Duisburg. Drei Brüder und ihr Cousin übernehmen in Duisburg eine Filiale der Imbisskette „Burgerme“. Das sind ihre Pläne für eine erfolgreiche Zukunft.

Die Imbiss-Kette „Burgerme“ wollte von Meiderich aus ganz Duisburg erobern. Die stadtweit erste Filiale hatte der Franchise-Nehmer Murat Calisici auf der Einkaufsstraße im September 2021 eröffnet, direkt gegenüber der Pfarrkirche St. Michael. Nachdem er wegen einer schweren Nierenkrankheit aufgeben musste, haben inzwischen neue Chefs den Gastrobetrieb an der Von-der-Mark-Straße übernommen.

Vier Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien, drei Brüder und ihr Cousin, erfüllen sich jetzt als Gastronomen einen Traum und wollen im Duisburger Norden ordentlich durchstarten.

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„Wir wollten uns schon immer selbstständig machen“, sagt Ahmad Nteifeh, einer der vier neuen Geschäftsführer. Doch leichtfertig hat sich das Quartett nicht in dieses Gastroabenteuer gestürzt. Der 31-Jährige hat seinen Job in der Logistikbranche behalten, sein Bruder Faysal Ntafh (35) hat einen guten Job in einer Landesbehörde. Beide treten hauptsächlich als Investoren auf und unterstützen so den dritten Bruder Mohammad Nteifeh (34). Er kümmert sich zusammen mit Cousin Ali Hallak (28) hauptberuflich ums Tagesgeschäft.

Bürgerkriegsflüchtlinge übernehmen Duisburger Burgerme-Filiale und führen sie als Familienbetrieb

Leicht gemacht haben es sich die jungen Männer mit der Entscheidung, Franchise-Nehmer zu werden, nicht. Acht Monate haben sie überlegt, gerechnet und verhandelt, bevor sie im August die Burgerme-Filiale übernommen haben. „Wir gehen ein sehr großes Risiko ein“, sagt Faysal Ntafh und ergänzt entschieden: „Aber wir schaffen das.“ Denn die Meidericher Filiale führen sie als Familienbetrieb, und auch die Ehefrauen unterstützen diese Entscheidung.

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Die vier Chefs sind davon überzeugt, dass die Gastronomie eine krisensichere Branche ist – trotz steigender Kosten und einer Kundschaft, die immer mehr auf ihre Ausgaben achtet. „Natürlich gibt es jetzt viele Schwierigkeiten und große Herausforderungen, aber wir kämpfen für unseren Traum, und wir sehen die Chancen“, sagt Faysal Ntafh – und dabei hilft dem Wahlduisburger auch ein Blick in sein Heimatland. „Die Menschen in Syrien sind seit zwölf Jahren im Krieg, und sie gehen immer noch gerne essen.“

Ahmad Nteifeh (links) und die anderen Geschäftsführer leitet ein Team von derzeit gut 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Duisburg-Meiderich. Dazu gehört auch Marcel Johannig (rechts).
Ahmad Nteifeh (links) und die anderen Geschäftsführer leitet ein Team von derzeit gut 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Duisburg-Meiderich. Dazu gehört auch Marcel Johannig (rechts). © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Ansonsten redet der 35-Jährige aber nicht gerne und über seine Flucht, zu der er 2015 nach Europa aufbrach. Unterwegs glaubte er – so schilderte er es bereits vor ein paar Jahren gegenüber dieser Zeitung – im eiskalten, verregneten Slowenien zu erfrieren. Ein kleines Kind aus seiner Gruppe ist den Kältetod gestorben.

Acht Länder hat er durchquert, das Mittelmeer in einem Schlauchboot und in Griechenland mehrere Tage auf der Straße gelebt. In Deutschland kam er zunächst nach Frankfurt an der Oder, 2016 dann nach Oberhausen und konnte schließlich in Dortmund studieren. Seine Verwandten haben Ähnliches erlebt, jeder für sich. Eine gemeinsame Flucht vor dem Bürgerkrieg war den Vieren nicht möglich.

