Duisburg-Walsum. Der RVR hat an der Hoag-Trasse unzählige Bäume gefällt. In Walsum ist das Entsetzen groß, ebenso die Zweifel, dass der Kahlschlag angemessen war.
Nur schwer wiederzuerkennen ist zurzeit die Hoag-Trasse: Gehölz stapelt sich links und rechts des beliebten Spazier- und Radweges, der einst ebene Boden gleicht stellenweise einem Acker. Auf der gesamten Strecke, von Oberhausen-Sterkrade bis zum Walsumer Südhafen, hat der Regionalverband Ruhr (RVR) Bäume fällen lassen – mit Kettenfahrzeugen und anderem schwerem Gerät. Der jetzige Zustand wirft Fragen auf bei den Menschen im Duisburger Norden, die den Weg häufig nutzen.
Die „stellenweise erhebliche Abholzung“ kritisiert etwa Leser Johannes Bergmann in einem Brief an die Redaktion. „Hier wurden nicht einzelne Gefahrbäume gefällt, es wurde Holz geerntet“, schreibt Bergmann und fügt an: „Was dem RVR im Baerler Busch verwehrt blieb, scheint er auf der Hoag-Trasse nachholen zu wollen.“ Der Walsumer verweist auf die Schnittflächen der Bäume, die nach seiner Einschätzung „gesund und vital“ zu sein schienen.
BUND Duisburg: Zustand von Bäumen von außen nicht leicht abzuschätzen
Als „erschreckend“ bezeichnet auch Johannes Meßer vom BUND Duisburg das Ausmaß der Arbeiten. Der Naturschützer wohnt selbst in unmittelbarer Nähe der Hoag-Trasse. „Die Maßnahme hatte der RVR im vergangenen Jahr angekündigt. Wie viele Bäume jetzt gefällt wurden, hat mich aber doch geschockt.“
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Meßer teilt Bergmanns Eindruck, wonach das Gehölz am Wegesrand vielfach gesund aussehe. Er weiß aber auch: „Das ist hinterher immer leicht zu sagen. Die Person mit der Kettensäge muss anhand des äußeren Zustands eines Baumes abschätzen, ob er gefällt wird oder stehenbleibt.“ Dass ein Baum unten noch lebt, schließe nicht aus, dass er im oberen Bereich brüchig ist.
Die Arbeiten der RVR-Tochter Ruhr Grün haben auch den Walsumer Ratsherrn Sebastian Ackermann (Grüne) alarmiert. In der vergangenen Woche hat Ackermann dem Regionalverband die Situation geschildert, und recht schnell eine Antwort erhalten. Die Abholzung sei alternativlos gewesen, versichert Ruhr Grün: „Die zugegeben massiven Baumfällmaßnahmen sind leider aus Verkehrssicherheitsgründen erforderlich.“ Durch die trockenen Sommermonate der vergangenen Jahre sei der Baumbestand gerade an solch „stressigen Standorten“ in Mitleidenschaft gezogen und etwa anfällig für Pilzerkrankungen worden.
Hoag-Trasse in Duisburg ein schwieriges Gebiet für Baumpflanzungen
So wie jetzt soll die Hoag-Trasse aber nicht lange aussehen: „Selbstverständlich werden die Trassen wieder instand gesetzt“, heißt es in der Antwort von Ruhr Grün. Nach Abfuhr des Holzes sollen also auch die durch die Kettenfahrzeuge verursachten Spurrillen wieder entfernt werden – eine dringende Bitte Ackermanns, der in manchen Abschnitten des Weges die Verkehrssicherheit nicht mehr gewährleistet sieht.
Für die entnommenen Bäume verspricht der RVR Ersatz. Es sei geplant, die großen Lücken im Frühjahr und Herbst wieder mit heimischen Gehölzen zu bepflanzen. Welche Arten man pflanzt, darüber müsse man gründlich nachdenken, sagt Johannes Meßer – er bestätigt die Aussage des RVR, wonach ehemalige Eisenbahntrassen Probleme bergen: „Der Untergrund ist oft aus grobem Material und nimmt deshalb wenig Wasser auf.“ So habe man an der Hoag-Trasse schon schlechte Erfahrungen gemacht, etwa mit Stechpalmen, die dort vielfach gestorben seien. Grundsätzlich hält Meßer Eichen an dieser Stelle für denkbar.
Für weitere Irritation sorgt schließlich die Dauer der Arbeiten über den 1. März hinaus. Denn von da an dürfen bis Ende September zum Schutz von Vögeln eigentlich keine Hecken gerodet oder Bäume gefällt werden. „Viele Vögel hatten bereits mit dem Nestbau begonnen“, ärgert sich Johannes Bergmann darüber, dass der RVR so lange an der Hoag-Trasse zugange war. Laut Stadtsprecher Falko Firlus war das anders geplant: Demnach sollten die Fällungen vor dem 1. März beendet werden. Die starken Schneefälle im Februar hätten die ganze Maßnahme jedoch verzögert.
>>AUCH IN DUISBURG-RÖTTGERSBACH WIRD ZURZEIT ABGEHOLZT
• Bäume dürfen auch in der Vogelschutzzeit gefällt werden, wenn von ihnen eine Gefahr ausgeht. Über diese Gefahr besteht nicht immer Einigkeit. Der BUND schreibt dazu auf seiner Homepage: „Die Erfahrung zeigt, dass die Verkehrssicherungspflicht häufig als Argument missbraucht wird.“ Ohne Gegengutachten sei die Rettung betroffener Bäume aber schwierig.
• Für die Arbeiten an der Hoag-Trasse hatte der RVR eine Sondergenehmigung der Stadt Duisburg. Wie Stadtsprecher Falko Firlus erklärt, wurde diese unter anderem mit der Auflage erteilt, dass die Bäume vor der Fällung auf Besatz durch Tiere kontrolliert werden.
• Ähnlich sei die Situation rund um die Anne-Frank-Schule in Röttgersbach. Dort führen die Wirtschaftsbetriebe zurzeit Baumpflegearbeiten und sechs Fällungen durch – auch diese würden zuvor auf Tierbesatz kontrolliert, so Firlus, der weiter sagt: „Die Arbeiten dienen zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit, da die Bäume durch holzabbauende Pilze oder im statischen Aufbau in ihrer Stand- oder Bruchsicherheit eingeschränkt sind.“