Duisburg. Fatima flüchtete 2016 mit ihrer Familie aus Syrien. Vier Jahre später schaffte sie in Duisburg ihren Schulabschluss. Wie geht es nun weiter?

Die Sommerferien sind vorüber und für Fatima Romiah enden sechs langweilige Wochen. Denn die 17-jährige Syrerin lernt lieber, als ihre Zeit daheim zu verbringen. Fleißig und ehrgeizig hat sie auf ihr großes Ziel hingearbeitet: die Mittlere Reife. Dies verdankt sie auch der Unterstützung von Andrea Wenders-Hirz, einer ehrenamtlichen Chancenpatin der Awo Duisburg.

Sie half der Schülerin, ihre Deutschkenntnisse zu verbessern. Durch die Chancenpatenschaften kommen junge Geflüchtete mit ehrenamtlichen Helfern in Kontakt, um die für die Prüfungen wichtige Sprache zu lernen – denn im Rechnen ist Fatima ziemlich gut, wenn sie denn die Aufgabe versteht. Ihre Klassenlehrerin Marlene Calvin an der Waldorfschule in Hüttenheim erkannte bei Fatima den erhöhten Förderbedarf und wandte sich an die Awo, die sie mit Chancenpatin Andrea Wenders-Hirz bekannt machte.

Junge Syrerin kam über den Umweg Gelsenkirchen nach Duisburg-Marxloh

Das erste Mal trafen sich die schüchterne Syrerin und die Ehrenamtlerin im Mai 2019 an Fatimas Schule. Wenders-Hirz hatte zum Kennenlernen ein paar Karten mit einfachen Wörtern mitgebracht, Fatima erzählte ein wenig von ihrer Familie. Von da an trafen sie sich jeden Mittwoch, zehn Monate lang.

Stefanie Jerz von der AWO Familienbildung koordiniert das Programm Chancenpatenschaften.
Stefanie Jerz von der AWO Familienbildung koordiniert das Programm Chancenpatenschaften. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

In der Regel betreuen die Chancenpaten nur Mädchen und Jungen im Grundschulalter. Dass eine Ehrenamtlerin sich jemanden auf einer weiterführenden Schülerin annimmt, ist eher die Ausnahme. 2016 floh Fatima mit ihren Eltern, ihren beiden Schwestern und den drei Brüdern vor den Bomben im syrischen Bürgerkrieg – ihre Heimat Damaskus war nicht mehr sicher. Über Gelsenkirchen kamen sie nach Marxloh, wo die Familie bis heute lebt.

Langer Schulweg mit der Straßenbahnlinie 903

Für Fatima bedeutete das eine tägliche Fahrt mit der Straßenbahnlinie 903 nach Hüttenheim, wo sie die Waldorfschule besuchte. Warum sie den langen Schulweg auf sich nahm? „Mein Vater hielt das für die beste Entscheidung, vor allem, weil die Klassen so klein sind“, sagt Fatima.

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Tatsächlich erlebte sie dort einen immensen Zusammenhalt, spielte schon nach wenigen Wochen in der achten Klasse in einem Theaterstück mit. Sie verstand ihre Mitschüler kaum, doch traute sie sich, auf der Bühne einen syrischen Text vorzutragen.

Mittlere Reife in der Tasche: Patin und Eltern sind stolz

Ausgerechnet, als im Frühjahr die Vorbereitung auf die zentrale Abschlussprüfung begann, kam der Lockdown dazwischen. „In dieser Zeit war es natürlich schwierig, Kontakt zu halten. Stattdessen haben wir viel geschrieben und gemeinsam intensiv auf die Prüfung hingearbeitet“, sagt Patin Wenders-Hirz.

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Aufgeregt war Fatima trotzdem. „Ich habe viel geübt und zum Glück verstehe ich Deutsch beim Lesen leichter als beim Hören“, sagt sie. Glück hatte sie, als eine Aufgabe vorkam, deren Struktur sie bereits von einer Übung aus dem Internet kannte. Als die Ergebnisse bekannt gegeben wurden, schrieb Fatima direkt eine Nachricht an ihre Eltern. „Die sind sehr glücklich und stolz auf mich“, sagt die 17-jährige. Genau wie Andrea Wenders-Hirz, die die frohe Kunde gleich an Stefanie Jerz weitergab, die das Projekt der Chancenpatenschaften koordiniert.

Wie geht es jetzt weiter?

Gemeinsam wollen sie nun in die Zukunft blicken, Fatimas Zukunft. Erst einmal will sie ein weiteres Jahr deutsch und englisch lernen. „Dann wechsle ich vielleicht in die Oberstufe oder mache eine Ausbildung“, sagt Fatima. Etwas mit Chemie würde sie interessieren.

Die Awo begleitet sie in jedem Fall weiter. „In Zusammenarbeit mit der Industrie- und Handelskammer gibt es eine Vorausbildung bei einigen Betrieben. Da könnte Fatima ein Jahr lang dort reinschnuppern und auf einer Berufsschule ihre Deutschkenntnisse weiter verbessern“, sagt Jerz.„Ich möchte gerne noch mehr lernen und besser werden“, sagt Fatima. Duisburg hat es ihr angetan: „Die Stadt ist schön, am liebsten treffe ich mich mit Freunden in einem Café oder Restaurant am Hauptbahnhof“, sagt sie.

>>>Das Awo-Programm Chancenpatenschaften

  • Das Awo-Programm der Chancenpatenschaften ist Teil des Bundesprogramms „Menschen stärken Menschen“. Es verbindet ehrenamtliche Mentoren mit ihren „Patenkindern“, meist jungen Geflüchteten im Grundschulalter.
  • Knapp 60 Mentoren engagieren sich derzeit bei der Duisburger AWO. Sie unterstützen derzeit etwa 130 Kinder und Jugendliche. Wer selbst gerne ehrenamtlich als Chancenpate tätig sein möchte, kann sich bei Stefanie Jerz melden: jerz@awo-duisburg.de.