Duisburg-Obermeiderich. . Heinz Wiesner (74) ist in Obermeiderich bekannt. Er ist Kümmerer, auch nach seiner Zeit als Bezirksvertreter. „Ich bin kein leichter Mensch.“
Heinz Wiesner packt gerne Probleme an. Er krempelt lieber die Ärmel hoch, als große Reden zu schwingen. Das war als Gewerkschafter so, als Siedlungsobmann und als Bezirksvertreter. Auch ohne Amt sieht der 74-Jährige sich immer noch als Kümmerer. „Wenn jemand zu mir kommt, und ich kann was machen, dann versuche ich zu helfen“, sagt er. Dass er so sei, liege an guten sowie schlechten Erfahrungen, die er als Heimatvertriebener und späterer DDR-Flüchtling gesammelt habe. Die aktuelle Flüchtlingssituation in Duisburg erinnere ihn an seine eigene Vergangenheit, und oft brodelt es dabei in ihm.
Als dreijähriges Kind sei er mit seiner Großmutter, Mutter und seinem älteren Bruder aus dem Sudentenland nach Barneberg bei Magdeburg zwangsumgesiedelt worden. Der Vater war in Kriegsgefangenschaft. „Wir waren dort nicht gerne gesehen“, erinnert er sich, selbst unter den Kindern nicht.
Als Flüchtling weiß er, wie schwer Integration ist
Das Plattdeutsch, mit dem in der Schule unterrichtet wurde, sprachen er und andere Sudetenkinder nicht. „Wir hatten große Schwierigkeiten, aber es gab keinen Sprachkurs, nichts.“ Doch auch Freundlichkeit lernte er kennen, seine erste Schokolade etwa habe ihm ein russischer Soldat geschenkt. Allerdings blieb die Familie nicht lange in der DDR. Nachdem der Vater zu ihr zurückgefunden hatte, bekam er ohne SED-Parteibuch keine Arbeit und folgte einem Rat: „Geh nach Duisburg in den Bergbau.“ Dort fand er tatsächlich einen Job, und seine Familie folgte ihm später nach Meiderich, sie floh dafür 1951 über die Grenze.
„Hier waren wir aber auch nicht gelitten“, sagt er. Denn Flüchtlinge seien damals stigmatisiert gewesen. Selbst Lehrer hätten sie schikaniert. Wer im Unterricht nicht mitkam, wurde mit dem Stock geprügelt. Und in der Berufsschule wurde es nicht besser: Dort habe er als Sudetendeutscher gegolten und sei deshalb diskriminiert worden.
Ungerechtigkeit ist dem Obermeidericher unerträglich
„Ich kann keine Ungerechtigkeit ertragen“, sagt er, deshalb setze er sich für seine Mitmenschen ein. Und die Stimme des gelernten Drehers wird energisch, als er über heutige Flüchtlinge spricht. „Kriegsflüchtlingen muss geholfen werden!“ Doch bei Wirtschaftsflüchtlingen wünscht er sich hingegen hartes Durchgreifen: „Menschen, die unseren Sozialstaat betrügen und regelrecht ausbluten, dürfte es nicht geben!“
Dass sich Eltern für ihre Kinder ein besseres Leben wünschen, versteht der zweifache Vater und doppelte Großvater nur allzu gut. Nur fleißig sollten die Leute sein, die deutsche Sprache lernen und sich integrieren. „Dass Bivsi und ihre Eltern zurückkommen, freut mich sehr“, sagt Wiesner. „Sie hätten erst gar nicht abgeschoben werden dürfen, sie waren ja gut integriert.“
Er kämpft leidenschaftlich, wenn nötig
Wenn dagegen Menschen nach Deutschland kämen, um bloß beim Amt die Hand aufzuhalten, das könne er gar nicht leiden: „Alles, was wir hatten und haben, haben wir uns erarbeitet, meine Eltern und ich. Das hat Jahre gedauert.“ Trotz Helfer wie der Caritas, an die sich Wiesner dankbar erinnert. Vielleicht setzt er sich deshalb bis heute dafür ein, dass es in seiner Nachbarschaft schön ist. „Ich bin kein leichter Mensch“, räumt der Gewerkschafter und frühere SPD-Bezirksvertreter ein, aber wenn er für eine Sache kämpfe, dann leidenschaftlich. So habe er es mit „einem kleinen Aufstand“ geschafft, dass die Gartroper Brücke neugebaut wird, zudem habe er Unterschriften gesammelt, damit die Bahnstrecke nach Beeckerwerth Schallwände bekommt.
Jedoch wurmt ihn, dass er die Schließung der Koopmannschule nicht verhindern konnte. „Nicht mal in unserer eigenen Fraktion gab es dafür eine Mehrheit.“ Trotzdem habe er weiterhin ein gutes Verhältnis zur SPD. Dass er wegen der Agenda 2010 zwischenzeitlich austrat, ist lange her. „Doch in mir brodelt es, wenn ich die Verlogenheit mancher Politiker höre.“ Ob sie Probleme in Duisburg kleinreden, Armut in Deutschland leugnen oder einen Mindestlohn bejubeln, von dem als Rentner nachher niemand leben könne.
Zwei Hobbys: Gartenarbeit und Briefmarken sammeln
Oft gehe ihm der Puls hoch, doch dann entspannt sich Heinz Wiesner bei der Gartenarbeit oder bei seinem größten Hobby: dem Briefmarkensammeln. Das betreibt er seit über 60 Jahren, es gehört zu den schönen Erinnerungen seiner Kindheit, in der er Heimatvertriebener und später Flüchtling wurde.
Jetzt blickt er auch gerne in die Zukunft: „Für mich das Schönste ist, dass bei uns ein Kindergarten entsteht.“