Duisburg..

Literatur und Ruhr – das reimt sich, sagt Harald Hartung. Und er muss es wissen, denn der Preisträger des Literaturpreises Ruhr 2012 ist auch ein großer Lyriker.

Davon konnte sich das Publikum am Freitag Abend in der Zentralbibliothek überzeugen, als Hartung zum Abschluss der Preisverleihung eine lyrische Reise durch sein Leben unternahm. Gerade 80 geworden, las der Sohn eines Bergmanns, der später als Schlosser bei Thyssen in Mülheim gearbeitet hat, Gedichte, in denen er Kindheits- und Kriegserinnerungen im Ruhrgebiet eingefangen hat, die Nachkriegszeit, das Studium, die Liebe, das Reisen (vorzugsweise Italien) und das Altern. Darin entwirft er starke Bilder, setzt aber auch sanfte Ironie ein.

206 Bewerbungen

Als „lyrische Momentaufnahmen eines nachdenklichen, gebildeten Zeitgenossen“, beschrieb Laudator Dr. Hannes Krauss diesen Teil des Werks von Hartung, der seit 1970 Gedichte veröffentlicht. 20 Bücher sind seitdem erschienen. Darüber hinaus hat sich Hartung als Essayist, Literaturkritiker und Herausgeber verdient gemacht.

206 Bewerbungen hatte es für den literarischen Förderpreis zum Thema „Ganz schön schräg – eine Liebe“ gegeben. Er ging an ein Autorinnen-Duo und eine Einzelautorin. Nadine d’Arachart (Jahrgang 1985) und Sarah Wendler (Jahrgang 1986) aus Hattingen schreiben seit 2004 gemeinsam Texte und sind nicht zum ersten Mal erfolgreich.

Ein „pointilistisches Sittengemälde“

Die Jury habe die „leise Sorge“ gehabt, so WAZ-Feuilletonchef Jens Dirksen als Jury-Vorsitzender, dass es sich beim Autor um einen Mann im fortgeschrittenen Alter handeln könne. Sei doch ihre Erzählung „Sonnenwende“ ein „pointilistisches Sittengemälde“ aus der Zeit kurz nach dem Zweiten Weltkrieg.

Doch es sei auch ein Text über 2012: Er handelt von einem Schuljungen „im Nirgendwo“ und einem homoerotischen Ausbruch, der am Ende zum Tod führt: „Die Verantwortung für den Tod trifft viele“, so Dirksen.

Schräges Happy-End

Mit „durch und durch ironischer Grundstimmung“ hat die Dortmunderin Alexandra Trudslev (Jahrgang 1974) ihren Text „Drück mich jetzt“ geschrieben: Es ist die Geschichte einer Kundenberaterin am Fahrkartenautomaten im Bahnhof. Es geht um den „Irrsinn der Automaten“, die Menschen ersetzen sollen, die nicht automatisch genug funktionieren, während die Automaten nicht menschlich genug sind, verstanden zu werden.

Am Ende steht ein sehr schräges Happy-End. Alexandra Trudslev ist Journalistin und arbeitete unter anderm für die WAZ, die taz, den WDR und Spiegel online.

Das Klarinetten-Quartett Clarinetti al dente sorgte für die „sprechenden“ Zwischentöne.