Alt-Hamborn. Die Hospizbewegung Hamborn sucht weitere Mitstreiter, die ehrenamtlich Todkranke in Duisburg begleiten. Corona macht die Suche besonders schwer.
Die Hospizbewegung Hamborn beschäftigt sich mit Themen, über die nur die wenigsten Menschen überhaupt nachdenken, geschweige denn reden wollen: mit dem Sterben, Tod und Trauer. Der Verein begleitet Todkranke und deren Angehörige. Zwar führt er in der Coronakrise einige Hilfsangebote fort, allerdings nur eingeschränkt und unter erschwerten Bedingungen. Zugleich sucht die Hospizbewegung dringend neue Mitstreiter.
„Wir arbeiten als Hospizverein insofern weiter, dass wir derzeit Begleitung zumeist telefonisch anbieten, zuhören, beraten“, sagt die Geschäftsführerin Andrea Braun-Falco. Bedauerlich findet sie jedoch, dass man Betroffene nicht mehr besuchen kann. Insbesondere in Altenpflegeheimen könnten die Bewohner, weiß sie, die Ehrenamtler jetzt sehr gut gebrauchen. Aktuell wird noch geprüft, ob Sterbebegleiter zumindest vereinzelt und mit Vorkehrungen wie einem Mundschutz die Todkranken und deren Familien bald wieder zuhause besuchen können.
Großteil der Helfer gehören zur Corona-Risikogruppe
Allerdings gehört ein Großteil der circa 100 Ehrenamtler ihres Alters wegen oder aufgrund von Vorerkrankungen selbst zur Corona-Risikogruppe. Nicht zuletzt deshalb wirbt die Hospizbewegung mit Sitz neben der Hamborner Abtei verstärkt um neue ehrenamtliche Sterbebegleiter. Insbesondere über junge Leute ab 18 Jahren würde sich das Team freuen. Dass auch die Jugend bereit ist, ihre Mitmenschen in schwierigen Lagen zu unterstützen, zeige sich ja etwa durch die zahlreichen Duisburger Nachbarschaftshilfen während der Coronakrise.
Aktive Unterstützer zu finden, bleibt dennoch schwierig. „Es gibt bei manchen Menschen den Gedanken, dass Sterbegeleiter nur ernsthaft und traurig sind und nur Schwarz tragen. Dass auch wir selber nur in Trauer sind. Das ist so nicht. Wir sind lebendige, fröhliche Menschen“, betont Braun-Falco. Zudem wollen viele Sterbende weiter am Leben teilnehmen, vielleicht wollen sie gerne den MSV Duisburg im Stadion siegen sehen, nach Holland ans Meer fahren oder aber in einem frühlingsblühenden Park Spazieren gehen.
Jeder kann einen anderen Menschen am Lebensende begleiten
„Jeder kann einen anderen Menschen am Lebensende begleiten“, ist Andrea Braun-Falco überzeugt, „aber viele Menschen haben mitunter Angst, mit den Gefühlen, dem Abschiedsschmerz, mit Tränen und Traurigkeit konfrontiert zu werden und dann selbst Emotionen zu fühlen.“
So hat ein Großteil der Aktiven bereits selbst einen Abschied erlebt, musste dabei auf Unterstützung verzichten und will anderen diese Erfahrung ersparen. Andere Mitstreiter wiederum freuten sich sehr über die Hilfe eines Sterbebegleiters und engagieren sich deshalb im Verein.
Doch Abschiede selbst durchlebt zu haben, ist laut Braun-Falco keine Voraussetzung für eine aktive Mitarbeit. Sehr hilfreich für potenzielle Sterbebegleiter sei aber die Einsicht, dass alle Gefühle zum Leben dazugehören. Das Wichtigste ist allerdings der Wunsch, den Sterbenden „auf seinem Weg zu begleiten, das Herz dafür offen zu haben und ihn seinen Weg gehen lassen“.
Die Anforderungen sind so verschieden wie die Betroffenen
Dabei werden die Ehrenamtler von ihrem Verein natürlich nicht alleine gelassen. Alle Interessierten durchlaufen anfangs einen mehrmonatigen Kurs, bei dem sie auf ihre Einsätze, die erfahrungsgemäß zwei bis vier Stunden pro Woche in Anspruch nehmen, vorbereitet werden. Durch den Kurs sollen sie auch erkennen, wo ihre Kraft liegt und wo die eigenen Grenzen sind.
Jede Begleitung, die teils viele Monate dauern kann, ist jedoch individuell und der Ehrenamtler muss zu dem Sterbenden und dessen Familie passen. „Hinter jeder Tür ist ein Mensch oder eine Familie mit ganz eigenem Leben. Und das begleiten wir so, wie es dort gewünscht ist und gebraucht wird“, erläutert die Geschäftsführerin. Dabei sind die Anforderungen so verschieden wie die Betroffenen – vom Spazierengehen, über Gespräche bis zum stillen Dasein am Krankenbett.
Vorbereitungskurs für neue Ehrenamtler ist im Herbst geplant
Wenn junge Eltern sterbenskrank sind, können die Begleiter auch gebeten werden, mit ihren Kindern zu spielen oder ihnen vorzulesen. Kinder begleitet der Hospizverein niemals als Sterbende, sondern ausschließlich als Angehörige. Die Mitglieder werden dafür geschult.
Der nächste Vorbereitungskurs für angehende Sterbebegleiter ist im Herbst geplant, doch Andrea Braun-Falco würde sich freuen, wenn sich schon jetzt Interessenten melden. „Man bekommt als Ehrenamtler sehr viel zurück“, wirbt sie für ein Engagement in der Hospizbewegung Hamborn, „man erfährt viel Zuspruch, Vertrauen und Positives bei einer Begleitung – und viele nehmen diese Erfahrung als Geschenk wahr.“