Duisburg-Beeckwerth. In Duisburg-Beeckerwerth ist ein Bauprojekt geplant, das in der Nachbarschaft hart kritisiert wird. So verteidigt der Investor das Vorhaben.

Noch steht kein Bauzaun, weder Banner noch Schild sind zu sehen. Doch die Nachricht hat sich längst verbreitet. Sie lässt im kleinen Beeckerwerth so manche Halsschlagader wild pochen und die Sorgen wachsen. Ein Investor hat im ehemaligen Pestalozzidorf, am Koblenzer Ring, ein Eigenheim samt Garagen gekauft, plant den Abriss und will auf dem Grundstück ein modernes Mehrfamilienhaus errichten. Ein Mietshaus für acht Parteien inklusive zweier Penthouses mit Dachterrasse. Bauanträge für das Projekt Rheinterrassen liegen längst im Rathaus vor. Dass die Stadt Duisburg den Plänen zustimmt, gilt als sicher.

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„Damit ist für uns das ganze Pestalozzidorf zerstört. Der Abriss trifft uns hier ins Mark“, klagt Nachbarin Brigitte Rötger. Sie heißt eigentlich anders, doch sie will ihren echten Namen lieber nicht in der Zeitung lesen, um offen über die Bedenken gegen die Baumaßnahme sprechen zu können. Durch das Vorhaben, davon ist sie überzeugt, werde der Charakter der einstigen Bergarbeitersiedlung aus den 50er Jahren („eines der schönsten Flecken von ganz Duisburg“) unwiederbringlich zunichte gemacht.

Bauvorhaben für Mietshaus in Duisburg-Beeckerwerth stößt auf Kritik in der Nachbarschaft

Die Häuser seien fast alle Eigentum und viele Familien leben bereits in der dritten oder vierten Generation in dem kleinen Wohnquartier. Das Mehrfamilienhaus mit Dachterrassen füge sich nicht in die übrige Siedlung ein und werde daher von vielen Anwohnern abgelehnt. Groß sei ebenfalls die Befürchtung, dass künftige Mieterinnen und Mieter sich nicht um den Zustand der Siedlung scheren. Dass es mit der vielgeschätzten Ruhe im Wohnviertel gar vorbei ist, „falls Partyvolk einzieht“.

Dieses Eigenheim aus den 1950er Jahren am Koblenzer Ring 17 in Duisburg-Beeckerwerth soll weichen, damit der Investor ein Mehrfamilienhaus bauen kann.
Dieses Eigenheim aus den 1950er Jahren am Koblenzer Ring 17 in Duisburg-Beeckerwerth soll weichen, damit der Investor ein Mehrfamilienhaus bauen kann. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Unangenehm stößt laut Rötger in der Nachbarschaft außerdem auf, dass die künftigen Mieter von ihren Dachterrassen unerwünschte Einblicke bekommen. Dass sie in die Nachbargärten schauen können und sehen, „welcher Ketchup auf die Bratwurst kommt“. Für Brigitte Rötger und die übrigen Siedlerfamilien bedroht das künftige Mehrfamilienhaus daher auch „den nachbarschaftlichen Frieden“.

Indes bestätigt der Duisburger Investor, die Greafs GmbH (Global Real Estate and Financial Services) aus Neudorf-Süd, den geplanten Abriss und Neubau im Gespräch mit der Redaktion. Beschwerden über das Projekt seien jedoch noch nicht eingegangen oder bekannt. Dabei ist der Geschäftsführer und Projektleiter Serdar Yavuz ein gebürtiger Beeckerwerther, sei bei der örtlichen SPD aktiv und wohne selbst „nur ein paar hundert Meter“ von dem fraglichen Baugrundstück entfernt.

„Aufwertung für die Siedlung“: So begegnet der Investor den Argumenten der Kritiker

Die Bedenken gegen sein Neubauvorhaben teilt Serdar Yavuz naturgemäß nicht. So ist er nicht nur davon überzeugt, dass sich das Mehrfamilienhaus mit acht Wohneinheiten gut in Siedlung einfügt. Er sieht sich darin auch durch die Stadtverwaltung bestätigt, die die Bauanträge nach Recht und Gesetz prüfen muss. Für das Baugrundstück „gibt es keinen Bebauungsplan“, erläutert Yavuz. Daher entscheiden die Fachleute im Rathaus über die Bauanträge anhand von §34 des Baugesetzbuches. „Nach dem Gesetz muss sich“, so der Greafs-Chef weiter, „das Projekt an die vorhandene Bebauung anpassen.“

Dementsprechend plant er kein großes Hochhaus im ehemaligen Pestalozzidorf, sondern ein dreigeschossiges Gebäude mit zwei Vollgeschossen und einer Penthouse-Etage. „Wir bauen damit nicht höher als die übrigen Gebäude in der Straße“, ordnet er ein. Zudem sollen die Mietwohnungen barrierefrei werden und „eine gehobene Ausstattung“ mit „außergewöhnlicher Energieeffizienz“ bekommen, das sei stark nachgefragt und werde bislang in der Gegend nicht angeboten.

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„Unser Bauprojekt bedeutet eine Aufwertung für die Siedlung“, ergänzt Laura Vennemann von der Greafs GmbH. Sie ist für die Vermietung und Vermarktung der Immobilie zuständig, möchte Bedenken wegen der künftigen Hausbewohner zerstreuen und verspricht: „Wir werden auf jeden Fall darauf achten, dass Mieter einziehen, die in die Siedlung passen.“ Zielgruppe sind bei einer Kaltmiete zwischen 13,50 und 17,80 Euro pro Quadratmeter eher Besserverdiener.

Dieses Eigenheim am Koblenzer Ring 19, die Doppelhaushälfte direkt neben dem Baugebiet für das Projekt Rheinterrassen, hat die Greafs GmbH bereits modernisiert. Es soll bestehen bleiben.
Dieses Eigenheim am Koblenzer Ring 19, die Doppelhaushälfte direkt neben dem Baugebiet für das Projekt Rheinterrassen, hat die Greafs GmbH bereits modernisiert. Es soll bestehen bleiben. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Geschäftsführer Serdar Yavuz erhofft sich von dem Neubauprojekt einen positiven Impuls für das gesamte Wohnquartier. Genau davor graut es jedoch Brigitte Rötger. Sie vermutet in dem Abriss des Hauses und der Garagen am Koblenzer Ring 17 „eine Blaupause“ für eine weitere Umgestaltung des früheren Pestalozzidorfs, so dass das „bald mit jedem Haus hier passieren kann“. Zumal die Greafs GmbH bereits mehrere andere Projekte in Beeckerwerth umgesetzt hat. Den Neubau bei Netto an der Hans-Knipp-Straße und das sanierte Eigenheim direkt neben dem aktuellen Baugebiet im Pestalozzidorf.

Aktuell habe das Neudorfer Unternehmen in der Siedlung zwar keine weiteren Bauvorhaben in Aussicht, sagt Laura Vennemann auf Nachfrage. „Aber wir wären nicht abgeneigt. Das ist ja eine schöne Ecke, direkt am Rheinbogen.“