Duisburg-Marxloh/-Laar. Der Verein „Laissez-passer“ hilft Menschen, die unter Dauerduldung leben, jetzt auch in Duisburg. Kampf gegen soziale Stigmata und Isolation.

„Laissez-passer“: Der französische Begriff bezeichnet ein Reisedokument, das Menschen ohne Reisepapiere während des Bürgerkriegs im Libanon ausgestellt wurde. In Deutschland wurde Menschen mit diesem Schein zwar der Aufenthalt gewährt, mittlerweile leben aber schon mehrere Generationen dieser Familien in Deutschland, hier geboren und aufgewachsen leben sie trotzdem noch im bedrohlichen Zustand der Duldung.

„Laissez-passer“ ist aber auch der Name eines Vereins, der sich seit 2016 für die Belange von Menschen in diesem „Schwebezustand“ einsetzt, „Altfälle der deutschen Politik“ nennt Ahmad Omeirat die oft Jahrzehnte alten Fälle. Omeirat ist der Geschäftsführer des Vereins, der jetzt auch in Duisburg Menschen in dieser prekären Lage helfen will. In Laar und in Marxloh soll es zukünftig Beratungsstellen geben, und obwohl sich der Verein in seiner Gründungsgeschichte auf Geduldete libanesischer Herkunft konzentrierte, „werden wir niemanden wegschicken, der mit diesen Dingen Probleme hat“, sagt Omeirat.

Geduldete Menschen in Duisburg leben in stetiger Angst

Ein großes Problem, sagt Omeirat, sei die sogenannte Kettenduldung. „Da sind Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, die hier geboren sind, wegen ihrer Eltern aber jeden Monat, alle drei Monate oder jedes halbe Jahr damit rechnen müssen, abgeschoben zu werden. Wir wollen, dass diese jungen Menschen an unsere Demokratie glauben, machen aber gleichzeitig sowas mit ihnen.“

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Einen Vorwurf macht Omeirat NRW-Innenminister Herbert Reul und Ministerpräsident Armin Laschet bezüglich ihrer „Strategie der 1000 Nadelstiche“. „Da findet viel Stigmatisierung statt, auf ein Mal ist jeder Libanese potenzielles Clanmitglied.“ Diese zerrütteten Verhältnisse könne kein Polizist kitten, „dafür braucht es soziale Arbeit“. Ahmad Omeirat findet, dass die Politiker bei „Laissez-passer“ vorbeischauen sollten, „denn wir sind von Januar bis Dezember im Thema, wir haben die Expertise. Aber das wollen sie nicht, denn dann müssten sie Geld in die Hand nehmen, für ein unbequemes Thema.“

Verein bietet Rechtsbeistand – und Aufklärung

Wenn der Verein in wenigen Wochen seine Arbeit in Duisburg aufnimmt, soll es zwei Anlaufstellen geben. Melih Keser, Grüne-Ratsherr in Duisburg und „Laissez-passer“ Ortsgruppensprecher, arbeitet momentan daran, ein Ladenlokal in Laar zu organisieren. „In Marxloh befinden wir uns schon in Gesprächen mit ansässigen Vereinen, an die wir uns ‘dranhängen’ wollen, um dann etwa an zwei Tagen in der Woche ein paar Stunden beraten zu können.“

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Konkret hilft der Verein vor allem beim Kontakt mit dem Amt. „Die Menschen bekommen Briefe die sie nicht verstehen, oft mit Deadlines, da beraten wir dann rechtlich und verweisen auch auf Anwälte.“ Doch auch sozial arbeiten die Helfer daran, „Stein für Stein die Mauern abzubauen, die sich diese Menschen wegen ihrer Isolation und Ausgrenzung aufgebaut haben“, sagt Omeirat. Mit dem Essener Ortsverein gab es schon Bildungsfahrten, zum Beispiel nach Buchenwald, für viele Jugendliche sei es der erste unvoreingenommene Kontakt mit der Shoa gewesen – der Libanon und Israel haben eine blutige Geschichte.

Auch in Duisburg sollen die Menschen keine „Patienten“ sein, sondern Teil des Projekts „Laissez-passer“ werden. Denn die rechtliche Beratung und Hilfe ist die eine Seite, die soziale Arbeit die andere, langfristig vermutlich wichtigere Seite. Und quasi „nebenbei“, erklärt Ahmad Omeirat, könne man noch die Gesellschaft über das weitgehend unbekannte Thema der Langzeitduldung aufklären.

>> START IN WENIGEN WOCHEN

• Wann genau „Laissez-passer“ in Duisburg startet, steht noch nicht fest, sobald ein Startdatum gefunden ist, teilt der Verein das unverzüglich mit.

• Der Verein ist in den sozialen Netzwerken Facebook und Instagram aktiv, mehr Informationen gibt es aber auch im Internet unter laissez-passer.de oder telefonisch unter 0201 64932931.

• Zur wörtlichen Bedeutung seines Namens hat der Verein auch eine eigene Interpretation, im Lichte seiner Zielsetzungen, erarbeitet: „Lasst sie durch“ oder „lasst es zu“.