Duisburg.

Als Reiner Seehöfer im April dieses Jahres starb, war das für viele Musikliebhaber nicht nur aus Duisburg eine doppelt erschütternde und traurige Nachricht. Seehöfer, von einem Schriftsteller einst liebevoll „Rillen-Reiner“ getauft, war nicht nur Inhaber, sondern auch die Seele des Traditionsgeschäftes „Die Schallplatte“ auf dem Sonnenwall. Der gebürtige Berliner, der als Laufjunge in dem 1954 von Gottfried Haunzwickl gegründeten Geschäft angefangen hatte, war seit 1977 Inhaber gewesen und hatte den kleinen Laden mit einem exzellenten Sortiment im Klassik- und Jazzbereich, mit gutem Service, einnehmender Freundlichkeit und überzeugendem Fachwissen selbst durch schwere Fahrwasser wie den inflationären Download-Trend gesteuert und zur Institution gemacht.

Reiner Seehöfer zählte Musikfans aus Hamburg, Berlin und Paris zu seinen Stammkunden und war sogar in der Lage, vorgepfiffene Melodien richtig zu deuten und den Kunden die entsprechende Pressung zu besorgen. Und wenn er sie nicht selbst im Laden hatte, bestellte er sie. Auch für diesen Service nahmen zahlreiche Kunden weite Wege auf sich.

Musikverrückter aus Dassendorf

Auf der Suche nach besonderen Einspielungen und Raritäten konnte sich Seehöfer seit 1992 auf den Vertrieb von Thomas Fenn verlassen. Der Musikverrückte aus Dassendorf bei Hamburg hatte 1982 seinen Fenn-Music-Service aus der Taufe gehoben und zunächst Auftragsfertigungen für Amateurbands und Lohnfertigungen für Labels in Heim- und Handarbeit hergestellt, 1985 ein eigenes Label gegründet und 1992 sein Unternehmen um den externen Vertrieb erweitert.

Nun kommt zu einem kleinen Verkaufsladen in Dassendorf, den der 59-Jährige betriebt, ein weiterer in Duisburg dazu. Fenn hat „Die Schalplatte“ übernommen und will ab August dort die Tradition des Fachgeschäftes am Sonnenwall 12 fortsetzen mit Seehöfers langjährigem Mitarbeiter Rolf Kowalski und einem weiteren Spezialisten für den Klassik-Bereich wie Fenn gegenüber der NRZ erklärte.

Auf musikalische Säulen setzen

Fenn setzt dabei weiterhin auf die musikalischen Säulen, auf denen die Schallplatte bislang stand: Jazz, Klassik und Weltmusik. Ausweiten will er das Angebot um audiophile Datenträger (Schallplatten und CDs mit außergewöhnlich gut aufgenommenen Musikstücken) aus seinen mehr als 13.000 Titel umfassenden Lagerbeständen. Die verdanke er seiner „krankhaften Sammelleidenschaft“, lacht Fenn.

Freunde des Ladens dürfen also durchaus auf eine gute Zukunft der Schallplatte am Sonnenwall hoffen. Denn Fenns Credo lautet. „Lieber zu viel als zu wenig.“ Auf seiner Homepage heißt es: „Im Vordergrund steht nicht die Verkäuflichkeit eines Tonträgers, sondern ob die CD/LP denjenigen erreichen wird, der ohne diese CD/LP schwerer leben würde.“ Weshalb Fenn Music auch Tonträger im Bestand hat, die sich vielleicht ein-, zweimal im Jahr verkaufen. Dass er trotzdem daran festhält und sein Angebot nicht drastisch auf wenige hundert gut verkäufliche Titel reduziert, begründet Thomas Fenn auf seiner Internetseite damit, dass er und seine Mitarbeiter schließlich ihrem Schutzpatron verpflichtet seien: Sisyphus!