Duisburg-Hamborn. Neue Stolpersteine erinnern in Duisburg-Hamborn an die jüdischen Nazi-Opfer Edith und Bernard Goldfarb. Sie haben das Nazi-Regime überlebt.
Ein unscheinbares Wohnhaus in Duisburg-Hamborn: grau-braune Fassade, drei Stockwerke mit Blick auf den Altmarkt. Wer hier vorbeikommt, wird kaum bemerken, dass dieser Ort eine düstere Vergangenheit hat; in dem Haus an der Emscherstraße 204 wohnten einst Edith und Bernard Goldfarb, zwei Kinder einer jüdischen Familie. Auf der Flucht vor den Nationalsozialisten mussten sie ihre Heimat in jungen Jahren verlassen. In Alt-Hamborn erinnern jetzt zwei neue Stolpersteine an die Geschwister.
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Initiatoren der Stolpersteinverlegung, zu der auch Familienangehörige aus Kanada extra anreisten, waren der Duisburger Jugendring und das Abtei-Gymnasium. Dort haben sich zuletzt rund 40 Schülerinnen und Schüler bei einem Projektkurs mit dem Schicksal der Goldfarbs beschäftigt. Das Motto der Jugendlichen: „Das Abtei vergisst nicht.“
„Unter diesem Label laufen an unserer Schule immer wieder Projekte zum Thema Erinnerungskultur“, sagt Lehrerin Christina van Laack. Gemeinsam mit den Schülern des Projektkurses möchte sie dafür sorgen, dass die Lebensgeschichte von Edith und Bernard Goldfarb in Duisburg präsent bleibt.
Stolpersteine für die Edith und Bernard Goldfarb: Schüler erinnern an Flucht vor den Nazis
Die Geschwister wurden in den 1920er-Jahren in Hamborn geboren. Edith besuchte für einige Jahre das heutige Abtei-Gymnasium, damals noch eine reine Mädchenschule. Als die Verfolgung jüdischer Menschen 1938 ihren vorläufigen Höhepunkt erreichte, trafen die Eltern von Edith und Bernard eine folgenschwere Entscheidung: Sie schickten die Geschwister mit einem der Kindertransporte in die Niederlande. In Duisburg war es für die Familie zu diesem Zeitpunkt nicht mehr sicher.
Die Flucht vor den Nationalsozialisten führte Edith und Bernard zunächst nach Amsterdam, später mussten sie in England Schutz suchen. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zogen die Geschwister nach Kanada und gründeten dort eigene Familien. Ihre Eltern und ihr kleiner Bruder Leo sollten davon allerdings nichts mehr mitbekommen: 1941 wurden sie nach Riga deportiert und kurz darauf im Konzentrationslager getötet.
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Viele der Abtei-Schüler waren berührt, als sie von der Geschichte der Goldfarbs erfahren haben. „Es geht einem durch Mark und Bein, wenn man darüber nachdenkt, dass auch Kinder von den Nazis ermordet wurden“, sagt Neuntklässlerin Maja, die sich im Projektkurs engagiert. „Es ist für uns ganz wichtig, dass man so etwas nicht vergisst, deshalb wollten wir unbedingt mitmachen.“
Ihre Mitschülerin Lilly findet es gut, dass die Jugendlichen im Projektkurs eine andere Perspektive auf die Opfer des Nationalsozialismus einnehmen können. „Meistens hört man nur davon, dass die Menschen in den Konzentrationslagern umgebracht wurden“, meint sie. „Aber jetzt hat man auch etwas über zwei Leute erfahren, die überlebt haben.“
Comicbuch soll Grundschüler an die Nazi-Verbrechen heranführen
Ihr Wissen über die Vergangenheit möchten alle Kursmitglieder an andere junge Menschen im Duisburger Norden weitergeben. Um das zu erreichen, haben sie sich entschieden, ein Comicbuch über das Leben von Edith und Bernard Goldfarb anzufertigen. Für die Umsetzung arbeiten die Gymnasiasten mit dem Essener Künstler Jonas Heidebrecht zusammen, der das Drehbuch, ein sogenanntes Storyboard, der Jugendlichen in ein Comicbuch verwandelt.
Die fertige Erzählung möchten die Jugendlichen später an einigen Grundschulen in Hamborn präsentieren. Besonders wichtig ist ihnen deshalb eine kindgerechte Aufbereitung des Themas. „Wir werden mit den Schülern in die Grundschulen gehen und einen Projekttag zu dem Thema machen“, kündigt Christina van Laack an. Sie sei sich sicher, dass Erinnerungskultur auf diese Weise auch bei jüngeren Menschen funktionieren kann: „Gerade Kinder können mit solch schwierigen Inhalten manchmal besser umgehen als Erwachsene.“
>> Mehr als 300 Stolpersteine in Duisburg
• Stolpersteine erinnern an Menschen, die im Nationalsozialismus verfolgt wurden – darunter Juden, Sinti und Roma, Behinderte oder politische Gegner. Diese Stolpersteine befinden sich an den Orten, an denen die Nazi-Opfer gelebt haben.
• Aktuell gibt es rund 90.000 Stolpersteine in 26 europäischen Ländern. Mehr als 300 davon finden sich allein in Duisburg.