Duisburg. Laut einer DGB-Umfrage macht rund jeder zweite Arbeiter Überstunden - auch in Duisburg. Diese werden aber nicht am Monatsende ausgezahlt. Hinzu kommt eine Studie, die besagt, dass die Deutschen Überstunden-Weltmeister sind. Dabei gibt es in Deutschland die geringsten Wochenarbeitszeiten weltweit.
Diese Zahl alarmiert: Fast jeder zweite (42 Prozent) Arbeitnehmer in Duisburg erklärt laut einer Umfrage des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), „hin und wieder bis sehr häufig“ für seine Firma Überstunden zu machen, die sich dann am Monatsende nicht auf dem Gehaltszettel wiederfinden.
Mit dieser Aussage bestätigt gestern Angelika Wagner, Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes Duisburg und Region Niederrhein, die Grundaussage einer Studie der EU-Kommission, derzufolge die Deutschen Europameister seien beim Überstunden machen. Ein großes Problem, nicht nur in Deutschland, sondern auch in Duisburg, so die DGB-Vorsitzende, sei zudem die wachsende Zahl unbezahlter Überstunden.
Regelmäßig unbezahlte Arbeit leisten
Im aktuellen DGB-Index „Gute Arbeit“ gaben auf Bundesebene ein Sechstel der Beschäftigten an, regelmäßig unbezahlte Arbeit zu leisten. „Wir haben diese repräsentativen Zahlen auf unsere Region herunterrechnen lassen“, sagt Wagner. Demzufolge leisten in Duisburg zirka 27.000 Beschäftigte „sehr häufig bis oft“ unbezahlte Überstunden. Etwa weitere 40.000 Arbeitnehmer würden „hin und wieder“ unbezahlte Mehrabeit leisten. In Summe seien dies 67.000 (= 42%) von insgesamt 158.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der Stadt.
Bemerkenswert sei zudem, dass dort, wo in Betrieben ein gutes Arbeitsklima herrsche, es eher keine unbezahlte Arbeit gebe. Aber dort, wo die Arbeitsbedingungen eher prekär oder schlecht seien, träfe man häufiger auf dieses Phänomen. Die Furcht vor einem Verlust des Arbeitsplatzes und der damit verbundene soziale Abstieg ist nach Auffassung von Wagner der häufigste Grund, warum Beschäftigte unbezahlter Mehrarbeit leisten.
Sortiert nach Branchen würden hier besonders der Bildungs- und Erziehungsbereich, der Pflege- und Wellnessbereich, aber auch IT- und Kommunikationsberufe hervorstechen.
„Unbezahlte Überstunden sind auch nicht gezahlte Sozialabgaben“
Keine unbezahlte Überstunden indes gebe es in der Metallerzeugung oder im Ver- und Entsorgungsbereich. Eine starke Mitbestimmung sorge dort dafür, dass Arbeitszeitgesetze respektiert würden. Verdichtete Arbeit produziere aber Stress, mache erwiesenermaßen krank und erhöhe das Unfallriskio. Wagner: „Ganz abgesehen davon, dass für unbezahlte Überstunden auch keine Sozialabgaben bezahlt werden.“
Ein Zerrbild der Arbeitsbedingungen in Deutschland
Die Diskussion über Stress am Arbeitsplatz muss aber nach Ansicht des Unternehmerverbandes versachlicht werden: „Es wird zum Teil ein Zerrbild der Arbeitsbedingungen in Deutschland gezeichnet. Mit der betrieblichen Realität hat das in den meisten Fällen nichts zu tun“, so der stellvertretende Hauptgeschäftsführer Martin Jonetzko.
In Deutschland gebe es mit die höchsten Arbeitsschutzstandards und geringsten Wochenarbeitszeiten weltweit. Man müsse aufpassen, dass die Anti-Stress-Diskussion nicht zu einem Anti-Leistungs-Projekt werde, warnt der Verband und kritisiert Wünsche von Politik und Gewerkschaften nach Anti-Stress-Gesetzen. Für jene, die Überstunden und Mehrarbeit leisten wollen, müsse dies auch in Zukunft möglich sein.