Duisburg-Meiderich. Statt Führungen im Landschaftspark Nord gibt’s in Duisburg jetzt Entspannungsspaziergänge und Sticker mit Slogans wie „You better walk alone“.
Von hundert auf null. Keine Führungen, keine Einnahmen. Auch die freiberuflichen Gästeführer im Landschaftspark Nord trifft die Coronakrise hart. Aber manche lassen sich was einfallen. Virtuelle Stadtführungen hat sich Alexander Schwegl ausgedacht. Entspannungsspaziergänge will Manuela Sass anbieten. Und Kirsten Mohr von Tour de Ruhr, die in coronafreien Zeiten die Gästeführer mit Aufträgen versorgt, hat Sticker mit pfiffigen Sprüchen produzieren lassen, zum Beispiel: „You better walk alone“. Der Erlös aus dem Verkauf der Sticker und Buttons geht an die arbeitslos gewordenen Stadtführer.
Normalerweise sind Gästeführer gefragte Leute. Sie haben sich eine Menge Wissen angeeignet, das sie bei Führungen durch den Landschaftspark, den Innenhafen oder die Duisburger Innenstadt weitergeben. Normalerweise bietet Tour de Ruhr mehrere Führungen täglich an, in Duisburg, aber auch auf Zeche Zollverein oder auf alten Bahntrassen im Ruhrgebiet. Im Schnitt nehmen 20 Leute teil, oft auch Schulklassen, dann sind’s noch mehr. Doch Schülerausflüge sind bereits jetzt fürs gesamte Schuljahr gestrichen.
Nach der ersten Schockstarre kommen die Ideen
Kirsten Mohr geht davon aus, dass die Situation sich langfristig nicht bessern wird. In den letzten beiden Wochen ist sie ausschließlich damit beschäftigt, Stornierungen abzuwickeln, auch bereits für Buchungen im Juli. Alexander Schwegl, einer ihrer Gästeführer, schätzt die Lage ähnlich ein. Deshalb hat er sich bereits Alternativen überlegt. Nach der ersten Schockstarre, wie er es nennt, arbeitet Schwegl jetzt virtuelle Führungen aus. Dabei läuft er mit dem Handy durch die Gegend, zum Beispiel im Innenhafen. Seine Gäste sehen ihn zuhause am Computer über einen Livestream vor den Sehenswürdigkeiten. Sie können dem Guide jederzeit Fragen stellen. „Ob das tatsächlich gebucht wird, muss man sehen“, sagt Schwegl. Aber für ihn sei wichtig, etwas zu unternehmen. „Ich habe ja eh nichts zu tun“, sagt der gebürtige Bochumer.
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Der 48-jährige will seinen Traumberuf auf jeden Fall weitermachen, denkt darüber nach, ob er mit der virtuellen Variante auch nach Corona sein Angebot dauerhaft erweitern könnte. „Vielleicht kann man aktiv auf Schulen zugehen, die ja jetzt verstärkt mit der Technik in Berührung gekommen“, meint Schwegl. Er hat bereits die staatliche Soforthilfe beantragt, hofft in den nächsten Monaten so über die Runden zu kommen. „Ich hatte übrigens schon am nächsten Tag eine Rückmeldung, das hat sehr gut geklappt“, lobt er die unbürokratische Hilfe. Über die zusätzliche Unterstützung von Kirsten Mohr durch den Verkauf der Buttons und Sticker freut er sich. „Es gibt Kraft, wenn jemand an unsere Situation denkt“, sagt der Freiberufler: „Andere Auftraggeber interessiert das gar nicht.“
Auch Manuela Sass sind alle Aufträge weggebrochen, sowohl die Gästeführungen im Ruhrgebiet als auch die Reiseleitung, die sie für Wikinger Wanderreisen übernimmt. Eigentlich hätte ich im Frühjahr drei Reisen auf der griechischen Insel Tassos leiten sollen. „Daraus wird wohl nichts“, sagt die Duisburgerin. Die studierte Innenarchitektin hat ihren ersten Beruf aufgegeben, finanziert sich seit längerem ausschließlich über ihre freiberufliche Tätigkeit als Reise-und Gästeführerin.
Machsse nix - getz ers recht
Die Sticker und Buttons kann man online auf der Seite www.pottpraesente.de bestellen. Kirsten Mohr von Tour de Ruhr versichert, dass der Betrag von jeweils 5 Euro pro in voller Höhe an die insgesamt neun freiberuflichen Gästeführer weitergeben wird.
Nach dem Motto „So kriegt der Pott Corona geregelt“ gibt es verschiedene Motive, etwa: „Türen zu – und durch.“ Oder „Machsse nix – getz ers recht“
Spaziergänge für gestresste Mütter
Sie hat zusätzlich eine Ausbildung als Achtsamkeitstrainerin absolviert. Mit diesem Hintergrund will sie nun Spaziergänge mit Entspannungsübungen anbieten. „Ich denke, je länger die Kontaktbeschränkungen bestehen, umso größer wird der Bedarf.“
Sie stellt sich vor, mit einzelnen Teilnehmern, vielleicht einer gestressten Mutter, eine Runde zu drehen und dabei Entspannungstechniken, die man später auch allein auf dem Balkon ausführen kann, vorzustellen. Solange Manuela Sass nicht als Gästeführerin arbeiten kann, will sich ehrenamtlich engagieren. „lch will mich einbringen und helfen, wo es nötig ist.“