Duisburg/Walsum. Ein Jahr vorm Jubiläum kam das Aus für den ältesten Walsumer Industriebetrieb. An eine Rettung glaubt kaum noch jemand. Ein Blick in die Geschichte.
Das Ende der Walsumer Papierfabrik scheint besiegelt. Selbst die Politik hat kaum noch Hoffnung, dass dem einstigen Vorzeigeunternehmen aus Walsum noch einmal Leben eingehaucht werden könnte. Im nächsten Jahr würde der Papierstandort Walsum 120 Jahre alt. „Das ist das älteste Walsumer Industrieunternehmen“, sagt Helmut Schorsch.
Es war im Januar vor 119 Jahren, als sich einige Walsumer Unternehmer und Landwirte zusammen mit der Kölner Bank Trinkaus entschieden, gemeinsam die Niederrheinische Zellstofffabrik zu gründen. Im Sommer gab’s die Baugenehmigung und schon bald konnten ausländische Holzlieferanten den benötigten Rohstoff anliefern. Kein einfaches Unterfangen. Zwar lag die Fabrik am Rhein, doch einen Hafen gab es dort nicht.
So mussten die Stämme in Handarbeit entladen werden – über wackelige Stege, die vom Schiff zum Ufer führten. Der Landweg war nicht minder beschwerlich. Denn: Straßen fehlten. Über buckelige Feldwege brachten auch Fuhrwerke die Fracht zur „Zellstoff“. Wirtschaftlich ließ sich so nicht arbeiten. Im Gegenteil: Der Betrieb fuhr Verluste ein, war schon bald gezwungen, das Handtuch zu werfen. 1903 stiegen die Aschaffenburger Zellstoffwerke ein, die sich damals Maschinenpapierfabrikation Aschaffenburg nannten.
Schwimmflöße angeschafft
Die neuen Eigentümer investierten kräftig. Sie schafften Schwimmflöße für die Entladung der Stämme und die Beladung der Schiffe mit den fertigen Produkten an. Sie kauften einen Dampfkran und schafften es, dass die Reichsbahn 1923 einen Bahnanschluss legte.
Im Zweiten Weltkrieg wurde die Fabrik zu 70 Prozent zerstört – und doch begann die Produktion bereits ein Jahr nach Ende des Krieges wieder. 1951 stellte man 41500 Tonnen Papierzellstoff her und war damit einer der Großen dieser Branche. Unter anderem wurden Camelia-Produkte hergestellt, zudem aus Abfallstoffen Spiritus, Methyl-Alkohol und Sulfitablauge als Grundmaterial für Schädlingsbekämpfungsmitteln und Gerbstoffe. 1952 war ein schwarzes Jahr für die Fabrik: Bei einer Explosion trat Chlorgas aus, sieben Menschen starben, 240 erlitten Vergiftungen.
1962 übernahm Haindl die Produktion. Doch Ende der 1990er kriselte es. Norske Skog stieg 2001 ein. 14 Jahre lang hatten die Norweger das Sagen. 2015 dann die Horrornachricht: Das Walsumer Werk fährt pro Monat 1,2 Millionen Euro Verluste ein. Folge: Norske Skog verkaufte an Green Elephant aus Luxemburg. Die neuen Eigner scheiterten nach wenigen Wochen. Per Insolvenzverwalter sollte ein neuer Interessent gefunden werden – die Suche war vergeblich. Somit endete 2016 die Geschichte des Werks, in dem zeitweilig 760 Menschen arbeiteten.