Duisburg-Huckingen. Gegen Duisburgs schlechten Ruf singt Philipp Eisenblätter mit dem Duisburg-Lied an. Und sagt doch: „Eine Schönheit wird Duisburg niemals sein.“

Mit dem Wort Lokalpatriot tut sich Philipp Eisenblätter schwer. Dabei hat wohl noch nie jemand eine Hymne auf Duisburg geschrieben, die mehr Liebeserklärung ist an diese Stadt als sein Duisburg-Lied. Schon vor drei Jahren floss ihm der Song aus der Feder. Jetzt erst ist er dazu gekommen, ein Video dazu zu drehen. Der Erfolg überwältigt ihn: Mehr als 200 000 Menschen haben sich sein Duisburg-Lied allein auf Facebook angehört. Das Geheimnis des Erfolgs: Vermutlich gerade die unverstellte, unverhüllte Zuneigung des Huckingers zu seiner Stadt. Zuneigung, die ohne Pathos oder Schönfärberei daherkommt.

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Eben ohne Schminke, wie Herbert Grönemeyer einst über Bochum sang. Eine Liebeserklärung, die nicht verklärt, und die gerade darum klarmacht: Hier steht jemand zu seiner Stadt, er liebt sie wegen ihrer Ecken und Kanten. Nicht trotzdem. Gerade die Ecken und Kanten sind es, die es dem Songwriter angetan haben. „Das Ungeschliffene, das Ungeschönte hat Charme“, findet er. „Es erzählt viel mehr eine Geschichte, hat viel mehr gelebt als etwas Hochglanz-Poliertes.“ Düsseldorf ist wohl nicht so seins? Er lächelt. „Nein.“

So besingt Philipp Eisenblätter seine Heimatstadt Duisburg

 

„Ich muss sagen, ich mag Dich schon sehr“

 

„Hand auf’s Herz, ich bin ein Duisburger – und mein Herz, das schlägt nun mal hier“

 

„Man hat es nicht immer gut mit Dir gemeint / Man sagt, Du seist hässlich und dreckig obendrein“

 

„Eine Schönheit, mit Verlaub: Die wirst Du wohl niemals sein“

 

„Ein Leben lang Duisburg, mein guter alter Kumpan.“

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Qualmende Schlote: „Das gehört hier zur Skyline“

Ruhrgebietsromantik gibt’s natürlich auch im Video: Qualmende Schlote vor Sonnenuntergang, viel mehr Klischee geht nicht. Der Songwriter kontert: „Das gehört zur Skyline, so sieht’s halt hier aus.“ Und was kann diese Stadt, die auch heute noch eine Stadt der Schlote ist, schon dafür, dass sie Vorlage ist für ein Klischee? Es ist ein bisschen wie mit Original und Fälschung – aber Duisburg ist eben das Original; die Fälschung das Klischee.

Viel mehr Klischee geht nicht – aber Eisenblätter sagt: „Das gehört zur Skyline, so sieht’s in Duisburg halt aus.“
Viel mehr Klischee geht nicht – aber Eisenblätter sagt: „Das gehört zur Skyline, so sieht’s in Duisburg halt aus.“ © Hans Blossey/Archiv

Ein anderes Klischee macht Eisenblätter viel mehr zu schaffen. „Die Stadt ist in Verruf“, sagt er, und man spürt, dass es ihn ärgert und auch schmerzt. „Love Parade, Mafia-Morde, grau und dreckig, nicht lebenswert“ – das bekämen Duisburger zu hören, wenn sie anderswo erzählen, wo sie herkommen. Was manche Duisburger sogar über ihre eigene Stadt sagen. Der Ruf, der ruinierte, er haftet der Stadt an wie der Kohlenstaub dem Kumpel.

Eisenblätter singt gegen Duisburgs schlechten Ruf an

Philipp Eisenblätter singt gegen diesen Ruf an. Aber leise: Wenige Akkorde und wohlüberlegt getextete Worte genügen ihm. Worte, die klarmachen: Duisburg, das ist mehr als Schrotthäuser und Arbeitslosigkeit. Man sollte „dazu stehen, dass man hier lebt“, findet Eisenblätter. Er tut es. Spotify-Playlist: Songs über Duisburg

Mit der 903 ist er für das Video zum Duisburg-Lied durch die ganze Stadt gefahren, „von Mannesmann, Tor 2, bis Marxloh, Pollmanneck“. Ist mit seinem Kumpel samt Kamera, mit Gitarre und Hut losgezogen; am Stahlwerk vorbei und am Stadttheater, durch den Landschaftspark Nord und zum Kiosk um die Ecke. Zwei Monate lang haben sie gedreht an Orten, die herausragen, und an Orten, die alltäglich scheinen. Gedreht neben dem Beruf und immer auf der Suche nach etwas, das jeder spürt und das doch schwer zu fassen ist: „die Stimmung einfangen“, sagt der Sänger. Die Stimmung haben sie gefunden, neue Ecken auch: zum Beispiel das Rheinufer Neuenkamp mit seinem Blick auf Homberg.

Live klingt die Stimme des Sängers rauher und dunkler

Wer über ein Lied schreibt, der muss es gehört haben, nicht nur digital. Und so greift Philipp Eisenblätter in der Redaktion zur Gitarre, wippt mit dem Fuß und singt. Dunkler und rauher als im Video klingt seine Stimme, noch mehr nach Duisburg. „Duisburg-Lied“ hat er sein Werk genannt. Einen unprätentiöseren Song-Titel hätte er sich kaum ausdenken können, und damit passt er umso besser zu dieser Stadt. Einer Stadt, die nicht vorgibt, mehr zu sein, als sie ist; die Menschen nicht im Sturm erobert, sondern sich langsam in ihre Herzen schleicht, bis sie irgendwann feststellen: Sie ist drin, und vielleicht selber nicht wissen, warum eigentlich.

Auf Philipp Eisenblätter wirkt Duisburg schon sein Leben lang. Was mag er an Duisburg? „Es ist ein Lebensgefühl.“ Seine Stimme wird rauher, als er diese Zeilen singt: „Eine Schönheit, mit Verlaub / wirst Du wohl niemals sein.“

Es ist ein Kompliment.

<<< ERSTE CD, NEUES KONZERT

  • In den nächsten Wochen will Philipp Eisenblätter ins Studio gehen und seine erste CD aufnehmen. Sechs, sieben Songs sollen drauf. Erscheinen soll die EP Anfang November.
  • Auch ein Konzert steht an, allerdings erst im nächsten Jahr: Am 15. März ist der Sänger zum 2. Mal im Steinhof zu Gast. Beginn des Wohnzimmerkonzerts ist um 20 Uhr, Karten kosten 15 Euro, es gibt sie hier.