Duisburg-Marxloh. . Die Diskussion um die Rotlicht-Pläne hat Spuren hinterlassen: „Was für ein Bild hat die Stadt von den Menschen, die hier wohnen“, fragte einer der zahlreichen Podiums-Sprecher in die Runde und erntete tosenden Applaus.

Was Farbkleckse doch für Wirkungen entfalten können! Ein grüner Farbklecks brachte am Donnerstagabend rund 500 (bei 450 hörte der Veranstalter auf zu zählen) Menschen auf und an die Marxloher Piazza.

Im Entwurf des neuen städtischen Vergnügungsstättenkonzepts ist die Kaiser-Wilhelm-Straße grün schraffiert. Was für die Marxloher kein Beinbruch gewesen wäre – wenn da nicht die Bordell-Meile Vulkanstraße in Hochfeld wäre, die als einzige Straße stadtweit ebenfalls grün schraffiert war.

Nachdem, jedenfalls, die Bezirksvertretung Bedenken äußerte, es könne in Marxloh eine zweite Vulkanstraße entstehen, und nachdem diese Zeitung das Thema an die Öffentlichkeit brachte, brodelte es heftig im Norden. Resultat: Die angeblich niemals geplanten Bordelle wird es nicht geben, auch keine bordellähnlichen Betriebe wie Swinger-Clubs, Table-Dance Bars, Pornokinos und Strip-Kabinen: Die Stadt lenkte zähneknirschend ein und gab fernmündlich bekannt, dass die Marxloher Fußgängerzone definitiv keine zweite Vulkanstraße wird.

Was die Menschen an der Piazza freute, die der Einladung von Ideenwerkstatt und EG DU gefolgt waren. Der Frust über den Plan der Kommune saß bei den Bürgern jedoch tief. „Was für ein Bild hat die Stadt von den Menschen, die hier wohnen“, fragte einer der zahlreichen Podiums-Sprecher in die Runde und erntete tosenden Applaus. „Schade“, sagte Moderator Claus Krönke von der Ideenwerkstatt, „dass von der Stadt neimand da ist, um uns allen diese Frage zu beantworten.“

Zumal die Vertreter der politischen Parteien – seien es CDU, SPD oder Grüne – sowas von ge- und entschlossen gegen die aktuelle Version des Vergnügunststätten-Konzepts waren, dass es fast schon ein wenig langweilig war.

Je länger die Veranstaltung dauerte, desto klarer wurde ohnehin, dass es an diesem Abend weniger eine Informationsveranstaltung war – wie eigentlich gedacht –, sondern vielmehr ein Demonstration innerstädtischer Solidarität.

Allgemeine Übereinstimmung

Deutsche Nachbarn standen an der Piazza gemeinsam mit Migrantengruppen aus der Türkei, Albanien, Griechenland, Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Italien, Russen waren da und Kurden. Wahrlich, wenn jeder die Flagge seines Ursprungslandes dabei gehabt hätte, es wäre ein bunter Frühlingsabend geworden. Mit allgemeiner Übereinstimmung in Kernfragen: Politiker, Kirchen- oder Moscheevereins-Vertreter, Wissenschaftler und Bürger sprachen sich alle für eine konstruktive Entwicklung des Stadtteils aus.

Die attraktiven unter den vielen Marxloher Geschäften – seien es Brautmoden, Lebensmittel- oder Blumengeschäfte – sollten Vorreiter des „neuen“ Marxloh werden, und eben nicht Nachtclubs oder schmierige Spielhöllen.

Das Gefühl derjenigen, die an diesem Abend dabei waren, brachte der Bielefelder Soziologe Dr. Jörg Hüttermann, der zur Zeit Marxloh „erforscht“, auf den Punkt: „Was wir hier erleben? Die Geburt eines neuen Stadtteils.“