Duisburg. Ein Bodenschutzgebiet von Kaßlerfeld bis Huckingen soll Anbaubeschränkungen ermöglichen. Grund sind durch Giftstoffe belastete Böden.
Das erste Bodenschutzgebiet in NRW betrifft die Duisburger Bezirke Mitte und Süd: Es erstreckt sich von der Ruhr in Stadtmitte bis nach Hüttenheim, Huckingen und Großenbaum im Süden. Das hat Auswirkungen auf private Hausgärten ebenso wie auf Kleingartenanlagen: In drei Teilbereichen regelt es, inwieweit dort künftig noch Gemüseanbau zulässig ist. Bevor das Bodenschutzgebiet rechtskräftig wird, liegt der Plan aktuell öffentlich aus.
Das Bodenschutzgebiet unterteilt sich in drei Kategorien. Kategorie 1 ist der am stärksten betroffene Bereich in Hüttenheim-Nord und Wanheim, wo die Klein- und Hausgärten saniert werden müssen. In jedem vierten Garten dort ist ein Bodenaustausch erforderlich. In einem Garten in Wanheim wurden Bleigehalte im Boden von 902 bzw. 913 Milligramm pro Kilogramm gemessen.
Nach dem Bodenaustausch können Kinder wieder gefahrlos spielen
Ab einem Wert von 400 muss gehandelt werden. Die Cadmiumbelastung beläuft sich auf bis zu 20 Milligramm pro Kilogramm. Schon ein Wert von 5,5 Milligramm stellt die höchste Gefahrenstufe dar. Und es gibt Gärten mit noch höherer Belastung. Die genauen Zahlen hat die Stadt nie veröffentlicht. In so hoch belasteten Gebieten kann nach dem Austausch der Böden wieder sorglos Gemüse angebaut werden, Kleinkinder können wieder gefahrlos spielen.
Kategorie 2 erstreckt sich von Neuenkamp und Kaßlerfeld über Hochfeld und Wanheimerort bis nach Buchholz, Huckingen-Nord und Hüttenheim. Hier ist Cadmium das Hauptproblem. In einigen Fällen muss hier auf den Gemüseanbau verzichtet werden. Eine Sanierung der Gärten ist nicht vorgesehen. Im Normalfall genügt es, wenn auf nicht mehr als zehn Quadratmetern Fläche Gemüse angebaut wird. Dann wird so wenig Cadmium mit den Pflanzen aufgenommen, dass keine gesundheitlichen Gefahren zu befürchten sind.
In Wanheim wird bereits saniert
Altstadt, Innenstadt, Neudorf, Duissern, Wedau, Bissingheim, Huckingen-Süd und Großenbaum liegen in Kategorie 3. Hier sind die niedrigeren Beobachtungswerte überschritten, Einschränkungen nicht nötig. Allerdings darf neu eingebrachter Boden eine festgesetzte Belastung nicht überschreiten.
Die drei stark betroffenen Anlagen in Kleingartenanlagen in Wanheim werden seit 2013 saniert. Parallel fanden Bodenuntersuchungen in über 400 privaten Hausgärten in Wanheim statt, 2014 außerdem in 130 weiteren in Hüttenheim. Ihre Sanierung ist für die Zeit von 2016 bis 2018 vorgesehen.
Auch außerhalb dieser beiden Ortsteile ist die Belastung aber noch zu hoch. Auch für sie schafft das Bodenschutzgebiet jetzt die Grundlage, Anbaubeschränkungen oder Empfehlungen zu auszusprechen.
Die Unterlagen zum Bodenschutzgebiet liegen bis zum 30. April aus, unter anderem im Bezirksamt Süd (Sittardsberger Allee 14, Raum 103). Online einsehbar sind sie unter dem Kurzlink http://bit.ly/1889OA0
Manche Giftstoffe gelangen über Gemüse in den menschlichen Körper
Eine schwere Panne an einer Filteranlage bei der Firma B.U.S in Wanheim bildete im März 1999 den Wendepunkt in der Umweltpolitik zum Schutz vor giftigen Stäuben in Duisburg. Was damals über Hüttenheim verweht wurde, war hoch mit Dioxinen belasteter Staub. Er war bei B.U.S verbotenerweise am Wälzrohrofen, in dem er normalerweise verbrannt wäre, vorbeigeleitet worden. Der Dioxin-Skandal zwang die Stadt zum Handeln: Auf Spielplätzen in der nähere Umgebung musste der Sand ausgetauscht werden.
Schon seit Anfang der 80er Jahre wusste man, dass die eigentliche Gefahr von regulär verbreiteten Stäuben ausging: von Blei, Cadmium, Arsen und Nickel darin. Als Hauptverursacher galt die frühere Berzelius-Zinkhütte in Wanheim, heute Standort des Containerumschlags von Logport 2 und des Audi-Logistikzentrums.
Dioxinbelastung vor 14 Jahren überprüft
Die Überprüfung der Dioxinbelastung ergab, dass auch in diesem Fall gehandelt werden musste. Deshalb wurden um das Jahr 2001 herum auf rund 30 Spielplätzen ebenfalls Sand und Böden ausgetauscht. 2002 erließ die Stadt Empfehlungen zum Anbau von Nutzpflanzen. So wurde Gartenfreunden geraten, auf großblättriges Gemüse zu verzichten, in dessen Poren sich die Stäube einlagern.
Dann vergingen etwa zehn Jahre, in denen die Stadt die Bodenbelastung erfasste. Auf weiteren 80 Spielplätzen war daraufhin der Sand auszutauschen. Diese Maßnahme galt aber nur dem Schutz von Kleinkindern, die alles in den Mund nehmen, so auch Erdreich und damit Blei aufnehmen. Cadmium dagegen gelangt über Gemüsepflanzen in den menschlichen Körper. Allerdings musste erst nach wissenschaftlichen Standards festgelegt werden, welches Gemüse in welcher Menge bei welcher Belastung gesundheitsschädlich ist.
Als das um 2010 feststand, konnte die Stadt an die nähere Untersuchung der am stärksten belasteten Flächen in Hüttenheim und Wanheim, in der Hauptwindrichtung von MHD aus, gehen.