Duisburg-Meiderich. Bernard Dietz, Michael Bella und Dietmar Linders stehen für große Zeiten des MSV Duisburg. Ein Mann brachte sie zurück nach Meiderich.

Die Aula des Meidericher Max-Planck-Gymnasiums ist bei der Lesung gut gefüllt – und im Publikum sitzen prominente Zuhörer wie MSV-Legende Bernhard Dietz und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil. Autor Manfred Wiegandt ist von weit her angereist, um sein Buch „Dass wir aus Meiderich sind“ vorzustellen.

Denn der promovierte Jurist lebt seit Beginn der 90er Jahre in den USA, arbeitet im Bundesstaat Massachusetts als Anwalt für Einwanderungsrecht. Aber Wiegandt ist ein echter Meidericher Junge, wurde dort geboren, hat da seine Kindheit verbracht und auf dem „MPG“ sein Abitur gemacht.

Für seine Buchvorstellung in Duisburg ist Manfred Wiegandt aus den USA angereist

Bei der Reise über den großen Teich hat ihn seine amerikanische Ehefrau Amy begleitet. Beide sind oft in Deutschland, haben hier viele freundschaftliche Verbindungen. So sind nicht nur einige der früheren Mitschüler und Lehrer zur Buchvorstellung gekommen: Neben zahlreichen „alten“ Meiderichern sind auch etliche Freunde und Bekannte aus dem ganzen Bundesgebiet angereist.

Da bei den amüsanten Meiderich-Dönekes (natürlich) auch der MSV eine wichtige Rolle spielt, haben sich mit „Ennatz“ Dietz („Der beste Fußballer, der je beim MSV gespielt hat“), Michael Bella und Dietmar Linders auch drei MSV-Ikonen zu diesem Event eingefunden.

Autor Manfred Wiegandt liest aus seinem neuen Buch „Dass wir aus Meiderich sind“. Der Jurist lebt schon lange in den USA, ist aber in Duisburg aufgewachsen und im Herzen noch immer ein Meidericher Junge.
Autor Manfred Wiegandt liest aus seinem neuen Buch „Dass wir aus Meiderich sind“. Der Jurist lebt schon lange in den USA, ist aber in Duisburg aufgewachsen und im Herzen noch immer ein Meidericher Junge. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Dass auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil gekommen ist, wurde im Vorfeld aus Sicherheitsgründen verschwiegen. Er ließ es sich nicht nehmen, live bei der Buch-Präsentation seines Freundes aus Studienzeiten dabei zu sein. Beide hatten sich während des Jura-Studiums an der Universität Göttingen kennengelernt. Daraus entstand eine Freundschaft, die bis heute andauert.

Ministerpräsident Weil und Wiegandt haben sich während des Studiums kennengelernt

Wiegandt liest mit sichtlichem Vergnügen aus seinem gerade herausgegebenen Buch, stimmt auch den alten Fan-Song „Dass wir aus Meiderich sind, das weiß ein jedes Kind ...“ an, der seinem Buch den Titel gibt. Die Lesung dauert weit länger als ein Bundesliga-Spiel und endet erst nach einer beachtlichen „Nachspielzeit“.

Eigentlich kein Wunder, denn es gibt viel zu erzählen. Die Geschichten spiegeln nicht nur das Leben in den 1960er und 70er Jahren in dem von der Industrie geprägten Stadtteil Meiderich wider, denn so oder so ähnlich ist es wohl überall im Ruhrgebiet und auch woanders zugegangen.

Der 67-jährige Autor erzählt kleine Fußball-Geschichten, die fast jeder Junge damals erlebt hat. Der immer noch stark mit Meiderich verbundene Wiegandt schildert, dass vor den jeweiligen Bundesligaspielen am Samstag die Partien von ihm und seinen Freunden bereits vorab durchgespielt wurden. Er erinnert sich: „Der Bolzplatz war der einzige Ort auf der Welt, wo der MSV nie ein Spiel verloren hat.“

Die MSV-Spieler waren früher im Telefonbuch zu finden

Sein erstes Bundesligaspiel im Wedau-Stadion erlebte er als Zehnjähriger. Das Spiel gegen Eintracht Frankfurt ging 0:0 aus. Er kennt auch noch die Zeiten, als die Meidericher Kids sich die Adressen der MSV-Spieler aus dem Telefonbuch raussuchten, um sich bei ihren Lieblingsspielern die Autogramme direkt an der Haustür abzuholen: „Das waren ja in den ersten Jahren alles Meidericher Jungs.“

Der Autor Manfred Wiegandt präsentiert stolz sein neues Werk.
Der Autor Manfred Wiegandt präsentiert stolz sein neues Werk. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Unvergesslich geblieben sind Wiegandt auch das 6:3 im Jahrhundert-Spiel gegen Bayern München mit vier Toren von Bernard Dietz und aus jüngerer Zeit das Pokalendspiel in Berlin, das zwar mit 0:5 verloren wurde, aber bei dem die MSV-Fans mit ihren Gesängen („Der MSV hat so tolle Fans“) einen tiefen Eindruck hinterlassen haben. Zu diesem Spiel war der MSV-Fan extra aus den USA angereist.

Das Geld für sein erstes Auswärtsspiel musste sich der Autor im Haushalt verdienen

Die Fahrt zu seinem allerersten Auswärtsspiel musste sich der junge Manfred hart verdienen. Er hatte mit seinen Eltern einen Deal geschlossen. Für Tätigkeiten im Haushalt gab es zwischen 10 und 30 Pfennig. Dafür musste er Müll entsorgen, abtrocknen, einkaufen und auch andere Dinge erledigen, die seine Mutter entlasteten.

Natürlich verfolgt Manfred Wiegandt auch aus seiner amerikanischen Heimat die Spiele des MSV, oft am Live-Ticker. Zu der aktuellen Situation hat er eine klare Meinung: „Was im Moment passiert, ist wirklich schade. Wir haben ein bundesligareifes Stadion, eine tolle Fanszene. Ich glaube, dass im Moment alles eine reine Kopfsache ist. Die Mannschaft braucht einfach Erfolgserlebnisse, um wieder in die Spur zu kommen.“

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Breiten Raum nehmen auch die Erlebnisse aus der Schulzeit ein. Die Geschichten, die der erfolgreiche Jurist zu erzählen weiß, muten tatsächlich wie Szenen aus dem Film-Klassiker „Die Feuerzangenbowle“ an. Geschichten über Lehrer, die echte Originale waren. Da musste die Klasse zum Schwimmunterricht den Fußweg im Gleichschritt absolvieren, ein Vorhaben, das natürlich immer wieder scheiterte.

Auch die Motivationskünste eines Mathe-Lehrers sind Wiegandt in besonderer Erinnerung geblieben. Wer den hohen Ansprüchen des Pädagogen nicht entsprochen hat, bekam schon mal den Rat: „Was quälst du dich hier rum, werde doch Tankwart, ist auch ein schöner Beruf.“ Manfred Wiegandt ist nicht Tankwart geworden, hat seinen Weg gemacht. Trotz oder wegen der „guten Ratschläge“ seiner Lehrer.

Fazit: „Dass wir aus Meiderich sind“ ist keines der üblichen Fußballbücher, es ist ein liebenswerter Rückblick auf längst vergangene Zeiten. Es ist im Transmedia Publishing-Verlag erschienen (ISBN: 978-3-942961-32-5).