Duisburg. Der Karstadt-Aufsichtsratsvorsitzende Stephan Fanderl hat von einer möglichen Schließung von mehr als 20 Filialen gesprochen. Bei den 220 Mitarbeitern der Duisburger Filliale der Warenhauskette sorgt diese Nachricht für Verunsicherung. Die Angestellte sorgen sich nun um ihren Arbeitsplatz.

Was haben sie nicht schon alles gemacht im Kampf um den Erhalt ihrer Arbeitsplätze, die Mitarbeiter der Karstadt-Filiale in Duisburg? Sie haben demonstriert, Unterschriften gesammelt, Mahnwachen abgehalten, Solidaritäts-Aktionen und Podiumsdiskussionen auf die Beine gestellt; sie haben auf einen Gutteil ihres Gehaltes verzichtet und vor allem - sie haben durchgehalten und professionell weiter die Kunden bedient, auch wenn die Situation ungewiss war wie im Juni 2009, nachdem der damalige Karstadtmutterkonzern Acandor den Insolvenzantrag gestellt hatte.

14 Monate dauerte der Kampf der Belegschaft, 14 Monate zwischen Bangen und Hoffen bis der Privatinvestor Nicolas Berggruen der neue Eigentümer der Karstadt-Kaufhäuser wurde und von zahlreichen Medien zum Retter in schimmernder Rüstung hochstilisiert wurde. Damals knallten auch in Duisburg die Sektkorken. Doch spätestens nachdem Eva-Lotta Sjöstedt, die Hoffnungsträgerin für die Sanierung des Konzerns, vergangene Woche ihren Job geschmissen hat, weil sie keine Basis mehr für den von ihr angestrebten Sanierungsprozess sieht, glaubt in der Belegschaft wohl niemand mehr an den milliardenschweren Märchenprinzen.

Bangen und Hoffen angesagt

Seitdem ist auch in der Filiale an der Königstraße wieder Bangen und Hoffen angesagt. Umso mehr, weil der Aufsichtsratsvorsitzende Stephan Fanderl gegenüber der FAZ von einer möglichen Schließung von über 20 Filialen sprach und damit noch eins oben drauf setzte. „Natürlich ist die Belegschaft beunruhigt und verunsichert. Sie lassen jetzt alle wieder die Vergangenheit Revue passieren“, Emin Trumic, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender bei Karstadt-Duisburg, weiß um die sorgenvolle Stimmung seiner gut 220 Kollegen. Täglich wird er gefragt, ob er schon mehr wisse, zumal Trumic seit Mai dieses Jahres auch noch im Karstadt-Gesamtbetriebsrat NRW sitzt.

Doch auch die Mitglieder dieses Gremiums wüssten derzeit nichts Genaueres, sagt Trumic. Fast stündlich sähen sie in ihre Emails mit der Erwartung, endlich Näheres zu erfahren, mehr Informationen über die Pläne der Konzernspitze zu erhalten. Bislang ohne Ergebnis. „Wir halten derzeit die Füße still“, sagt Trumic im Gespräch mit der NRZ. „Sobald wir mehr wissen, können wir starten und auch die Kollegen auf einer Betriebsversammlung informieren. Aber bei unserem derzeitigen Wissensstand hat das keinen Sinn.“

Ungewissheit belastet Belegschaft

Die Ungewissheit laste schwer auf den Schultern der Belegschaft, meint Trumic, umso mehr als viele Alleinerziehende in der Belegschaft seien, oder auch viele Haupternährer, wie er selbst. Der 36-jährige zweifache Familienvater ist bereits seit 1996 bei Karstadt. „Und andere Kollegen sind schon seit 40 und 50 Jahren dabei. Viele identifizieren sich wirklich mit Karstadt. Für zahlreiche Kollegen und Kolleginnen geht es um mehr noch als den möglichen Verlust des Arbeitsplatzes. Es gibt zahlreiche

Freundschaften untereinander.“ Auch wenn die Karstadt-Belegschaft in Duisburg leidgeprüft sei, schließlich sei der erste Sanierungsvertrag 2002 auf 2003 gemacht worden, wundere es ihn immer wieder, mit welcher Euphorie seine Kollegen und Kolleginnen ihren Job machen, lobt Trumic. „Die Kunden sprechen uns natürlich auch auf die aktuelle Situation an, aber trotz aller Sorge gehen die Mitarbeiter freundlich und richtig gut mit den Kunden um.“

Lob und Anerkennung zollt auch Verdi-Vertreter Martin Petig, der für Karstadt Duisburg zuständig ist, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern: „Diese Belegschaft ist so gebeutelt. Und jetzt soll wieder alles geprüft werden. Aber - diese Belegschaft ist auch kämpferisch, die lässt sich nicht so leicht unterkriegen.“

Belegschaft hat Respekt verdient - ein Kommentar von Ulla Saal 

Nichts ist schlimmer als Ungewissheit, wenn die Angst um den Arbeitsplatz umgeht. Da ist der Belegschaft von Karstadt Duisburg nur zu wünschen, dass die Konzernspitze bald Tacheles redet und deutlich sagt, was sie nun vorhat. Denn nur wer weiß, was genau auf ihn zukommt, kann zielgerichtet handeln.

Die Beschäftigen bei Karstadt haben hinlänglich bewiesen, dass sie bereit sind, für ihre Arbeitsplätze zu kämpfen, ohne lustlos zu reagieren und die Kunden das spüren zu lassen. Damit haben sie sich jeden Respekt verdient. Und der sollte ihnen jetzt auch entgegengebracht werden.

Wer nun meint, bei Karstadt besser nicht mehr einzukaufen, weil dieses Unternehmen es nicht verdient, noch mehr zu verdienen, der ist auf dem Holzweg. Denn so ein persönlicher Boykott trifft nicht den Konzern, sondern die Belegschaft. Und die hat das wahrlich nicht verdient.