Duisburg. Bereits 2010 machte sich Markus Ambach mit Künstlern dazu auf, Menschen an Orte zu locken, die vielen sonst zu laut und hässlich sind. Die zweite Ausstellung, die “Die Schönheit der großen Straße“ entdeckt, führt wieder ins Kreuz Kaiserberg. Hier liegen Hölle und Idylle erstaunlich nah zusammen.

200.000 Fahrzeuge donnern täglich durch den Spaghetti-Knoten, diese komplizierte Autobahnkreuzung von A 40 und A 3 am Kaiserberg. Hier verlaufen die ICE-Strecke nach Berlin und der Schifffahrtskanal. Hier bündelt sich das Bild der mobilen Gesellschaft und ihrer Folgen. An diesen einstmals ländlichen Flecken Erde erinnert Michael Fehr in seiner Arbeit „Überplanungen“ an der Dörnerhofstraße. Acht Tafeln sind in Metallrahmen auf einem Holzboden montiert – auf einem ehemaligen Feld. Am Rand steht ein Apfelbaum.

Mit Blickrichtung auf den Betonknoten und rollende Lkw zeigen die Karten, dass hier im 15. Jahrhundert nur der Dörnerhof stand. Sie vollziehen nach, wie sich dieser Ort verändert hat: mit dem Bau der Eisenbahn und der „Reichsautobahnen“ und der Entstehung der kreuzungsfreien Autobahnkreuzung, die wegen der Besonderheiten hier nicht das wohl geordnete Kleeblatt bildet sondern als Durcheinander erscheint. In der jüngsten Karte sind als „geplant“ der S-Bahnhof Zoo und die Gewerbefläche Autohof eingezeichnet.

Zu hässlich, zu laut

Nachdem sich Kurator Markus Ambach mit Künstlern im Kulturhauptstadtjahr 2010 aufgemacht hatte, „Die Schönheit der großen Straße“ zu entdecken und entlang der A 40 zwischen Dortmund und Duisburg eine Reihe von Kunstwerken einen anderen Blickwinkel auf die Autobahn und die an ihr lebenden Menschen gelenkt hatte, gibt es in diesem Jahr eine Fortsetzung. Wieder betreut von Markus Ambach, diesmal zusammen mit dem Kulturhauptstadt-Nachfolger „Urbane Künste Ruhr“, werden Besucher an Orte geführt, die man bei jedem Spaziergang meiden würde: zu hässlich, zu laut.

Unwegsam ist das Autobahnkreuz Kaiserberg allerdings nicht, sondern erstaunlich gut für Fußgänger erschlossen. Und wie 2010 staunt man beim Rundgang über das Nebeneinander von Hölle und Idylle: Denn der Hölle nah erscheint der Gang die Treppe herunter, die direkt an die A 40 führt, dann unterhalb der Rampen geht es mitten durch den Lärm von Motoren und Rädern auf Asphalt.

„Gänseoper“ neben Verkehrslärm

Beim Weg an die „Oberfläche“ dann: Gänsekreischen. Das kann nicht sein? Doch, die Gänse werden lauter als der Verkehrslärm. Hier ist die „Gänseoper“ von Danica Dakic zu hören. Die Aufnahmen stammen vom Heißener Hof in Mülheim; sie dringen auf- und abschwellend, zum Teil furchtbar schrill, aus einem fest verschlossenen Container. Auch wenn es sich manchmal nach Hilferufen anhört, potenzielle Befreier werden auf einer Tafel vom Veterinäramt Duisburg informiert: „Hier sind keine lebenden Gänse eingesperrt, man hört nur aufgenommene Tierlaute.“

Zu den echten Tierlauten des Zoos, der Siedlergemeinschaft Werthacker, zum „Wasserschloss“ von Delikatfisch Braun und zum Bikermeeting Zooparkplatz führt diese ungewöhnliche Wanderung weiter, die erstaunt und nachdenklich macht über die Natur und den Menschen, der Scheußliches und Schönes schafft.

Info: www.urbanekuensteruhr.de