Duisburg. In diesem Teil unserer Serie über Wildtiere in der Stadt geht es um die arktischen Gänse, die den Winter am warmen Rhein verbracht haben. Rund 10.000 Tiere fanden hier reichlich Futter. Jetzt geht es zurück nach Nordskandinavien und Sibirien. Am Himmel kann man sie gelegentlich in V-Formation sehen.

Rund 10.000 arktische Gänse überwinterten allein in den Walsumer Rheinauen. Am gesamten Niederrhein waren es zwischen 150.000 und 180.000 Tiere, berichtet Christine Kowallik, Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Biologischen Station in Meiderich. Inzwischen hat ein Großteil der Vögel schon wieder die Flatter gemacht, der Rest wird in den kommenden Tagen in die arktische Heimat aufbrechen.

Ungewöhnlich früh war der Aufbruch der Gänse nicht. In der Regel machen sich die Tiere auf den Weg, sobald Schnee und Eis verschwunden sind und sie auf dem Weg zurück zu den Brutgebieten ausreichend Futter finden. Sollten sie unterwegs feststellen, dass sich Bereiche noch im tiefen Winterschlaf befinden, legen die Vögel auch Pausen ein – oder kehren gar zurück an die Aufbruchsstelle.

Im vergangenen Oktober landeten die ersten Tiere aus Nordskandinavien und Sibirien in Duisburg. Überwiegend halten sich die Überwinterungsgäste in den nördlichen Rheinauen auf. Dort finden sie immer saftiges Gras und der Rhein sorgt für verhältnismäßig milde Temperaturen. Bis zu 6000 Kilometer haben sie zurückgelegt, wenn sie hier ankommen.

Nahrung im Überfluss am Niederrhein

Überwiegend handelt es sich bei den hiesigen Gänsen um Bless- und Saatgänse. Blessgänse, die zu den Feldgänsen zählen, kommen aus ganz Russland, einschließlich Ostsibirien. Auch Saatgänse sind Feldgänse, die aber überwiegend aus dem hohen europäischen Norden stammen.

Beide Arten fressen vor allem Gräser und Kräuter, die Saatgans auch Wasserpflanzen. Alles finden sie in den Rheinauen im Überfluss, so lange die Flächen nicht dauerhaft unter Eis und Schnee verschwinden. Was am Niederrhein nur sehr selten vorkommt. Doch selbst dann entdecken die Tiere immer noch Freiflächen direkt am Wasser, wo durch Wellen oder gelegentliche Pegelanstiege – zum Beispiel durch Schmelzwasser oder nach Niederschlägen – flussaufwärts Flächen freigespült werden.

Die Wintergäste

Heimisch geworden sind arktische Gänse hierzulande nicht. Nur in Holland gibt es welche, vermutlich aus Gehegen ausgebüxte.

Bei Landwirten sind die Tiere nicht besonders beliebt, weil sie mitunter an der Wintersaat „naschen“. Christine Kowallik sieht darin kein großes Problem: Zum einen, weil die Vögel nur wenig fräßen; zum anderen, weil Bauern entschädigt würden.

Ein Schauspiel am Himmel

Saatgänse, die meistens früher ankommen als ihre sibirischen Verwandten, vergreifen sich mitunter auch an Resten, die auf den nahen Feldern auf der anderen Rheinseite übrig geblieben sind, wie Zuckerrüben und Mais – oder auch an der Wintersaat. Auch Graugänse sind in den Rheinauen anzutreffen. Sie stammen überwiegend aus Mitteleuropa und Skandinavien.

„Die Mehrzahl der Vögel ist jetzt bereits auf dem Rückflug“, berichtet Christine Kowallik. Blessgänse wurden bei der jüngsten Zählung vor wenigen Tagen schon nicht mehr gesichtet. Wenn die Tiere sich aufschwingen, „ziehen viele zusammen los. Das ist ein echtes Schauspiel“, erklärt die Expertin.