Duisburg. Junge Leute engagieren sich ein Jahr lang im Stadtteil, betreuen Kinder bei den Hausaufgaben,helfen ihnen beim lernen. Dafür bekommen sie in dieser Zeit eine kostenlose Wohnung.

Christine Bleks und ihr Kollege Mustafa Tazeoğlu haben 2011 in Duisburg-Marxloh den gemeinnützigen Verein „Tausche Bildung für Wohnen“ ins Leben gerufen. Die Idee: Studierte junge Menschen helfen Kindern in Marxloh bei den Hausaufgaben und beim Lernen. Im Gegenzug wohnen sie kostenfrei in Wohngemeinschaften im Stadtteil. Jetzt sind die Bildungspaten der ersten Generation gefunden und das Projekt kann starten. Die Initiatoren erhoffen sich den Beginn einer sozialen Durchmischung in Marxloh. Ein Stadtteil, aus dem wenig positive Neuigkeiten herauskämen, so Bleks, die sich wünscht: „Die Qualität der Bildung darf nicht vom Wohnort abhängen.“

„Ich wollte etwas Soziales machen, bevor ich in den Beruf einsteige“, erklärt Maxi Boden. Die 24-Jährige hat Architektur und Städtebau in Lübeck studiert. Nun leistet sie ein Bundesfreiwilligenjahr in Duisburg ab und ist eine von den sechs Paten, die dem Ruf nach Marxloh gefolgt sind. In zwei Dreier-Wohngemeinschaften wohnen Boden und ihre Mitstreiter. Die Vollzeitpaten arbeiten 40 Stunden in der Woche, die Teilzeitpaten, die nebenbei noch studieren, die Hälfte. „Zurzeit bin ich in der Grundschule an der Sandstraße und dem Elly-Heuss-Knapp-Gymnasium zur Nachmittagsbetreuung“, erzählt Boden. In den nächsten acht Wochen soll jedoch an der Paulskirche die „Tauschbar“ fertig werden. Ein Treffpunkt für die Schüler und Paten soll entstehen, ganz in der Nähe der WGs. Ein Büro, zwei Klassenzimmer, eine Küche und ein Spielzimmer sowie Garten sind vorgesehen.

„Negative Erfahrungen haben wir nie gemacht“

Der 24-jährige Tolga Özdemir ist Ur-Duisburger, hat bisher in Bruckhausen und Hamborn gewohnt, nun zieht es ihn als Paten nach Marxloh. „Am wichtigsten ist es mir, dass ich zurück geben kann, was ich von der Gesellschaft bekommen habe“, sagt der BWL-Student. Auch ihm wurde damals eine Chance gegeben. Eine Ausbildungsstelle als Bürokaufmann ermöglichte ihm das Wirtschaftsabitur und somit schließlich das Studium. Özdemir und seine Kollegen wurden zum Start des Projekts in die neue Umgebung eingeführt. „Marxloration“ nennen Bleks und Tazeoğlu den Workshop. Eine Präsentation und eine Stadtteilführung sollen den Paten eine Wissensgrundlage geben und auch die Stadtteil-Bewohner sollen einen ersten Eindruck der Neuankömmlinge bekommen.

„Der Stadtteil kennt uns“, erzählt Bleks. „Negative Erfahrungen haben wir nie gemacht.“ Auch die Rückmeldungen der Schulen seien bislang sehr gut. Als ideales Ziel nennt Bleks, dass Projekte wie ihres irgendwann nicht mehr nötig sind, dass die Spaltung in bildungsstarke und schwache Stadtbezirke überwunden wird. „Aber das ist natürlich utopisch.“ Das Duisburger Pilot-Projekt wird sich eher erstmal ausweiten. Den Initiatoren schwebt ein „soziales Franchise-Konzept“ vor. In drei Jahren wollen sie in der nächsten Stadt starten. „In Berlin sind schon erste Gespräche gelaufen“, berichtet Bleks.