung der Situation im Winter ist noch gar nicht möglich“, sagt Stadtsprecher Maximilian Böttner.

>> FÜR VEREINE STEHT DIE EXISTENZ AUF DEM SPIEL

  • Kritiker ärgern sich, dass Gesundheitsminister Spahn die Absage der Session bereits im August thematisiert. Andererseits betonen alle angesprochenen Duisburger Karnevalsvereine, dass sie eine verbindliche und frühzeitige Regelung begrüßen würden.
  • Nicht zuletzt steht für etliche Vereine viel Geld, ja sogar die Existenz auf dem Spiel. Denn die Künstler für die Veranstaltungen sind längst gebucht. Nur bei einer offiziellen Absage kämen sie aus den Verträgen heraus, ohne Entschädigungen zahlen zu müssen.