Duisburg-Meiderich. Der Kiosk an der alten Post gilt in Duisburg-Meiderich als Kult. In der Corona-Krise musste er schließen, neue Pächter haben ihn wiedereröffnet.

Die Corona-Krise hatte der Kulttrinkhalle erst kürzlich den Todesstoß versetzt. Doch die Abschiedstränen der Stammkunden haben sich längst wieder in ein Lächeln verwandelt. Denn nach einer Umbauphase hat der „Kiosk an der alten Post“ in Duisburg-Meiderich unter neuer Leitung wiedereröffnet.

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Als ein Stammkunde aus seinem Taxi aussteigt und gezielt zur Durchreiche läuft, lächelt Dilan Ariçiçek. Sie weiß bereits, dass er gleich bei ihr einen schwarzen Kaffee und eine Schachtel Zigaretten bestellt. Wie jeden Morgen. Nach einem kurzen Plausch ist auch schon die nächste Kundin dran, eine junge Frau. Auch sie bekommt einen Kaffee. Die Verkaufsschlager, uneinholbar vorne, sind jedoch Bier, Zigaretten und Tabak.

„Wir stecken hier viel Liebe rein“, sagt Dilan Ariçiçek, die neuerdings die Trinkhalle am Ende der Meidericher Einkaufsstraße mit ihrem Ehemann Kenan gepachtet hat. Die 25-Jährige arbeitet gerne mit Menschen, ist hauptberuflich Kellnerin im „Cay’la Café“ auf der Marxloher Brautmodenmeile. Für den Kiosk hat sie außerdem ihren Verkäuferinnen-Job im Centro aufgegeben und verbringt jetzt fast jede freie Stunde in ihrem neuen Geschäft. „Das ist mein neues Wohnzimmer. Nur dass es einen Schalter und ein Schaufenster hat“, sagt Dilan Ariçiçek und lacht fröhlich.

Meidericher Kulttrinkhalle ist die erste Selbstständigkeit für das neue Pächterpaar

Neueröffneter Biergarten soll Stadtpark Meiderich belebenDoch auch wenn im Hinterzimmer ein gemütlicher Sessel steht, die Füße will sie, anders als zu Hause, gar nicht hochlegen. Zumal ihre Motivation besonders hoch sei, dass das eigene Geschäft erfolgreich wird. „Langeweile haben wir hier nie, es gibt immer etwas zu tun“, bestätigt Kenan Ariçiçek, der als Industriemechaniker bei Thyssenkrupp im Schichtsystem arbeitet. Für das Paar aus Hamborn ist die Kultbude die erste Selbstständigkeit. Das Leben als Trinkhallenpächter sei „sehr, sehr stressig“, aber auch sehr erfüllend. „Wenn meine Kunden lächeln, dann freue ich mich, dann geht’s mir gut“, sagt der 29-Jährige.

Worauf sie sich mit ihrem Mann einlassen würde, sagt Dilan Ariçiçek, darauf habe sie der Verpächter von vornherein vorbereitet, als er ihr den Vorschlag unterbreitete, die Trinkhalle zu übernehmen. Er ist ihr Arbeitgeber aus dem türkischen Café, aber „wie ein Papa für mich“. Dementsprechend habe er auch mit offenen Karten gespielt, was die magere Laufkundschaft anbelangt.

Meidericher Einkaufsstraße beschert nur noch selten Laufkundschaft

So sei die Von-der-Mark-Straße längst nicht mehr der Publikumsmagnet wie in früheren Jahren. Ein Großteil der Banken ist fort, es gibt viele Leerstände. Am Monatsende seien kaum mehr Meidericherinnen und Meidericher zum Einkaufen unterwegs. Das deckt sich auch mit den Erfahrungen, die die beiden Budenbetreiber gemacht haben und die die Fahrer am Taxistand Auf dem Damm, genau vor der Trinkhalle, bestätigen. Bei ihnen steige kaum noch jemand ein, die meisten Fahrten kommen über die Zentrale.

