Duisburg-Walsum. Die Rheinaue ist Duisburgs artenreichstes Gebiet. Mehr als 2600 Tiere, Pflanzen und Pilze wurden bereits entdeckt. Und stetig kommen neue hinzu.

Rund 90 Nächte hat Johannes Meßer schon in der Rheinaue verbracht. Ausgerüstet mit speziellem Werkzeug und viel Geduld zählt er in regelmäßigen Abständen die Arten im Walsumer Naturschutzgebiet. Seit 2017 hat Meßer mit dem BUND Duisburg 2656 Tier-, Pflanzen- und Pilzarten dokumentiert – mehr als 250 kamen gerade erst im vergangenen Halbjahr hinzu.

„Die Rheinaue ist das mit Abstand artenreichste Gebiet in Duisburg“, erklärt der Naturschützer. Die gut 500 Hektar große Fläche biete mit den vielen Pflanzen und der Lage am Fluss ideale Bedingungen für so viele Lebewesen. Schon seit 40 Jahren führt der BUND dort Bestandsaufnahmen durch und erforscht die Biodiversität. „Dabei haben wir uns aber lange auf die Pflanzen- und Vogelwelt beschränkt“, sagt Messer. „In den vergangenen zehn Jahren haben wir das aber intensiviert und auch auf wirbellose Tiere ausgeweitet.“

UV-Lampen locken in der Rheinaue nachtaktive Schmetterlinge an

Wie die Tiere erfasst werden, hängt ganz von der Art ab. Meßer und seine Mitstreiter durchsieben etwa den Boden, um dort kleinste Erdbewohner zu finden: „Dort leben Schnecken, die sind nur zwei Millimeter lang.“ Für andere Tiere, wie manche Raupen, kommt ein Klopfschirm zum Einsatz. Die an einen Kescher erinnernde Konstruktion wird unter eine Pflanze gehalten. Mit einem Stock wird die Pflanze dann abgeklopft, so dass die darauf lebenden Tiere auf den Schirm fallen.

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Bei Nacht herrscht in der Rheinaue besonders viel Leben. Viele Insektenarten, vor allem Schmetterlinge, sind nachtaktiv. „Etwa 100 Arten der Tagfalter könnten potenziell hier leben“, erklärt Meßer, „aber bis zu 2400 Arten von Nachtfaltern und nachtaktiven Kleinschmetterlingen.“

Bislang konnte der BUND in Walsum 387 Schmetterlingsarten entdecken. Damit das bei Nacht gelingt, wird ein spezielles Gerät aufgebaut. UV-Lampen werden von einem weißen Schirm reflektiert und locken die geflügelten Insekten an. Die Naturschützer verharren stundenlang neben dem Apparat und schießen Fotos, sobald sich ein Schmetterling auf der leuchtenden Fläche niederlässt.

BUND Duisburg will in diesem Jahr die 3000er-Marke knacken

„Einen Großteil der Tiere können wir anschließend anhand der Fotos bestimmen“, sagt Meßer. Seine Streifzüge durch die Rheinaue erfordern viel Nachbereitung. Auf jeden Tag oder jede Nacht in der Natur komme noch einmal derselbe Zeitaufwand, um die Entdeckungen auszuwerten. Auf eine Form der Forschung verzichtet der BUND aber: Manche Schmetterlinge müsste man töten und sezieren, um sie einer Art zuzuordnen.

Mit einem speziellen Gerät lockt das Duisburger BUND-Team in der Walsumer Rheinaue bei Nacht Insekten an und fotografiert diese dann.
Mit einem speziellen Gerät lockt das Duisburger BUND-Team in der Walsumer Rheinaue bei Nacht Insekten an und fotografiert diese dann. © Johannes Meßer

Meßer hofft, in diesem Jahr die Marke von 3000 Arten zu knacken. Bislang sei nämlich nur ein Bruchteil der in der Rheinaue lebenden Tiere bekannt. „Alleine bei den Nachtfaltern nehme ich an, dass wir erst 40 Prozent von ihnen entdeckt haben. Und nach manch anderen Tiergruppen haben wir noch gar nicht gesucht.“

Für die regelmäßige Bestandsaufnahme hat der BUND eine Genehmigung der Naturschutzbehörde. Johannes Meßer ist es wichtig, dass mögliche Nachahmer ihrem Entdeckungsdrang widerstehen und die geschützten Flächen in der Rheinaue respektieren: „Man sollte dort wirklich nicht abseits der Wege gehen.“

>>IN DER WALSUMER RHEINAUE GIBT ES BESONDERS VIELE KÄFER

• Von 2656 dokumentierten Arten in der Rheinaue stellen die Käfer mit 751 Arten die mit Abstand größte Gruppe. Es folgt mit den „Zweikeimblättrigen“ eine Pflanzengruppe (471 Arten). Die Schmetterlinge (387 Arten) sind die drittgrößte Gruppe. Auch Vögel sind mit 230 Arten zahlreich vertreten.

• Um die Arten besser bestimmen zu können, holt sich der BUND Duisburg auch Unterstützung. So hat im vergangenen Jahr Dr. Gregor Schmitz von der Universität Konstanz die Naturschützer in die Rheinaue begleitet. Mit Hilfe des Experten für sogenannte „Blattminierer“ gelang es, über 60 Minierfliegen, Blattwespen und Blattläuse neu zu entdecken.