Duisburg-Ruhrort. . Thusnelde Emilie Haniel heißt der Klangkörper, der an die Unternehmertochter erinnert. Die Glocke war zuletzt in einer Ausstellung in Essen.
Die kleine Glocke namens Thusnelde Emilie Haniel, die der evangelische Großindustrielle Franz Haniel 1830 zur Geburt seiner gleichnamigen Tochter der katholischen Gemeinde St. Maximilian stiftete, ist jetzt wieder wohlbehalten in Ruhrort angekommen.
Für einen klassisch ortsgebundenen Klangkörper ist die 70 Kilogramm schwere Kirchenglocke mit der hellen Stimme schon ganz schön herumgekommen. Ihr jüngster Ausflug führte sie nach Essen zur Zeche Zollverein. Dort war sie eines der Exponate in der Ausstellung „Der geteilte Himmel“ zum 500. Reformationsjubiläum und zur religiösen Vielfalt an Rhein und Ruhr. Von April bis Ende Oktober dauerte die Ausstellung, nun ist Thusnelde endlich wieder vor der Kirche St. Maximilian vorgefahren.
Beim Ankippen erklingt ein durchdringender heller Ton
Kirchenvorstand Dieter Siegel und Gemeindemitglied Peter Brüß beobachten erleichtert, wie sie mit dem Hubwagen aus dem weißen Lieferwagen ausgeladen wird. Sie ist auf ihrer Transportpalette in schützende Filzdecken verpackt. Im Kircheninneren wird sie vorsichtig aus ihren Hüllen geschält. Christoph Röttelbach und seine Kollegen vom Transportteam ziehen weiße Baumwollhandschuhe an, bevor sie die 187 Jahre alte Glocke anheben. „Metall und Fingerabdrücke, das verträgt sich nicht so gut“, erklären sie.
Beim Ankippen lässt Thusnelde ihren durchdringenden hellen Ton hören, Dieter Siegel lacht. „Wenn wir sie zur Wandlung, zu Patronatsfesten und hohen Feiertagen läuten, dann erschrecken sich auch immer alle“, sagt er fröhlich.
Nicht im Geläut hängt sie, sondern im Kirchraum
In den Turm hinauf, ins Geläut muss die alte Dame nicht mehr, sie hat ihren Platz an einem eigens für sie geschmiedeten Gestell, das im Kirchraum steht. Zu dritt heben die Männer sie an und schrauben sie fest. Röttelbach hängt ihr noch ihr kunstvoll geflochtenes Glockenseil an. Peter Büß läutet, wie es sich gehört, den alten Schiffergruß: In Gottes Namen.
„Oben hängt ja die zweite Thusnelde, die hat die Firma Haniel gestiftet, als diese hier nach dem Ersten Weltkrieg nicht wieder aufgetaucht ist“, erzählt Siegel. Die Glocke war 1917 nur dadurch vor dem Einschmelzen gerettet worden, dass man sie an die neue Gemeinde nach Moers-Hochstraß abgab. 1951 kam sie von dort nach Dülmen. Danach wusste niemand mehr, wo sie geblieben war. Wiederentdeckt wurde sie erst 2002 von einem Antiquitätenhändler auf einem holländischen Flohmarkt. Haniel kaufte sie schließlich zurück, und sie kam endlich nach Hause. Kein Wunder also, dass die engagierten Ruhrorter erst jetzt wieder ruhig schlafen können, wo Thusnelde wieder am Platz ist.
>>> Einzige Tochter neben zehn Brüdern
Thusnelde Emilie Haniel, die 1830 im Packhaus in Ruhrort zur Welt kam, war die erste und einzige Tochter von Franz Haniel und Friederike Huyssen. Zuvor hatte das Ehepaar zehn Söhne bekommen.
Thusnelde Emilie Haniel heiratete 1853 den Aachener Fabrikanten Heinrich Cockerill und starb 1903 in Frankfurt.