Duisburg-Neumühl. Betriebe sind froh, wenn sie Azubis finden. Ein Duisburger Metzger hat seinen Nachwuchs an einen Kollegen „ausgeliehen“. Das ist der Grund.

Überall suchen Handwerksbetriebe händeringend nach Auszubildenden. Fleischermeister Christoph Sieveneck wurde ein Azubi quasi auf dem Silbertablett serviert. „Mein Kollege Herbert Pierzina aus Homberg hat mich angerufen und gefragt, ob wir seinen Benny ausbilden wollen. Darüber habe ich mich natürlich sehr gefreut.“

Hinter Benny verbirgt sich Benjamin Siegel – und der entpuppte sich schnell als Glücksgriff: „Er macht einen tollen Job“, lobt Sieveneck. Vor allem beim Wurst füllen sticht er alle aus: „Das kann nicht jeder. Dafür braucht man Feingefühl. Benny ist da auch besser als ich“, lacht Christoph Sieveneck.

Fleischer Sieveneck aus Duisburg-Neumühl bildet für einen Homberger Kollegen aus

Benjamin Siegel hat erst einige Schleifen gedreht, bevor er sich für die Ausbildung zum Fleischer entschieden hat. „Nach dem Abitur habe ich Informatik studiert, aber schnell gemerkt, das es das nicht ist.“ Also hat er sich ausprobiert. Der 28-Jährige jobbte in einer Tierklinik und fuhr Waren für einen Bäcker aus. Am Ende war er als Aushilfe in der schlesischen Metzgerei von Herbert Pierzina in Homberg gelandet.

Schnell steht für Siegel fest, dass das Fleischerhandwerk sein Ding ist. „Die Arbeit ist abwechslungsreich und spannend. Wir begleiten den ganzen Prozess vom Tier bis zum Produkt und beschäftigen uns damit, was tatsächlich auf den Teller kommt.“ Schon bald steht die Frage einer Ausbildung im Raum.

Benjamin Siegel ist als Metzgergeselle ein gefragter Mann

„Mein Kollege hat Benny dann zu uns geschickt, weil wir in unserem Betrieb ein breiteres Spektrum haben“, berichtet Sieveneck. Vor allem das Zerlegen von Tieren hätte der Lehrling in Homberg nicht lernen können. „Das ist aber natürlich wichtig und spielt bei der Zwischen- und Abschlussprüfung eine große Rolle“, so Benjamin Siegel.

Hat seine Leidenschaft für das Fleischerhandwerk relativ spät entdeckt: Benjamin Siegel mit seinem Chef Christoph Sievenck.
Hat seine Leidenschaft für das Fleischerhandwerk relativ spät entdeckt: Benjamin Siegel mit seinem Chef Christoph Sievenck. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Die Azubi-Übernahme wurde schnell und auf dem kurzen Dienstweg geregelt: „Ein Anruf, ein Besuch, fertig“, erinnert sich Siegel. Klar ist aber auch: Später hätte Herbert Pierzina seinen Benny gerne wieder zurück. „Das habe ich immer im Hinterkopf“, sagt Siegel. Der 28-Jährige hat gerade seine Ausbildung beendet und schon einen unbefristeten Anschlussvertrag als Geselle bei Sieveneck unterschrieben. „Damit Benny frei entscheiden kann“, sagt der Fleischermeister – wohl wissend, dass es eine Anstellung auf Zeit sein wird.

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„Mein alter Chef hätte mich am liebsten sofort zurück“, erzählt Siegel, „natürlich habe ich alles mit ihm besprochen, bevor ich den Vertrag unterschrieben habe.“ Der junge Geselle hat Ehrgeiz: Kurz vor Ende der Ausbildung hat er zwei Wochen in der dänischen Schlachthof-Schule in Roskilde Eindrücke und Erfahrungen gesammelt. Möglich gemacht hatte das ein Stipendium. „Ich kann jedem nur empfehlen, über den Tellerrand zu gucken.“ So hat er dort Gerichte kennengelernt, die es bald schon bei Sievenecks in der Mittagstheke zu kaufen geben wird.

Als Nächstes möchte er in einen größeren Betrieb reinschnuppern. „Man muss sich ja eine Meinung bilden.“ Und der Meister ist auch schon gesetzt: „Der muss sein. Denn wer hat denn mit der Ausbildung ausgelernt?“

>> Auch das Fleischer-Handwerk kämpft mit dem Fachkräftemangel

  • Der Fachkräftemangel trifft auch Metzgereien mit voller Wucht, vor allem im Verkauf gibt es Probleme: „In der Produktion geht es noch, aber für den Verkauf habe ich seit zwei bis drei Jahren keine einzige Initiativ-Bewerbung mehr bekommen“, berichtet Sieveneck.
  • Auch Aushilfen fürs Catering zu finden, scheint gerade aussichtslos: „Vor wenigen Jahren musste ich zehn Leute im Jahr abweisen. Heute meldet sich niemand mehr.“
  • Sieveneck sucht aktuell einen Büfettfahrer und wurde gerne zwei bis drei Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen im Verkauf einstellen.