Duisburg-Großenbaum. . Ob Glasfenster oder Altar: In der Versöhnungskirche erinnert alles an den Stahl-Standort Ruhrgebiet. In Duisburg ist die Kirche einzigartig.

Sie ist Glaubensraum, Kirche gewordenes Ruhrgebietsdenkmal und auf eine Art die letzte ihrer Art, aber lassen Sie uns nicht vorgreifen. Die evangelische Versöhnungskirche steht seit dem Jahr 2015 unter Denkmalschutz. Sie wird also so bleiben, wie sie ist, und das ist: in Duisburg einzigartig.

Groß ist sie, das auch, dabei fällt das auf den ersten Blick gar nicht so auf, aber: „Wir müssen hier 25 Wohnungen à 100 Quadratmeter heizen, so groß ist der Raum“, sagt Wolfgang Beckmann, und er kennt sich aus mit seiner Kirche. Kein Wunder also, dass hier bis zu 685 Menschen rein passen – und gut so, denn zum Beispiel zu den Taizé-Gottesdiensten kommen regelmäßig mehrere hundert Gläubige.

„Duisburg war damals eine Stahl-Hochburg“

Auf der kohlenschwarzen Wand lodern die Buntglasfenster in Orange wie die Flammen im Hochofen.
Auf der kohlenschwarzen Wand lodern die Buntglasfenster in Orange wie die Flammen im Hochofen. © Zoltan Leskovar

Da wiegt auch der wuchtige Altar mit seinem immerhin 2,3 Tonnen Gewicht nicht zu schwer. Gewicht aus Granit, ebenso wie der Taufstein in der linken Ecke. Noch etwas haben sie gemeinsam, gemeinsam auch mit dem Kreuz, und diese Gemeinsamkeit ist eine der zentralen Aussagen der Kirche neben der namengebenden Versöhnung: Diese Gemeinsamkeit ist der Stahl. Genauer: Winkeleisen, wie sie in der Stahlindustrie für Hochhausbauten gefertigt wurden, „Duisburg war damals eine Stahlhochburg“, erinnert sich Beckmann. Heute erinnert die Kirche ihre Besucher noch immer an jene Hochzeit, drückt so ihre Verbundenheit mit dem Ruhrgebiet aus. Auf Winkeleisen sind Altar und Taufstein gebaut, aus Winkeleisen das Kreuz. Zu dieser stählernen Reminiszenz gesellt sich die kohlenschwarze Wand, auf der die Buntglasfenster in Orange lodern wie die Flammen im Hochofen.

Die jüngste evangelische Kirche in ganz Duisburg

Wolfgang Beckmann ist mit der Versöhnungskirche seit Jahrzehnten verbunden: Zur Einweihung 1965 hat er hier schon Posaune gespielt.
Wolfgang Beckmann ist mit der Versöhnungskirche seit Jahrzehnten verbunden: Zur Einweihung 1965 hat er hier schon Posaune gespielt. © Zoltan Leskovar

Beckmann kann sich nicht nur an die Zeiten der Stahlhochburg erinnern; er ist quasi einer der ersten Zeugen der Kirche: Noch vor ihrem Bau wurde er 1956 hier im Gemeindehaus konfirmiert, „bei der Einweihung der Kirche hab’ ich hier Posaune gespielt.“ Heute leitet er seit mehr als 40 Jahren den Posaunenchor – sein Presbyteramt hat er nach vier Jahrzehnten an Jüngere abgegeben.

Die Einweihung, sie war 1965. Es sind Monate nur, um die gerade diese Kirche, die Versöhnungskirche, die jüngste evangelische Kirche der Stadt ist, wie Beckmann sagt. „Nach dieser Kirche hat’s in Duisburg keine neue Kirche mehr gegeben.“

Wird es wohl auch nicht mehr.

Kirchen-Bau wurde mehr als doppelt so teuer wie geplant

Alle Glocken der Versöhnungskirche beziehen sich in ihren Inschriften auf das Motiv der Versöhnung.
Alle Glocken der Versöhnungskirche beziehen sich in ihren Inschriften auf das Motiv der Versöhnung. © Zoltan Leskovar

12 Uhr schlägt es in diesem Moment, buchstäblich, denn gerade jetzt beginnt die Glocke zu läuten – die Glocke, denn mittags ertönt nur eine. Vier Stück sind es insgesamt, die im freistehenden Kirchturm mit seinen 26 Metern Höhe schwingen, die mit ihren Bronzekörper zwischen 390 und 1106 Kilogramm zum Gebet rufen. Die Inschriften aller vier berufen sich auf die Versöhnung, nach der die Kirche heißt.

So sah es während aus, als die Versöhnungskirche noch eine Baustelle war.
So sah es während aus, als die Versöhnungskirche noch eine Baustelle war. © Evangelische Gemeinde Großenbaum

Fast 17 000 D-Mark haben die Glocken gekostet, damals. Der Bau der ganzen Kirche war, natürlich, noch viel teurer, und ein Beispiel dafür, dass schon damals Baukosten nicht unbedingt so bleiben mussten wie kalkuliert: Mit 750 000 DM rechnete die Gemeinde ursprünglich. Am Ende wurden daraus 1,7 Millionen DM.

<<< KIRCHENGESCHICHTE(N): DIE SERIE

  • Kirchen haben Geschichte und Geschichten zu erzählen: von den Menschen, die sie schufen und beleben, und von ihrer oft bewegten Vergangenheit.
  • In der Serie „Kirchengeschichte(n)“ stellen wir die Kirchen des Duisburger Südens vor. In Wort und Bild portraitieren wir die Bauwerke.