Hochfeld. . Der Künstler und Dozent Ingo Cesaro arbeitet im Rahmen der sozialen Woche mit Jugendlichen der Globus-Gesamtschule. Sie dichten Haiku-Verse und setzen sie mit Hilfe einer mobilen Druckerpresse.
Die Kinder laufen wild durcheinander an das Lehrerpult im Klassenzimmer. Sie legen ihre selbst gefertigten Grafiken, die nach fernöstlichen Schnittsystemen angefertigt sind, dem Mann am Pult freudig und mit stolzem Gesicht vor. Anders als normalerweise sitzt bei der 6e der Gesamtschule Globus dort nicht der Klassenlehrer. Der Schriftsteller Ingo Cesaro ist für drei Tage zu Gast und bringt den Kindern in einer „nachhaltigen Literaturwerkstatt“ das Schreiben näher. Seit Donnerstag arbeitet Cesaro mit den Schülern zusammen. Heute werden die Klasse und der Schriftsteller beim Platzhirsch-Festival auf dem Dellplatz ihre Arbeiten präsentieren.
Im Zuge einer so genannten sozialen Woche, die an der Globus Schule jedes Schuljahr einläutet, kam es zu der Zusammenarbeit. „Ziel ist es, den Schülern das Schreiben und Lesen näher zu bringen“, sagt Cesaro. „Wenn sie merken, dass es Spaß machen kann zu schreiben, ist das vielleicht der erste Anstoß, sich für Bücher oder Kunst zu interessieren.“ Es geht Cesaro um Nachhaltigkeit und den spielerischen Umgang mit Sprache. Er nutzt dazu Haiku-Gedichte. Kurzgedichte, die ihren Ursprung in Japan haben. Die Dreizeiler müssen sich nicht reimen, haben jedoch eine feste Silbenstruktur. Die erste Zeile hat fünf Silben, die zweite sieben und die dritte wieder fünf.
In aller Kürze ausdrücken
Präsentation und Lesung beim Platzhirsch-Festival
Cesaro ist zu Gast beim Platzhirsch-Festival. Neben dem Druck und der Präsentation der Haiku-Gedichte werden auch die Grafiken der Kinder am Dellplatz zu bestaunen sein. Es wurden davon 100 Kalender hergestellt, die am Stand der Schule zum Verkauf aushängen.
Am Sonntag, 15 Uhr, gibt es eine Lesung von Ingo Cesaro und Klaus Brüggenwerth im Künstler- und Atelierhaus in der Goldstraße. Der Eintritt ist frei.
„In dieser Form können sich auch Kinder, die eventuell Probleme haben, einen Aufsatz über zwei Seiten zu schreiben, in aller Kürze ausdrücken“, erklärt Cesaro die Vorzüge. Zum Einstieg lässt er die Kinder Wortkarten zu Haiku-Gedichten zusammenlegen. „Das hat mir am besten gefallen“, sagt der 12-jährige Bahtiyar. „Auch das Schreiben von eigenen Haiku-Gedichten fiel mir danach leicht.“ Bahtiyar und jeder seiner Klassenkammeraden haben mindestens zwei Gedichte verfasst. Heute auf dem Dellplatz werden die literarischen Erstlingswerke dann von den Kindern selber gedruckt wie zu Gutenbergs Zeiten: Ingo Cesaro hat eine mobile Bleisatzwerksatt und Druckerpresse. So entstehen die Texte durch ein eigentlich längst ausgestorbenes Handwerk. Alte Traditionen werden so anschaulich.
Cesaro, der auch kreatives Schreiben an verschiedenen Universitäten lehrt, hofft durch seine vielzähligen Projekte mit Schülern etwas zu verändern. „In Japan lernt jedes Kind ab der ersten Klasse das Schreiben von Gedichten in einem eigenen Fach. Hier erzählen Kinder, dass bei ihnen zu Hause kein einziges Buch steht“, macht er die Unterschiede der Kulturen deutlich.
Der Klassenlehrer der 6e, Tobias Tombornino, ist von der Zusammenarbeit begeistert: „Die Kinder schaffen hier selber etwas und können es auf dem Dellplatz auch noch der Öffentlichkeit präsentieren. Davon profitieren sie.“ Vielleicht motiviert es den ein oder anderen ja nachhaltig, das ein oder andere Buch mehr zu lesen oder am Ende gar eines zu schreiben. Der Anfang ist ja jetzt gemacht.