Zu den langjährigen Stammkunden des Duisburger Kiosks an der alten Post gehören Taxifahrer wie Uwe Hoffmann (links). Der Taxistand liegt direkt vor der Trinkhalle, am Ende der Meidericher Einkaufstraße.
Zu den langjährigen Stammkunden des Duisburger Kiosks an der alten Post gehören Taxifahrer wie Uwe Hoffmann (links). Der Taxistand liegt direkt vor der Trinkhalle, am Ende der Meidericher Einkaufstraße. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Dennoch sei das weiterhin „ein guter Standort und eine tolle Trinkhalle“, sagt Taxifahrer Cengiz Nacak und bestellt gerade einen Kaffee, während er mit zwei weiteren Kollegen auf Fahrgäste wartet. Sie alle könnten auch an anderen Taxiständen in Duisburg parken, haben sich aber bewusst für diesen Ort in Meiderich entschieden. Wie er kommen viele Fahrer schon seit Jahren zum Kultkiosk.

„Als hier geschlossen wurde, war das für uns total unangenehm“, so Nacak. Denn zum Kiosk gehört eine öffentliche Toilette, deren Schlüssel man an der Durchreiche oder drinnen im Stehcafé an der Kuchentheke abholen kann.

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Einen Monat lang haben die Ariçiçeks ihre Trinkhalle in Eigenleistung saniert. Eine Wand rausgerissen, den Boden, die Theke, die Deckenbeleuchtung, Namensschild, Außenbeleuchtung und das Schaufenster erneuert. Denn für Dilan und Kenan Ariçiçek soll die Trinkhalle kein Abenteuer und kein Experiment sein, sondern ein weiteres Standbein, das sie nach und nach ausbauen wollen.

„Abends soll unser Kiosk strahlen. Jeder soll sehen, dass er noch da ist“, sagt der Pächter. Denn das Gerücht im Frühjahr, dass er dauerhaft und nicht nur für Umbauten geschlossen habe, ergänzt seine Frau, „hat uns die Anfangszeit schon etwas schwieriger gemacht“.

Den Kunden werden möglichst alle Extrawünsche erfüllt

Doch längst hat sich in Meiderich herumgesprochen, dass der Kiosk zurück ist. „Die Stimmung ist super“, sagt die 23-jährige Lina Ersöz. Sie lebt seit gut 13 Jahren im Meiderich, kennt die Pächterin noch aus Schulzeiten und freut sich, dass jetzt „mehr junge Leute“ vorbeikommen. Diesmal kauft sie nur einen Energydrink, quatscht aber auch mit Dilan Ariçiçek darüber, was es Neues in der Nachbarschaft gibt.

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Gut gelaunt sind auch die Stammkunden darüber, dass die neuen Pächter offen sind für Extrawünsche und sie von einem Tag auf den nächsten erfüllen. Ob es bestimmte Zigarettensorten, Bonbons, belegte Brötchen, Muffins, Zeitungen oder Saftsorten sind. Dass Nicole Schüntzel, ein vertrautes Gesicht, das Dreier-Team komplett macht, kommt ebenfalls gut an. Sie hat schon beim Vorbesitzer gearbeitet.

„Das sind hier alles herzensgute Menschen“, sagt die Chefin über ihre Kunden. Besonders freut sie sich aber, wenn Kinder bei ihr einkaufen. Wassereis oder gemischte Tüten. „Ich liebe Süßigkeiten“, gesteht die junge Kiosk-Chefin und lacht, „aber ich kann Bonbons gar nicht mehr sehen. Das ist schlimm.“

>> DIE TRINKHALLE HAT TÄGLICH GEÖFFNET

Der Kiosk an der alten Post (Auf dem Damm 65a) hat täglich geöffnet. Montags bis freitags von 7 bis 22 Uhr; samstags von 9 bis 23 Uhr und sonntags von 9 bis 22 Uhr. Die Trinkhalle ist außerdem ein DHL-Paketshop, wo Päckchen abgeholt und aufgegeben werden können.

Kontakt: 0176 62215722 (Kenan Ariçiçek)