Wien. Ein Ausländer, noch dazu ein Deutscher aus Duisburg, macht TV- und Radio-Karriere in Österreich. Dirk Stermann beweist: In der Alpenrepublik muss eine solche Herkunft kein Hindernis sein. Auch wenn Kollegen ihm anfangs prophezeiten: “Du wirst nie reden dürfen, weil du Deutscher bist“.
Dirk Stermann winkt ab. "Wir haben uns immer über den Eurovision Song Contest lustig gemacht. Zur Moderation hätten wir nicht das Format", sagt der 48-jährige Kabarettist und schmunzelt. Mehr als 11.000 Menschen auf Facebook sehen das anders. Sie wollen das deutsch-österreichische Humor-Duo "Stermann & Grissemann" im Mai 2015 auf der Bühne sehen, wenn die Alpenrepublik Gastgeber für das musikalische Mega-Event sein wird.
Die Unterstützung passt in den Lebenslauf des gebürtigen Duisburgers, der in den vergangenen 25 Jahren in Österreich ein Star in Radio, Fernsehen und auf der Bühne geworden ist. Es ist eine ungewöhnliche Medien-Karriere in einem Land, das den "Piefkes" aus dem Nachbarland oft äußerst reserviert gegenübersteht.
"Du wirst nie reden dürfen, weil du Deutscher bist", sei die Ansage von Kollegen beim ORF gewesen, als Stermann 1988 nach abgebrochenem Studium dort als Freier Mitarbeiter anfing. Er wollte in Deutschland nicht sechs Jahre auf einen Studienplatz in den zugangsbeschränkten Theaterwissenschaften warten, packte wegen einer "diffusen Liebe" zu einer Studentin die Koffer und landete an der Donau.
Der österreichische Humor ist härter
"Wien, das war das angenehmere Ost-Berlin". Grau, ganz ostig. "Ich fand das total gut", sagt er. Im Gegensatz zu vielen Freunden blieb er, fand den Job beim ORF, schmiss das Studium und durfte später doch im Radio sprechen - mit sonorer Stimme und ziemlich Hochdeutsch. Ein mögliches Erfolgsrezept: "Akzeptanz durch Penetranz", sinniert Stermann, der nebenbei auch Bestseller-Autor ("6 Österreicher unter den ersten 5") ist und ein Buch über ein vertauschtes Schnitzel geschrieben hat ("Stoß im Himmel").
Seit 1990 ist der Vater einer Tochter mit Christoph Grissemann (48) als künstlerisches Duo unterwegs. Zusammen machten sie die Radiosendung "Salon Helga" zum Kult, moderierten jahrelang den Protestsongcontest in Wien und vor allem: führen seit 2007 und nun rund 260 Ausgaben durch die Late-Night-Show "Willkommen Österreich". Mit einem Marktanteil von 20 Prozent gilt sie als höchst erfolgreich in Europa. "Der Humor in Österreich ist härter, wird aber charmanter präsentiert", meint er.
Ein Leitpflock der ORF-Comedy
Bundespräsident Heinz Fischer, selbst oft "Opfer" der beiden scharfzüngigen Moderatoren, bewies mit einem launigen Dankesbrief zur 250. Sendung Noblesse. "Wir sind totale Fans von ihm", sagt Stermann.
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Das Duo ist auch nicht zimperlich im gegenseitigen Austeilen. "Sie gehen gekonnt aufeinander los. Es bleibt undurchsichtig, ob es spontan oder geplant ist", sagt der TV-Kritiker der Zeitung "Kurier", Philipp Wilhelmer. "Die beiden sind ein Leitpflock der ORF-Comedy", urteilt er. Dabei sei das Mit- und Gegeneinander eines Österreichers und eines Deutschen ein "wichtiges Spannungs- und Spielmoment in der Bühnenbeziehung."
Der Blick des Auslandsdeutschen Stermann auf seine Heimat ist inzwischen voller Wohlwollen. Geprägt noch von Helmut Kohl (Bundeskanzler) und Berti Vogts (Bundestrainer) falle ihm der ungemein sympathische Wandel von Schwarz-Rot-Gold sehr auf. "Ich mag Deutschland viel lieber als früher."
Im November soll ein neues Kabarett-Programm stehen
Aktuell hat er zusammen mit Grissemann gerade einen schrägen Kinofilm abgedreht. Es geht um drei Saxofonspieler, die in Bademänteln durchs Leben gehen und auf Youtube einen Welthit landen - oder so ähnlich. Im November soll sein neues Kabarett-Programm stehen. Arbeitstitel: "Für die Eltern was Perverses." Und? Worum geht's? "Wir haben noch keine Zeile, aber irgendwas wird's schon werden. Im Radio haben wir immer auf den letzten Drücker gearbeitet", gibt er sich entspannt.
Ach ja, er hat noch einen Vorschlag für die ESC-Moderation. "Das sollen Christoph Waltz und Conchita Wurst zusammen machen." Der Oscar-Preisträger und die ESC-Gewinnerin 2014 - beides schließlich Bartträger. "Die Bärte passen zu Österreich." (dpa)