Duisburg. Warum benoten Duisburger Kommunalpolitik und Verwaltungshandeln so negativ? Was müssen Verwaltung und Politik ändern? Die Parteien antworten.
Die schlechtesten Noten beim Stadtteil-Check haben die Teilnehmer aus Duisburg Kommunalpolitikern und Stadtverwaltung gegeben. Der Notendurchschnitt für deren „Einsatz für den Stadtteil“ (siehe Fragestellung und Grafik): eine magere Vier. Ausreichend. Wir haben die im Stadtrat in Fraktionsstärke vertretenen Parteien und die AfD kurz vor den Kommunalwahlen gefragt:
Warum benoten die Duisburger Teilnehmer Ihrer Ansicht nach Kommunalpolitik und Verwaltungshandeln im Vergleich besonders negativ? Was müssen Verwaltung und Politik anders machen?
Das sind die Antworten der Parteien und Wählerbündnisse, die der Opposition vorweg:
Die Grünen: „Mehr Offenheit für andere Sichtweisen und mehr Transparenz“
Die Grünen: „Zunächst muss wieder eine politische Debattenkultur hergestellt werden. Die Zeiten der Großen Koalition waren davon geprägt, dass die Beschlüsse getroffen wurden, ohne dass vorher eine inhaltliche Debatte dazu stattgefunden hat. Das führt oft zu dem Gefühl, dass die wichtigen Entscheidungen bereits im Hinterzimmer getroffen wurden. Hier braucht es wieder mehr Offenheit für andere Sichtweisen und mehr Transparenz im Verfahren.
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Auch die Beteiligungsmöglichkeiten vor Ort müssen wieder intensiviert werden. Beispielsweise ist das Megaprojekt Sechs-Seen-Wedau damals seitens der Stadtverwaltung ohne jegliche Bürgerbeteiligung gestartet. Erst nach der berechtigten öffentlichen Kritik daran, wurde ein Verfahren hinterhergeschoben. Das sind grobe Versäumnisse für eine frühzeitige Beteiligung, die endlich der Vergangenheit angehören müssen.“
Die Linke: „Anregungen ignoriert und Diskussionen vermieden“
Die Linke: „Verwaltung und Politik müssen lernen, näher an den Bürger*innen zu sein. Direkte Gespräche mit Bürgervereinen, Verbänden etc. müssen ausgeweitet werden. Diese Kontakte sind allerdings nur sinnvoll, wenn die Anregungen auch umgesetzt werden. Auch in Stadtteilen wie Hochfeld und Marxloh gibt es engagierte Bürger*innen und Initiativen, die zur Entwicklung in ihren Stadtteilen viel zu sagen hätten.
In Duisburg ist es leider so, dass Verwaltung und SPD/CDU oft alleine ohne Bürgerbeteiligung Beschlüsse fassen. Die Anregungen der Bürger*innen werden ignoriert und die Diskussionen im Rat werden oft vermieden. Das sorgt für Politikverdruss und einen Vertrauensverlust in Verwaltung und Politik. Duisburg braucht eine verbindliche Bürgerbeteiligung, bei der festgelegt wird, dass die Verwaltung und SPD/CDU die Bürgeranregungen nicht ignorieren können.“
AfD: „Gefühl des Alleingelassenwerdens, Höchstsätze bei Abgaben und Steuern“
AfD: „Die Duisburger fangen an, die Realitäten wahrzunehmen. Dies belegt auch das aktuelle IfW-Städteranking NRW mit Platz 392 von 396. Wer in den letzten Monaten versucht hat, einen Ausweis zu beantragen oder ein Auto anzumelden, hat ganz spezielle Erfahrungen gemacht. Betroffene berichten von Zusammenbrüchen des Online-Anmeldesystems, langen Terminvorläufen und Schwierigkeiten, Termine telefonisch zu erhalten.
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Zusätzliche Hürden bei kommunalen Dienstleistungen sind jedoch nur die Spitze des Eisbergs. Jahrelange Negativtrends im konkreten Lebensumfeld, insbesondere bei der öffentlichen Sicherheit, ein Gefühl des Alleingelassenwerdens, gleichzeitig Höchstsätze bei Abgaben und Steuern – nur eine Trendumkehr kann hier letztlich eine höhere Zufriedenheit schaffen.“
FDP: „Häufig fehlt es nicht am Geld, sondern an Gestaltungswille und Kreativität“
FDP: „Leider scheinen die Große Koalition und der Oberbürgermeister nicht das Vertrauen der Bürger gewonnen zu haben. Ein Grund dafür könnte sein, dass sie häufig den Eindruck erwecken, stur vor sich hin zu arbeiten, ohne sich an den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger orientieren. Für Oppositionsparteien gibt es gar keine Gelegenheit, das Vertrauen der Bürger zu gewinnen, da deren Vorschläge in Rat und in den Ausschüssen nicht einmal diskutiert werden.
Die Große Koalition erweckt häufig den Eindruck, dass die fehlenden finanziellen Mittel der Stadt Duisburg der Grund dafür sind, dass viele Projekte nicht angegangen werden. Bei klügeren oder früheren finanziellen Entscheidungen in der Vergangenheit hätte die Stadt viele Millionen einsparen oder einnehmen können. Häufig fehlt es nicht am Geld, sondern an Gestaltungswille und Kreativität.“
JUDU: Politik und Verwaltung müssen Bürger besser informieren und beteiligen
Junges Duisburg (JUDU): „Grundsätzlich müssen Politik und Verwaltung Bürgerinnen und Bürger besser informieren. Vieles wird immer noch in Sitzungsräumen oder Hinterzimmern besprochen. Das muss sich ändern – zum Beispiel durch Einführung eines Live-Streams. Den hat Junges Duisburg (JUDU) auch schon mehrfach beantragt.
