Walsum. Tränen, Wut und Enttäuschung: Die Katholiken nehmen Abschied von ihrer Kirche St. Elisabeth in Duisburg-Walsum. Wie es vor Ort weiter geht.
Mit viel Gesang und noch mehr Tränen feierten die katholischen Christen in Walsum Abschied von ihrer Filialkirche St. Elisabeth, die noch einmal voll war. Die letzte Messe, in der das 95 Jahre alte Gotteshaus feierlich außer Dienst gestellt und entweiht wurde, war kein leichter Gang für viele Gläubige. Gemischte Gefühle kamen in den Stellungnahmen engagierter Gemeindeglieder zum Ausdruck. „Dieses alte Haus, von außen keine Schönheit, wo wir nicht immer verstanden wurden, aber doch immer eine Heimat hatten“, hieß es im Verlauf der Messe.
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Von Trauer, Enttäuschung und Wut war die Rede. Auch Weihbischof Rolf Lohmann vom Bistum Münster ließ in seiner Predigt an der bedrängten Lage der katholischen Kirche keinen Zweifel. „Eine halbe Million Mitglieder haben im vergangenen Jahr die Kirche verlassen, das Bistum Münster hat in diesem Jahr schon dreißigtausend Austritte verzeichnet“, sagte er. Den düsteren Zukunftsprognosen stellte er die Handlungsbereitschaft des Kirchenvorstandes der Pfarrei St. Dionysius gegenüber. „Sie gehen einen reflektierten Weg und haben beschlossen, selbst zu handeln und sich das nicht von anderen sagen zu lassen“, betonte Lohmann. Das kann man auch als Anspielung auf den Pfarrei-Entwicklungsplan des finanziell schlechter ausgestatteten Bistums Essen verstehen, der viele Pfarreien von oben her in Zugzwang setzte, Kirchen zu schließen.
Gemeinde in Duisburg-Walsum hat selbst über Schließung bestimmt – traurig macht es sie trotzdem
Für Lohmann war das erst der zweite Profanisierungsgottesdienst, aber weitere werden folgen. Pfarrer Werner Knoor dankte dem Kirchenvorstand und allen ehrenamtlich Engagierten. „Wir können die schweren Entscheidungen nicht auf die nächste Generation abwälzen, wie das in vielen Gemeinden gehandhabt wird“, sagte er. Beim oft gesungenen Lied der Kirchenpatronin Elisabeth von Thüringen und beim Auszugslied „Von guten Mächten wunderbar geborgen“ des evangelischen Theologen Dietrich Bonhoeffer wurde es endgültig eng in vielen Kehlen.
Beim Profanisierungsritus wurde der Altar abgeräumt, die Tücher gefaltet, die Türen des leeren Tabernakels, in dem bisher die Hostien für das Abendmahl bereit lagen blieben offen stehen. Beim feierlichen Auszug aus dem schlichten, weißen Kirchraum mit der eher sachlichen Ausstrahlung begleitete die brennende Osterkerze als Symbol für Jesu Auferstehung die Menschen aus der Kirche hinüber ins Pfarrheim, wo ab nächsten Sonntag die Gottesdienste gefeiert werden.
Versammlungsstätten sollen an allen Kirchorten der Pfarrei erhalten bleiben
Pfarrer Knoor war bei allen Beschlüssen wichtig, dass die Versammlungsstätten an allen Kirchorten der Pfarrei für die Gemeindeteile trotz der anstehenden Kirchenschließungen erhalten bleiben. Petra Völker, die selber eigentlich gar keine regelmäßige Kirchgängerin war, muss sich beim ersten Kaffee im Pfarrheim die Tränen trocknen. „Das geht schon an die Nieren, wenn man nicht mehr dahin zurückkann, wo man Heirat, Taufen, Goldene Hochzeit, Erstkommunion der Enkel und auch so manche Beerdigung erlebt hat“, sagt sie. Peter Thomas, der auch in Gemeindegremien aktiv mitgearbeitet hat und als Küster Dienst tat, sieht zwar die Notwendigkeit des Vorstandsbeschlusses zur Schließung vom 8. Juni 2022 ein, ist aber trotzdem mitgenommen vom Verlust. „Das ging schon ans Herz, aber wir sind trotzdem froh, dass die Kirche wenigstens erhalten bleibt und nicht abgerissen wird“, sagt er tapfer.
Eine Gottesdienstbesucherin aus einem anderen Gemeindeteil wurde bei der Verabschiedung so sehr an die Beerdigungsfeiern ihrer Eltern in St. Elisabeth vor etlichen Jahren erinnert, dass sie viel stärker bewegt war, als sie vorher vermutet hatte. „Das war jetzt auch irgendwie eine Vollendung!“ sagte sie unter Tränen.
In der Kirche werden künftig junge Pflegebedürftige wohnen
Thomas Groß, der Vorstandsvorsitzende des Heimstatt St. Barbara e.V. und der Walsumer Unternehmer Thomas Buschmann zeichnen dafür verantwortlich, die Kirche einem großen Umbau und ihrem neuen karitativen Zweck als Wohn-und Pflegeort für junge Menschen zuzuführen. Der Altar, das Pult und ein Sitz aus dem Altarraum werden an die St Nikomedes Kirche in Steinfurt-Borghorst gehen, die von denselben Architektinnen und Architekten neugestaltet wird, die vor Jahren die letzte Renovierung von St. Elisabeth geplant haben.