Burgerladen statt Schawarma-Grill? Das hat mehrere Gründe

Umso mehr freuen sie sich, jetzt gemeinsam ein Geschäft zu führen. Dass der Familienbetrieb eine Burgerschmiede geworden ist und kein Schawarma-Grill mit syrischen Leckereien hat allerdings gleich mehrere Gründe. In der Meidericher Einkaufsstraße und der näheren Umgebung gebe es bereits zu viele orientalische Imbissbuden. Hamburger dagegen seien sehr beliebt und die Marke Burgerme längst im Stadtnorden und in der Region etabliert. Zudem hat Ali Hallak bereits im Ruhrgebiet Erfahrung mit der Gastrokette gesammelt, und auch die Unterstützung durch die Münchener Unternehmenszentrale sei nicht zu unterschätzen.

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Dennoch hat der Inhaber der Schwesterfiliale in der Altstadt aufgeben, kurz nachdem die neuen Chefs in Mittelmeiderich übernommen hatten. „Das hat uns natürlich ein bisschen geschockt“, räumt Faysal Ntafh ein. „Aber wir sind von Meiderich und von unserem Liefergebiet überzeugt.“

Die Lieferfahrer sind neben Meiderich auch in Beeck, Ruhrort und Laar mit E-Bikes und Elektro-Rollern unterwegs – etwa vier Kilometer rund um die Filiale. Tatsächlich hat der Meidericher Standort vom Ende der Altstadt-Filiale sogar profitiert, weil erfahrene Mitarbeiter übernommen werden konnten. Das Team mit gut 20 Mitarbeitern soll noch wachsen und muss noch zusammenwachsen.

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Neue Kunden will das neue Team natürlich ebenfalls gewinnen und hat sich mit Kennenlernangeboten und Rabatten vorgestellt, von denen aber auch die Stammkundschaft profitierte. Ein Großteil isst nicht im Laden oder draußen auf der Einkaufsstraße, sondern lässt sich das Essen per Lieferfahrer nach Hause bringen. Das betrifft gut 90 Prozent der Bestellungen; so sieht es auch das Geschäftsmodell des Franchise-Unternehmens vor.

Die vier neuen Geschäftsführer nehmen bereits eine Expansion in den Blick

Seit der Übernahme im August – geschlossen wurde für den Betreiberwechsel nur einen Tag lang für eine Inventur – sind die vier Geschäftsführer mit ihrem Laden und den Umsätzen „zufrieden“, wie Ahmad Nteifeh betont. Sie alle blicken jetzt nach vorne, wollen „richtig Gas geben“ und wünschen sich bereits, in ein paar Jahren, eine weitere Burgerme-Filiale zu eröffnen. „Das ist unsere Zukunft, das ist jetzt unser neues Leben“, sagt Faysal Ntafh entschieden. Ohnehin fühlen sich die vier Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien in der deutschen Kultur längst nicht mehr fremd und im Ruhrgebiet sehr wohl, ergänzt Ahmad Nteifeh.

Sollte die Burgerme-Zentrale in München in Zukunft allerdings Falafelburger auf die Speisekarte setzen, wollen die vier Syrier natürlich mithelfen, dass er dann schmeckt wie in Damaskus.

>> Mehr als 140 Läden in Deutschland

● Dass die drei Brüder unterschiedliche Nachnamen haben (Nteifeh und Ntafh), liegt an europäischen Behörden. Sie haben denselben Namen in arabischer Schrift unterschiedlich in die lateinische Schrift übertragen.

● Burgerme hat nach eigenen Angaben derzeit mehr als 140 Läden in Deutschland. In Duisburg gibt es nur noch die Meidericher Filiale. Für die geschlossene in der Altstadt wird ein neuer Franchise-Nehmer gesucht.

● Den Großteil des Umsatzes macht Burgerme über Essenslieferungen, die über die Webseite www.burgerme.de, die gleichnamige kostenlose App oder über die Kooperationspartner Lieferando und Uber Eats bestellt werden können.

● Geliefert wird mit eigenen Fahrern, die per Elektrorad oder Elektroroller unterwegs sind. Die Kunden bekommen eine Liefergarantie, dass die Bestellung innerhalb von 25 Minuten an der Haustür ist.