Wichtig ist aber nicht nur Information, sondern auch Partizipation: Bürgerinnen und Bürger müssen zum Mitdiskutieren und -machen eingeladen werden. Das muss zukünftig stärker auch auf digitale Beteiligungsformate hinauslaufen. Zum Runden Tisch am Morgen können Berufstätige beispielsweise nicht kommen, zum abendlichen Live-Chat hingegen schon! Dabei geht es um echte Beteiligung: JUDU hat deshalb schon vor Jahren ein Bürgerbudget vorgeschlagen – ein Budget also, über das Bürgerinnen und Bürger direkt abstimmen und so Projekte priorisieren können.“
BL: „Seit Jahrzehnten festgefahrene Strukturen“
Bürger-Liberale (BL): „Zur Politik: Die seit Jahrzehnten festgefahrenen Strukturen lassen eine positive Erneuerung kaum zu. Bei dem, was man über Jahrzehnte selber angerichtet hat, fordert man dann kurz vor den Wahlen Verbesserungen. Das merkt mittlerweile auch der mündige Bürger und wertet es dementsprechend. Leider oft mit ,Nichtwahl’.
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Die negativen Veränderungen in immer mehr Stadtbezirken, das fehlende Sicherheitsgefühl, die ständigen wilden Müllkippen, die mangelnde Digitalisierung, die Erweiterung von Schulen durch die Aufstellung von Containern, das fehlende Personal in den Behörden, um nur einiges zu nennen, machen den Bürgern zu schaffen. Auch scheitern groß angekündigte Prestigeobjekte in (un)schöner Regelmäßigkeit, oftmals mit hohem Verlust an Steuergeldern.“
DAL: Mehr vor Ort mit Bürgern sprechen und zuhören
Duisburger Alternative Liste (DAL): „Wie in der Befragung zu sehen ist, gibt es ein Nord-Süd-Gefälle bei den Rückmeldungen. Bei den Stadtteilen, wo die Stadtführung mehr Zeit und Geld investiert, gibt es eine bessere Rückmeldung als in den Stadtteilen, wo minimale Investitionen erfolgen. Dies betrifft alle Lebensbereiche wie Straßenbau, Verkehrslenkung, bessere Kinderspielplätze, Achtung auf Sauberkeit und Ordnung in den Stadtteilen, soziale Wohnstruktur (gemischte Wohnbevölkerung), mehr Kitaplätze, bessere Schulversorgung.
Natürlich wird von Politik und Verwaltung auch in den ,Problemstadtteilen’ investiert, aber die Wirkung, dass etwas gemacht wird, erreicht nicht die Bevölkerung. Daher sollte Politik mehr vor Ort mit den Bürgern betrieben werden, mit den Bürgern gesprochen und zugehört werden als Politik aus den Rathäusern zu machen. Hier lautet das Zauberwort: Bürgernähe.“
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SPD: „Mehr Transparenz, Teilhabe und Bürgerservice sind wichtige Ansatzpunkte“
SPD: „Auffällig ist, dass diese Themen in allen Kommunen negativer bewertet werden. Mehr Transparenz, Teilhabe und Bürgerservice sind aus unserer Sicht wichtige Ansatzpunkte. Wir setzen uns zum Beispiel dafür ein, die Bürgerbeteiligung weiter auszubauen. Dazu haben wir uns als SPD für das Thema ,Jugendbotschaften’ stark gemacht. Dadurch werden junge Menschen noch intensiver in kommunalpolitische Abläufe eingebunden.
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Des Weiteren ist uns die aktive Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger in der Stadtentwicklung wichtig (z.B. Alter Güterbahnhof; 6-Seen-Wedau; Rheinpark Hochfeld). Den städtischen Bürger-Service wollen wir weiter verbessern. Mithilfe der Digitalisierung werden beispielsweise Angebote der Verwaltung in einem Bürger-Service-Konto gebündelt. Damit kann auch Verwaltungshandeln schneller, transparenter und einfacher nachvollzogen werden.“
CDU: „Bürger fühlen sich scheinbar nicht vertreten und allein gelassen“
CDU: „Wir sind der Meinung, dass Kommunalpolitik in Duisburg durchaus engagiert vor Ort handelt und ansprechbar ist, insbesondere unsere CDU-Vertreter. Nichtsdestotrotz darf man sich nicht bequem einrichten, sondern muss stets auf die Ansprüche der Bürgerinnen und Bürger eingehen. In Zeiten zunehmender Politik- und Politikerverdrossenheit ist dies umso wichtiger. Auffällig ist, dass insbesondere die Stadtteile mit hohem Migrantenanteil und schwacher Sozialstruktur in der negativen Bewertung stark vertreten sind. Die Bürger fühlen sich scheinbar von der Politik nicht vertreten und von der Verwaltung allein gelassen.
Wir möchten die Bürgerinnen und Bürger ermuntern, sich selbst aktiv an einer positiven Entwicklung der Stadt-(teil-)gemeinschaft zu beteiligen, gerne auch über die Mitgliedschaft in der CDU. Hier können Probleme diskutiert und gezielt politischer Einfluss genommen werden. Wir möchten dennoch bekunden, dass die Stadtverwaltung unter schwierigen Bedingungen mit beschränkten Finanzmitteln meistens einen guten Job macht.“ (Hinweis d. Red.: Stellungnahme wurde gekürzt.)
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