Duisburg. Die „Meidericher Vizemeister“ erobern das Duisburger Sommerkino im Landschaftspark Nord. Stehende Ovationen der 1070 Besucher für die MSV-Helden von einst und für die drei Filmemacher, die sie zurück ins öffentliche Bewusstsein holten.
Da stehen sie nun auf der Bühne im Kegel des grellen Scheinwerferlichts in einer Reihe. Und strahlen von ganzem Herzen. Um punkt Mitternacht, die Sommerkino-Vorstellung ist soeben beendet, prasselt der Applaus wie ein warmer Sommerregen auf die Protagonisten des Dokumentarfilms „Meidericher Vizemeister“ herab. Und diese genießen die stehenden Ovationen des begeisterten und spürbar gerührten Publikums. Diese Momente der kollektiven Euphorie und Dankbarkeit sind eine Art verspätete Anerkennung für das, was diese gealterten Fußball-Größen vor fünf Jahrzehnten geleistet haben. Damals im Jahr 1964, als der Meidericher SV Vizemeister wurde.
„Ich bin zutiefst bewegt“, sagt Heinz Höher, als er von der Bühne hinabgestiegen ist. „Gut, dass ich heute Abend vorbeigekommen bin und dabei sein durfte.“ Höher ist einer von zehn Spielern, die vor 50 Jahren als erweiterte „Straßenmannschaft“ die frisch gebackene Bundesliga aufmischten – deren Taten in der Öffentlichkeit, ja sogar im eigenen Verein, aber lange Zeit fast in Vergessenheit geraten waren.
Ein Stück Vereins- und Stadtgeschichte
Manfred Manglitz, Johann Sabath, Werner Lotz, Horst Gecks, Ludwig Nolden, Hartmut Heidemann, Manfred Müller, Werner Kubek, Heinz Höher und Kapitän Günter Preuß erhielten als Ausgleich für die zuvor oft erlebte Ignoranz nun diese magische MSV-Nacht, die nicht nur zu einem unvergesslichen Kapitel Vereinsgeschichte wurde, sondern sogar zu einem Stück Stadtgeschichte. „Heimat ist nicht nur ein Ort, Heimat ist manchmal auch ein Fußballverein“, hatte Sommerkino-Macher Kai Gottlob in seiner Begrüßungsrede noch gesagt. Dieser Abend war ein Stück Heimat. Duisburg pur.
Weil eine Fußball-Mannschaft aber nun mal aus elf Spielern besteht, komplettierte Michael Bella die Aufstellung des Abends. Er stieß zwar erst eine Saison später, also 1964/65, zum Kader, doch gefühlt zählte auch er zum Erfolgsteam. Diese Elf saß gemeinsam vor Filmbeginn an Klapptischen, die oben auf der Empore vor der Gießhalle aufgebaut waren. Und alle schrieben sich die Finger wund. Der Andrang war derart riesig, dass die Autogrammstunde in die Verlängerung gehen musste. Aus 60 wurden 140 Minuten. „Irgendwann mussten wir aufhören, weil die Stifte leer geschrieben waren“, sagte Günter Preuß. Auch er war sichtlich ergriffen von dem riesigen Interesse der Fans. „Dieses Bewusstsein für unsere Leistung hat in der jüngeren Vergangenheit leider oft gefehlt“, so der Kapitän der Vizemeister-Mannschaft.
Dass sich der Verein nun wieder seiner alten Helden erinnert, ist das große Verdienst von Matthias Knorr, Michael Wildberg und Kristian Lütjens. Dieses Trio – allesamt Meidericher Jungs – schuf in 15 Monaten Arbeit dieses über zweistündige, bewegende Werk. Das ist um so erstaunlicher, weil es sich bei allen Dreien um absolute Novizen im Filmgeschäft handelt.
Auch sie erhielten ihren verdienten Riesen-Dank des Publikums in der mit 1070 Besuchern ausverkauften Gießhalle. Vor dem Beginn des Films bat Sommerkino-Chef Gottlob das Trio für ein Kurz-Interview auf die Bühne. Die Drei hatten noch kein Wort gesprochen, da erhob sich das Publikum zum ersten Mal an diesem Abend von seinen Plätzen. Applaudierte frenetisch. Jubelte. Und ging in den Fangesang über: „Olé, olé! Oleoleolé! Meidericher SV, Meidericher SV, Meidericher SV!“
„Das ist ein grandioser Abschluss für uns. Vor allen, weil unser Film nun hier im Meidericher Landschaftspark gezeigt wird und wir die Jungs somit heute Abend nach Hause geholt haben“, sagte Matthias Knorr der WAZ.
Aus geplanten drei wurden 15 Monate Arbeit
Michael Wildberg dankte vielen. Den Fans. Allen Helfern. Und vor allem Ursel und Günter Preuß, mit denen das Trio das erste Interview geführt hatte. „Sie waren der Türöffner.“ Denn so bekamen die drei leichter Zugang zu den nächsten Interviewpartnern. „Heidemann, Sabath, Lotz und alle anderen haben uns supertolle Geschichten erzählt, so sind aus geplanten drei Monaten Arbeitszeit 15 geworden“, so Wildberg. „Aber jeder Tag hat sich gelohnt.“
Kristian Lütjens wurde nach den filmischen Zukunftsplänen des Trios gefragt: „Mal schauen, was wir machen. Dieser Verein hat noch viele tolle Geschichten zu erzählen.“