Duisburg. Vor sechs Jahren feierte das Wild-, Geflügel- und Feinkostgeschäft De Haan an der Kuhstraße noch sein 100-jähriges Bestehen. Am Samstag geht die Geschichte des Traditionsgeschäfts in der Innenstadt zu Ende. “Duisburg befindet sich im Niedergang“, konstatiert Inhaber Clemens John.

Das Traditionsgeschäft De Haan schließt. Nach 106 Jahren macht Clemens John das Fachgeschäft für Wild und Geflügel dicht. Am Samstag ist der letzte Tag.

In der Auslage liegen verschiedene Schinken und Salami, dazu ganze Suppenhühner. Eine Rabattschlacht zum Ende gibt’s nicht. „Das ist nicht unser Stil und das erwarten die Kunden auch nicht“, erklärt der Duisburger, dessen Großvater im Jahr 1908 den Laden eröffnet hat. Sang- und klanglos möchte John aber auch nicht von der Bildfläche verschwinden.

Am letzten Tag werden noch einmal zahlreiche Stammkunden erwartet. „Viele kaufen noch einmal auf Vorrat und bedauern, dass wir weggehen. Andererseits können sie uns aber auch verstehen.“ Zwar sei Wild immer schon „trendy“ gewesen, werde aber vor allem im Herbst und Winter geordert. Im Sommer hat kaum jemand Lust auf eine Gänsekeule. Doch das Geschäft im Winter brachte John und sein Team immer seltener durch den Sommer.

Das Wildschwein war das Maskottchen

Vor 25 Jahren hat Clemens John den Familienbetrieb übernommen. Um mehr über Wild zu lernen, hat er sogar einen Jagdschein gemacht und sich selbst auf die Lauer gelegt. Das Wildschwein, so etwas wie das Maskottchen von De Haan, hat er selbst geschossen – ebenso den Fasan, die Ente und den Bock. „Aber Jagen ist sehr zeitintensiv und ich bin auch nur ein leidlicher Schütze“, verrät John. Und in der Fleischtheke ist von seinem Erlegten sowieso nichts gelandet.

Das Fleisch bezieht er aus der Eifel oder von Jägern am Niederrhein. „In Frankreich wäre ich mit so einem Geschäft König. Aber hier geben die Leute nicht so viel Geld für Lebensmittel aus.“ Dabei sei ein Wildbraten sehr gesund und sowieso „bio“. Die Tiere würden sich viel bewegen und nicht in engen Gehegen leben. Viele Kunden wussten das zu schätzen und kamen extra aus den Nachbarstädten, um sich etwa mit Hirsch und Wildschwein zu bevorraten.

Zwischendurch versuchte John nochmal etwas zu retten. Er und seine Mitarbeiter kochten Mittagessen für die umliegenden Geschäfte. Doch die Einkaufsmöglichkeiten rund um die Kuhstraße sind weniger geworden. Zudem hat die Sparkasse vis-a-vis ein Restaurant für Mitarbeiter eröffnet. Auch das hat geschadet. „Dann noch die Parkgebühren und die Obdachlosen vor der Tür. Das ist kein gutes Bild. Duisburg befindet sich im Niedergang“, konstatiert der 47-Jährige.

Immerhin: Alle seine Mitarbeiter haben Jobs gefunden und sind im Einzelhandel untergekommen. Er selbst wird seinen Großhandel für Wild und Geflügel weiterführen. „Es ist schade. Aber es fällt auch eine große Last von einem ab.“

Zahl der Fleischereien in Duisburg ist stark gesunken 

„Als ich das Amt 1984 übernommen habe, gab es noch 124 Fleischer-Fachgeschäfte. Davon sind nur noch 24 übrig geblieben“, bedauert Hans-Jörg Nolte, Obermeister der Fleischerinnung Duisburg. Viele täten sich schwer einen Nachfolger zu finden. Zudem gebe es immer mehr kleinere Haushalte. „Viele versorgen sich mittags in der Kantine, da fällt unter der Woche das Kochen aus.“

Geänderte Lebensgewohnheiten beeinflussen Einkaufsverhalten

Und die Jüngeren, die den Weg in eine Metzgerei finden, wüssten oft nichts mit Fleischstücken wie einer Hohen Rippe anzufangen. „Bei uns bekommt man ein Suppenhuhn für zehn Euro, da kann man aber drei Gerichte von kochen – eine schöne Suppe, ein Frikassee, aber das ist heute nicht mehr zeitgemäß“, weiß Clemens John zu berichten. Die anderen wollen alle Lebensmittel möglichst billig im Supermarkt kaufen. „Fleischereien liefern aber Handwerk und das kostet nun mal ein bisschen mehr“, betont Nolte.

In der Innenstadt gibt’s in unmittelbarer Nachbarschaft zu De Haan noch die Metzgerei Simon-Berns. „Das ist aber immer ein gesunder Wettbewerb gewesen. Wenn jemand zu uns kam und Schweine-Schnitzel wollte, haben wir den zu Simon-Berns geschickt und umgekehrt haben sie uns auch empfohlen.“